rüste Die Brüste einer Frau, behaupte ich, sind durchaus mit Burleys weißen Hauben zu vergleichen. Sie sind hübsch, sie sind Aufsehen erregend, sie sind unwiderstehlich. Aber sie sind arbiträr, und sie bedeuten von sich aus weit weniger, als wir gemeinhin annehmen. Ich weiß sehr wohl, dass diese Auffassung auf Zweifel und Widerstand stößt.
Die Evolutionsbiologie hat schon viele Erklärungen für die Existenz der Brüste vorgeschlagen, wobei sie ihnen in der Regel einen symbolischen oder funktionellen Wert zuschreibt: als Signalreize nämlich, die dem Mann benötigte Informationen über seine potenzielle Partnerin übermitteln. Und wie könnten wir den Brüsten auch einen evolutionären Wert absprechen, wo sie sich uns förmlich aufdrängen und um eine Entschlüsselung ihrer Geschichte betteln?
Ich bleibe bei meiner Behauptung, dass die Brüste grundsätzlich aus purem Zufall entstanden sind. Sie sind "sensorische Ausnutzer". Über Gesundheit, Wert oder Gebärfreudigkeit ihrer Trägerin sagen sie wenig oder nichts aus. Sie sind bloße Staffage.
Die idealen Brüste sind - und waren zu allen Zeiten - stilisierte Brüste.
Sie bieten sich zu täuschender und phantasieanregender
Verhüllung an. Sie lassen sich hervorkehren oder herunterspielen, ganz
wie ihre Eigentümerin es wünscht, und diese Variabilität ist bereits in
ihrer Substanz begründet: Sie sind weich und nachgiebig, Wachs in den Händen
der Künstlerin. Sie sind, bei Licht betrachtet, ziemlich komische Dinger,
und wir sollten lernen, über sie zu lachen - was
uns leichter fallen wird, wenn wir sie zunächst einmal ernst nehmen. -
Natalie Angier (Spiegel 31/2000)
Brüste (2) Des Hertzens starker Schild / die rund=gewölbten
Brüste / der Säugling Kellerquelle. Die süße Muttermilch läßt sich ohn
Mühe ziehen / aus dem Corallen Tohr und nehret jede Zucht / die Kugel
schwillt empor bey jungen Weibervolck; ist ihre Zeit vergangen / so müssen
diese hangen / gleich wie der Ziegen Eiter / man
achtet sie nicht weiter etc. Die Brust der Liebe
Lust ist gleich dem Aepfel Garten / und bringet
viel Behagen / hinweg mit solchem Wust / wann man sie so kan tragen. -
(
hrs
)
Brüste (3) Für den Busen hat schon das Kind Sinn, er ist die letzte Schönheit, die kommt, aber auch die erste, die wieder verschwindet, bei vielen erscheint sie gar nie, und es gibt im etymologischen Sinne gar viele Amazonen. Nach den Wölbungen erster Art, die ein Franzose Äpfel nennt und ausruft:
Heureux, qui peut monter sans bruit
sur
l'arbre qui porte les fruits!
pflegt man erst zu den umfassenderen Wölbungen zweiter Art, die der Venus Kallipygos einen so großen Namen gemacht haben, überzugehen, nach der reichen Ernte von Erfahrungen. Deutschinnen sind in der Regel von der Natur hier nicht wenig begünstigt. Französinnen, die so wenig vorzulegen haben, trugen den Busen am ersten bloß, was man ihnen weniger verzeihen kann als ihre culs de Paris, da sie a posteriori weniger haben als manche Deutschin a priori. Ich unterschreibe Bebels Bemerkung vom schönen Weibe:
Perfecte formosa, quae habet caput ex Praga, ubera ex Austria, dorsum ex Brabantia, ex Colonia crura alba et manus, pedes a Rheno, pudibanda ex Bavaria et nates ex Suevia.1
1 Das Weib ist vollkommen schön, das den Kopf
aus Prag, den Busen aus Österreich, den Rücken aus Brabant, die weißen
Schenkel und Hände aus Köln, die Füße vom Rhein, die Scham aus Bayern und
den Hintern aus Schwaben hat. -
(
kjw
)
Brüste (3) Eine weibliche Figur — die ihrem ganzen Wesen nach Mutter ist - zeigt sich in einem Film einen Augenblick lang mit bloßen Brüsten. In diesem Moment sagt ein Zuschauer: »Sie ist hübsch, aber ihre Brüste sind etwas länglich . . .« Ich begreife sofort, daß »länglich« ein ironischer Euphemismus für »hängend« ist.
Beim Wiederlesen dieser Aufzeichnung habe ich mich an einen Ausdruck
erinnert, den wir, einer meiner Mitschüler und ich, zu der Zeit, als ich
die Obersekunda oder Unterprima im Janson-de-Sailly-Gymnasium besuchte
(also zwischen 1914 und 1916), in einem ganz entgegengesetzten Sinn gebrauchten.
