ergewaltigung
 

EUPHORION ein junges Mädchen hereintragend:

Schlepp ich her die derbe Kleine
Zu erzwungenem Genusse;
Mir zur Wonne, mir zur Lust
Drück ich widerspenstige Brust,
Küß ich widerwärtigen Mund,
Tue Kraft und Willen kund.

MÄDCHEN:

Laß mich los! In dieser Hülle
Ist auch Geistes Mut und Kraft;
Deinem gleich ist unser Wille
Nicht so leicht hinweggerafft.
Glaubst du wohl mich im Gedränge?
Deinem Arm vertraust du viel!
Halte fest, und ich versenge
Dich, den Toren, mir zum Spiel.
Sie flammt auf und lodert in die Höhe.
Folge mir in leichte Lüfte,
Folge mir in starre Grüfte,
Hasche das verschwundne Ziel. 

- Goethe, Faust, Zweiter Teil

Vergewaltigung (2) Viele Götter, Titanen und Riesen hätten mit Freude Athene geheiratet. Sie aber wies alle Annäherungen zurück. Einmal, während des Trojanischen Krieges, als Zeus ihr keine Waffen leihen wollte, da er sich für neutral erklärt hatte, bat sie Hephaistos, ihr eigene Waffen zu schmieden. Hephaistos weigerte sich, einen Preis dafür auszumachen. Scheinheilig versicherte er, daß er die Arbeit aus Liebe verrichten würde. Sie mißverstand die Zweideutigkeit dieser Worte und betrat arglos die Schmiede, um ihm bei seiner Arbeit zuzusehen. Da drehte er sich plötzlich um und versuchte, sie zu vergewaltigen. Hephaistos, nicht immer so grob, war das Opfer eines böswilligen Scherzes geworden: Poseidon hatte ihm zuvor mitgeteilt, Athene sei auf dem Wege zur Schmiede und hoffe, mit Zustimmung des Zeus, vergewaltigt zu werden, Als sie sich von ihrem Bedränger losriß, verspritzte Hephaistos seinen Samen gegen ihren Schenkel, ein wenig oberhalb des Knies. Sie wischte die Flecken mit einer Handvoll Wolle ab und warf das Knäuel voller Ekel von sich. Es fiel in der Nähe von Athen zu Boden und befruchtete Mutter Erde, die dort gerade zu Besuch war. Abgestoßen von dem Gedanken, ein Kind zu tragen, das Hephaistos gewaltsam zu zeugen versucht hatte, erklärte Mutter Erde, sie würde keinerlei Verantwortung für dessen Aufwachsen übernehmen. - (myth)

Vergewaltigung (3) Mein Plagegeist, der mich gewittert hatte, war Stellmann, der Feldwebel. Schon beim ersten Appell fiel ich ihm auf. Es war ein Bekleidungsappell, Prüfung der Ausrüstung vom Helm bis zu den Stiefeln, zunächst eigentlich nur auf deren Vollständigkeit. Immerhin hatten wir die zum Teil schon stark getragenen Sachen am Vortag noch nach dem Zapfenstreich geflickt und in Ordnung gebracht. Ich hatte darin wenig Erfahrung und ließ mich von den alten Leuten der Korporalschaft einweisen. Sie wußten, worauf es Stellmann besonders ankam, und kannten, wie sie sagten, seine »Dollpunkte« - so etwa hinsichtlich der »Trittlinge«. Daß diese alle zweiunddreißig Nägel aufweisen mußten und kein Stäubchen haben durften, war selbstverständlich, auch sollten sie gut eingefettet sein. Wenn Stellmann seinen Daumen darauf drückte oder nur drauf pustete, mußte sich eine Delle einbiegen. Schwierig war es mit den Nähten; sie sollten nicht gelb oder gar braun sein, sondern glänzen wie frisch gebrochener Hanf. Mit Bürste und Seife war der Glanz nicht zu erreichen; man mußte mit einem Geldstück nachwienern.

Ich dachte, als zum Appell gerufen wurde, daß ich es ganz gut geschafft hätte. Wir traten in Korporalschaften auf dem Kasernenhof an. Nachdem wir längere Zeit gestanden hatten, kam Stellmann aus der Schreibstube. Der älteste Unteroffizier meldete. Stellmann schritt die Abteilungen ab. Das währte ziemlich lange, denn er ging gründlich vor. Wer auffiel, wurde notiert und mußte am Abend wieder antreten. Endlich kam er zu uns, und dann auch zu mir.

Ich sah ihn zum ersten Mal - einen zierlichen Mann in adretter Uniform. Er mußte ein guter Fechter sein - einer von denen, die plötzlich auch mit dem Fuß ausfallen. Das Gesicht war bleich; die Blässe wurde durch ein schwarzes Bärtchen noch betont. Eine gewisse Eleganz war ihm nicht abzusprechen: weiche, wiegende Schwünge, die an die eines Vogels erinnerten, dazu die überlegene Sicherheit eines Mannes, der sein Handwerk beherrscht.

Ich nahm Haltung an; er ließ sich die Sachen vorweisen. Dabei fixierte er mich; er hatte mich auf den ersten Blick durchschaut. Und auch ich wußte, mit wem ich es zu tun hatte. Es ist ein seltsames Gefühl, wenn man mit den Augen ausgezogen wird; das geht der Vergewaltigung voraus. - Ernst Jünger, Aladins Problem. Stuttgart 1983

Vergewaltigung (4)  Ich   stieg auf den Gipfel des Berges, und als ich dort umherging, erblickte ich plötzlich eine weiße Schlange, die eilig flüchtete, und hinter ihr einen schwarzen Drachen, der ihr nacheilte; der war von häßlicher Gestalt und furchtbar anzuschauen. Der Drache holte sie bald ein und trieb sie in die Enge; dann packte er sie am Kopfe und wand seinen Schwanz um ihren Schwanz. Da schrie sie auf, und ich erkannte, daß er sie vergewaltigen wollte. Ich hatte Mitleid mit ihr, und so nahm ich einen Feuerstein auf, der fünf Pfund wog oder noch mehr, und schleuderte ihn auf den Drachen. Er traf seinen Kopf und zerschmetterte ihn. Doch ehe ich mich dessen versah, verwandelte sich jene Schlange und ward zu einer jungen Maid, strahlend von Schönheit und Lieblichkeit, Anmut und Vollkommenheit und des Wuchses Ebenmäßigkeit, als wäre sie der leuchtende Vollmond. Sie trat auf mich zu, küßte mir die Hand und sprach zu mir: »Allah schütze dich zwiefach; er schütze dich vor der Schande in dieser Welt und vor dem Feuerbrande in jener Welt am Tage der großen Auferstehung, dem Tage; an dem weder Gut noch Söhne helfen und nur der Besteht, der reinen Herzens zu Allah kommt!' Dann fuhr sie fort: ,O Sterblicher, du hast meine Ehre geschützt, und ich bin in deiner Schuld für diese gute Tat; deshalb ist es auch meine Pflicht, dich einst zu belohnen.' Darauf machte sie mit der Hand ein Zeichen nach der Erde hin, der Boden spaltete sich, und sie stieg hinab; und die Erde schloß sich wieder über ihr. - (1001)

Vergewaltigung (5)

Beardsley

- Aubrey Beardsley

Vergewaltigung (6)  Die Versuchte kann nicht auf die Straße gehen, ohne daß sie von Männern verfolgt wird. Sie hat noch keine drei Schritte getan, - schon hat man sie bemerkt und geht ihr nach, manche überqueren um ihretwillen die Straße. Sie hat keine Ahnung, woran es liegt, ist es ihr Gang, aber sie kann an ihrem Gang nichts Besonderes finden. Sie schaut niemanden an, wenn es noch wäre, daß sie Männer mit einem Blick provozierte. Sie ist nicht auffällig gekleidet, sie hat kein besonderes Parfüm, geschmackvoll, das ist sie, geschmackvoll und distinguiert, und ihre Haare, — sind es vielleicht die Haare? Sie hat sich ihre Haare nicht ausgesucht, doch sie trägt sie auf unverkennbare Weise.

Sie wünscht sich nur Ruhe, aber Luft schnappen muß sie schon und es läßt sich die Straße nicht immer vermeiden. Manchmal bleibt sie vor einer Auslage stehen und schon sieht sie einen in der Scheibe, der hinter ihr steht und sie belästigen will und richtig, sie auch anspricht. Sie hört gar nicht hin, das kann sie sich denken, was der sagt, sie antwortet auch nicht gleich, das wäre zuviel Ehre. Aber wenn einer so lästig wird, daß sie ihn gar nicht mehr los wird, dreht sie sich plötzlich zu ihm um und zischt ihm zornig ganz nah ins Gesicht, so nah, daß ihre Haare seine Krawatte streifen: »Was wollen Sie eigentlich von mir? Ich kenne Sie nicht! Belästigen Sie mich nicht! Ich bin nicht so eine!«  - (can)

Vergewaltigung (7)   »Ich lief über so 'n Baumwollfeld, irgendwo in der Nähe von Selma, und es war so heiß, daß mir die Eier vertrocknet sin', und ich lauf zu 'ner verfall'nen Holzhütte, um 'n Schluck Wasser zu kriegen. So wie's aussah, dachte ich, da würden Nigger leben. Is' aber 'ne grünäugige weiße Nutte, die die Tür aufmacht. Ich schau' sie an, und will nix wie weg. Aber bevor meine Füße sich bewegen, hat sie mich mit ihrer dürren Hand gegrabscht. ›Wenn du wegläufst, schrei' ich‹, sagt sie.

Der Schweiß läuft mir übern Hals, und ich fühl, wie sich mein Arschloch zusammenzieht. ›Ich lauf nich' weg, Ladys versprech' ich ihr und schau' sie aus den Augenwinkeln an. ›Ich beweg' meine Füße bloß, weil Se so fest an mei'm Pimmel ziehn.‹ ›Komm rein‹, sagt sie und zieht mich am Schwanz rein. ›Lady, ich will nur 'n Schluck Wasser, dann geh ich‹, sag ich. ›Und wenn Se mein' Pimmel loslassen, geh' ich auch ohne Wasser.‹ ›Du kannst nicht gehen, Nigger, bist ja grade erst gekommen', sagt sie. ›Erst mußt du mich ficken, und wenn du mich nicht gut fickst, ruf ich mein' Alten, der da draußen das Feld pflügt, und lass' ihn rein, und er knallt dich ab.‹

Ich schau' durchs offene Fenster und seh' 'nen schweißnassen Farmer, der 'n halbes Feld weiter weg mit zwei Maultieren pflügt. Da steh' ich und hab' keine Pistole nich', kein Messer, kein nix, bloß mein' nackten Arsch, und der Hungerleider hat 'ne Flinte am Griff von sei'm Pflug gebunden, als würd' er jeden Tag mit Niggern rechnen. Ich hab' so Schiß, daß er mich sieht, und lass' mich fallen. Dann legt sich dieses Dreckstück neben mich und zieht den Rock hoch und macht die Beine breit.

›Zieh die Hosen runter und gib mir dein' schwarzen Schwanz, Nigger‹, sagt sie. ›Pschscht, nicht so laut‹, sag' ich, weil's mir so vorkam, daß der Alte sie hören konnte von da, wo er pflügte.

Aber sie hebt bloß den Kopf und linst übers Fensterbrett und sagt: ›Der hört bloß, wenn die Maultiere furzen.‹

Diese weiße Fotze liegt da ausgebreitet vor mir, aber ich hab' so 'ne Angst, daß ich kein' hochkrieg. Ich fang' aber an, sie mit 'nem Schlappen zu ficken, damit sie nicht schreit, dann wurd' er allmählich steif. Sie hat wohl Geschmack dran gefunden, denn sie wirft ihren nackten Arsch hin und her auf dem Holzfußboden und kreischt jedesmal, wenn sie 'nen Splitter erwischt. Und wie ich mir vorstell', wie ihr Arsch ganz voller Splitter steckt, find' ich auch Geschmack dran, und ich beweg' mein' Arsch auf und ab wie 'n Schwungrad an 'ner Lokomotive. Ihr Mann muß mein' schwarzen Arsch am Fenster auf- und abfliegen haben sehen, weil er plötzlich schreit: ›Was um Himmels willen machst du mit dem alten Autoreifen, Maybelle?‹ Wenn sie den Mund gehalten hätte, wär' vielleicht nix passiert. Aber sie sagt: ›Das ist kein Autoreifen, ich putz' den Ofen.‹«  - Chester Himes, Plan B. Berlin 1994 (Alexander Verlag, zuerst 1993)

Vergewaltigung (8)  Manchmal macht es mir Spaß, hinter der Jalousie hinüberzusehen. Sie tut dann, als streichele sie ihr Töchterchen, schießt aber dabei mit aufgeschlagenen Augen glühende Blicke, die Feuer sprühen. Das Auge einer Frau, auch wenn sie nicht schöner als diese ist, von dem man weiß, daß es einen selbst sucht und immer nach dem Fenster von einem schaut, zieht magnetisch an. Mich amüsiert dieser Blick, hinter dem ich einen beständigen und jeden Augenblick füllenden Gedanken ahne. Dann setzt dieser Blick mir zu, verfolgt mich. Ich merke ihn auf meinem Kopf, wenn ich nachts unter ihrem Fenster vorbeikomme; um Mitternacht finde ich ihn hinter ihren Gardinen, die ein weißer Schatten zurückschiebt. Von diesen Augen strömt zu mir und zurück irgendein Fluidum. Ein Auge, das einem benachbart ist und sich nach einem sehnt, ist auf die Dauer unwiderstehlich.

Ich beginne, es mir zur Gewohnheit zu machen, am Fenster zu rauchen. Das Auge gewinnt täglich ein rinforzando. Alles mögliche gleitet durch diesen schmachtenden Blick, der manchmal katzenhaft, manchmal feucht von Flehen, bettelnd vor Begehren ist, Begehren, dessen Ziel ich bin. Es ist eine Vergewaltigung mit Blicken. Selbst die häßlichste Frau kann damit noch Erfolg haben. Es wird schließlich irritierend, aufstachelnd. Dieses Begehren hüllt einen ein, diese Bitten rufen einen, dieser Blick dringt einem in die Sinne: schließlich kommt es so weit, daß man eine Frau möchte, auf die man eigentlich gar nicht Lust hat.  -(gon)

Vergewaltigung (9)   Befrackte Gäste, von denen niemand wußte, woher sie gekommen waren, begannen  über ein Kanapee zu hüpfen. Atanazy sprang ebenfalls, und es lag darin ein tiefer und unbegreiflicher Sinn: »Eine transzendentale Gesetzmäßigkeit«, wie neben ihm jemand auf deutsch sagte. Schließlich trat Hela ein, in Gestalt einer indischen Göttin. Alles übrige verschwand. Atanazy wuchsen an beiden Seiten fünf Arme, und er umarmte Hela, die aus Bronze und dennoch lebendig war. Er selbst verwandelte sich auch in eine Statue, und zwischen ihnen erwachte die »Liebe«, aber eine metallische Liebe (ein anderes Wort gab es dafür nicht). ›Ich habe etwas Neues gefunden, etwas ganz Neues‹, dachte Atanazy vergnügt. ›Ich bin wahrhaftig ein Gott, ein indischer Gott‹, und in bebender Raserei vergewaltigte er die metallische Hela, indem seine zehn Arme in der klassischen Pose der indischen Skulpturen Helas Kopf, Taille und Hinterteil umschlangen.  - Stanislaw I. Witkiewicz, Abschied vom Herbst. In: D.I.W.: Verrückte Lokomotive. Ein Lesebuch, mit Bildern des Autors. Hg. Andrzej Wirth. Frankfurt am Main 1994

Vergewaltigung (10)  

Caliban...

 - Hans Leip, nach: Kurt Böttcher, Johannes Mittenzwei, Zwiegespräch. Deutschsprachige Schriftsteller als Maler und Zeichner. Leipzig 1980

Vergewaltigung (11)  Es brach der Krieg aus mit seinen Marokkanern, von deren Betätigung man weiß. Und Maria Giuseppa wurde «marokkanisiert». Es müssen deren etliche gewesen sein. Die sublimen Worte, die sie, ohne sich gegen ihren Schöpfer aufzulehnen, ohne zu fluchen und ohne zu verzweifeln, für dieses ihr schreckliches Unglück fand, lauteten: wären sie doch wenigstens schön gewesen! - (land2)

Vergewaltigung (japanisch)

- Utagawa Kuniyoshi

Vergewaltigung (13)

Vergewaltigung (14)  

Vergewaltigung (15)  Aber hören Sie, das heißt doch nichts, oder glauben Sie, daß man Männer nicht vergewaltigen kann? Ich glaube, meinen Mann könnte niemand vergewaltigen, noch nicht einmal dieses Weibsstück aus neuneinhalb Wochen, nicht einmal, wenn sie ein Jahr lang Zeit dafür hätte, könnte die meinen Mann vergewaltigen, hahaha, du erzählst vielleicht Sachen, Adelaida, wie soll man einen Mann denn vergewaltigen?, von hinten, Frau, von hinten, Männer vergewaltigt man von hinten, Frau, du hast ja wohl gar keine Ahnung, du verstehst wohl überhaupt nichts, von hinten?, ja, in den Hintern, aber was sagst du denn da?, aber wer macht denn sowas? Und was würden Sie sagen, Hilario, wenn Sie dem Messermann über den Weg liefen und er Sie von hinten vergewaltigen würde?   - Andreu Martín, Die Stadt, das Messer und der Tod. Bühl-Moos, Baden-Baden  1994

Vergewaltigung (16)

 - Bernard Montorgueil

Vergewaltigung (17)

Vergewaltigung (18) Jesús fühlt sich durch die unverhohlene Verachtung, mit der die Nutte ihn behandelt, beleidigt. Er läßt sich von seiner Wut mitreißen, stemmt ein Knie auf das Bett und stürzt sich, ohne genau zu wissen, was er eigentlich will, auf sie. Sie hebt schützend ihren Arm, er packt ihn mit aller Kraft und voller Lust, ihr wehzutun.

„Was ist?" fragt sie. „Was willst du?"

Jesús stößt auf unerwarteten Widerstand und angriffslustige, spitze Zähne. Das Spielchen gefällt Doris. Jesus dreht ihren Arm zur Seite, und die Nutte versucht, mit den Fingernägeln der anderen Hand seine Wange zu zerkratzen. Er hält ihren anderen Arm fest, packt ihr Handgelenk, kann sich bei diesem Ringkampf nirgends abstützen und fällt vornüber auf ihren nackten Körper, genau wie sie es wollte.

„So gefällst du mir schon besser, Bauer."

Sie hat ihn in ihrer Gewalt, Jesus ist sich dessen bewußt. Sie zerrt ihn dahin, wo sie ihn haben will, sie bracht sich nicht einmal besonders anzustrengen, und Jesus kann nichts dagegen machen. Und sicher bemerkt sie seine verräterische Erektion, und sicher freut sie sich über diese untrügliche Antwort, die ihr sicherlich ein Gefühl der Allmächtigkeit verleiht.

Dieses Miststück, wie gerne würde er ihr die Fresse polieren, sie würgen, sich an dem Blutbad ergötzen, aber nein, stattdessen läßt er sich auf die erst kürzlich bemalten Lippen fallen und stochert mit seiner Zunge in ihrem feuchten, leicht übelriechenden Mund herum. Er läßt sich auf den Körper dieser Frau fallen, wie er es bei Gracieta niemals machen würde, aus Angst, sie zu erdrücken. Er wird Doris bumsen, ohne ihr die geringste Lust zu verschaffen, so wie man eben eine Nutte bumst. Es würde ihm gefallen, wenn sie sich wehren würde, wenn sie nur einen Versuch machen würde, sich ihm zu widersetzen, es würde ihm gefallen, weil er dann die Bumserei in eine grausame Vergewaltigung verwandeln könnte, wehr dich, gib mir einen Grund, dir wehzutun, du Scheiß-Nutte, dir so sehr wehzutun, wie ich nur kann. Sich ihren kratzenden Fingernägeln aussetzend, läßt er ihr Handgelenk los, um an seiner Hose zu fummeln. Mit einem kräftigen Ruck öffnet sie seinen Hosenschlitz, so als wolle sie so schnell wie möglich fertig werden, und zu zweit befreien sie seinen erigierten Penis, der schon dabei war, erdrückt zu werden und sich sehnsüchtig auf das stürzt, was er begehrte.

Und welches Machtgefühl empfindet man, diesen Berg Frau zu besitzen, die hier nichts weiter als eine elende Nutte ist, aber die man in Sant Marti als Superweib feiern würde. Welche Befriedigung, sie mit lustvollen Stößen zu bezwingen, mit rasenden Stößen, die sie hinnimmt, indem sie furchtlos die Zähne zeigt, indem sie offensichtlich die Gewalt billigt, die Wucht, das Interesse, das ihr der eigenwillige Vergewaltiger entgegenbringt.

Und Jesús sieht sich selbst in dem überdimensionalen Spiegel, der ihn bloßstellt. Er sieht sein gerötetes Gesicht, ein armer Kerl, bekleidet mit einem zerknitterten Anzug, eingezwängt von seiner Krawatte, lächerlich, mit seinen galoppierenden Bewegungen, mit seinem verzweifelten Gesichtsausdruck kurz vorm Abspritzen, eingeklemmt zwischen Beinen, die ihn in die Zange nehmen und keinen Zweifel daran lassen, wer hier das Sagen hat. Und Doris unter ihm, seelenruhig und gelassen wie eine nachsichtige Mutter, die voller Stolz ihren Sohn betrachtet, der sich angestrengt bemüht, ein Mann zu werden. -  Andreu Martín, Don Jesús in der Hölle. Moos - Baden-Baden 1991

Vergewaltigung (19)   Auch unsere Schwester war stets ein rebellischer und einsamer Geist gewesen, mochte ihr auch die Isolierung, in der sie lebte, nach der Geschichte mit dem Marchesino della Mela durch unseren Vater aufgezwungen worden sein.

Was eigentlich damals mit dem Marchesino geschehen war, wurde nie völlig bekannt. Wie war dieser Sohn einer uns feindlichen Familie in unser Haus hineingetappt? Und warum? Um unsere Schwester zu verführen, ja, um sie zu vergewaltigen, so hieß es in dem langen Streit zwischen beiden Familien, der sich daran anschloß. In Wahrheit konnten wir uns diesen sommersprossigen Tölpel unmöglich als Verführer vorstellen, und erst recht nicht als Schänder unserer Schwester, die bestimmt stärker war als er und die berühmt dafür war, daß sie sogar mit den Stallknechten die Kraft ihrer Arme erprobte. Und außerdem: Weshalb hatte denn er solch ein Geschrei erhoben? Und wie kam es, daß ihn die Dienstboten, die zusammen mit unserem Vater herbeigeeilt waren, mit aufgerissenen Hosen antrafen, die einen Anblick boten, als hätten die Krallen einer Tigerin sie zerfetzt! Die Della Mela gaben niemals zu, daß ihr Sohn die Ehre Battistas habe antasten wollen.   - Italo Calvino, Der Baron auf den Bäumen. München 1984 (zuerst 1957)

Verhalten, männliches Gewalt Lust Befriedigung
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Mädchen
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