Ein Teil der Schule war in ein Militärlazarett umgewandelt worden, und
unter den Damen des Roten Kreuzes, die wir täglich vorbeigehen sahen, war
eine, deren ziemlich ausladende und elegant gerundete Brust wir bewunderten.
Diese Brust nun bezeichneten wir als »spitzbogig«, stolz darauf, ein Adjektiv
zu verwenden, das unser Wissen auf dem Gebiet mittelalterlicher Architektur
bekundete, und wir gefielen uns als Snobs oder Schöngeister, wenn wir dieses
sibyllinische Attribut unter uns gebrauchten. - (
leiris
)
Brüste (4) Ein voller weiblicher Busen übt
einen ungemeinen Reiz auf das männliche Geschlecht
aus: weil er, mit den Propagations [Fortpflanzungs-]
funktionen
des Weibes in direktem Zusammenhange stehend, dem Neugeborenen reichliche
Nahrung verspricht. Hingegen erregen übermäßig fette Weiber unsern Widerwillen:
die Ursache ist, daß diese Beschaffenheit auf Atrophie des Uterus, also
auf Unfruchtbarkeit deutet; welches nicht der Kopf, aber der Instinkt
weiß. - (
wv
)
Brüste (5) Maigret begann diese Untersuchung damit, daß er einem reinrassigen friesischen Kalb gemeinsam mit einem jungen Mädchen, dessen sichere Bewegungen eine sportliche Ausbildung verrieten, auf die Welt kommen half.
Eine halbe Stunde später, während das Neugeborene schon die Brüste seiner Mutter suchte, beugte er sich mit Beetje über einen Messinghahn und seifte sich die Arme bis zu den Ellbogen ein.
»Haben Sie das zum erstenmal gemacht?« scherzte sie.
»Ja, zum erstenmal...«
Sie war achtzehn Jahre alt. Als sie ihren weißen Kittel auszog, sah man unter dem Seidenkleid volle Formen, die vielleicht durch die klare sonnige Luft besonders betörend wirkten.
»Wir werden Tee trinken und uns dabei unterhalten ... Kommen Sie ins
Haus ...« - Georges Simenon, Maigret in Holland. München 1977 (Heyne
Simenon-Kriminalromane 39, zuerst 1931)
Brüste (6) Hier in Kairo sieht man eine Menge Einäugige
und Blinde; die Kinder der Armen werden buchstäblich von den Fliegen gefressen,
was sie nicht hindert, Halsbänder anzulegen und an den Festtagen, wie Beschneidungen
und Hochzeiten, Mützen und Jacken zu tragen, die mit Goldpiastern verziert sind
und die ihnen die Vornehmen leihen, um die Feier zu verschönern. Man kann hier
seinem Geschmack für menschliche. Modelle frönen, eine Menge Herren gehen vollständig
nackt, bei welchem Anblick die Engländerinnen
den Kopf wegwenden. Die Kerle sind übrigens famos gebaut und haben ein tüchtiges
Instrument. Bei den Frauen sieht man nichts vom Gesicht als die volle Brust.
Auf dem Lande zum Beispiel nehmen sie, wenn sie einen kommen sehen, ihr Gewand,
führen es vors Gesicht, und um dieses zu verhüllen,
entblößen sie, was man den Busen zu nennen pflegt,
nämlich die Partie zwischen Kinn und Nabel. Ach, ich habe, hier Brüste gesehen!
Brüste habe ich gesehen! Brüste! - Gustave Flaubert, Ägypten, nach (
enc
)
Brüste (7) Ich blickte einem Mädchen
nach, das unschlüssig am Rand des Gehsteigs entlangging und offenbar die Straße
überqueren wollte. Ein prächtiges Mädchen und eine elegante Erscheinung, nicht
so sehr ihre Kleidung, als vielmehr ihre Figur: lange, ranke, doch feste und
wohlgeformte Beine, schmales Becken, zarte Schultern und darüber ein Kopf mit
mächtigem schwarzem Haar, wohl passend zu dem schmächtigen, zarten, amberfarbe-nen
kleinen Gesicht. Ich folgte ihr (mit dem Blick) vor allem wegen ihrer Brüste;
die schienen nicht in das übliche Marterzeug gezwängt, sondern schwangen ungehindert
bei jedem Schritt. Gezwitscher, Tirilieren, Frühlingsdüfte ringsum. Ich sah
sie an, dieses Mädchen, und dachte nur: «Was für Brüste!» und wußte und wagte
nicht, meinen Gedanken anderes hinzuzufügen. Jedenfalls setzte ich meinen Weg
fort, der mich an ihr vorbeiführen würde. - (
land
)
Brüste (8)
Auf ihre Brüste Was darfst du Lesbie so schrecklich auf mich fluchen? |
- Celander, nach: Dein Leib ist mein Gedicht. Deutsche erotische
Lyrik aus fünf Jahrhunderten. Hg. Heinz Ludwig Arnold, Frankfurt am Main
u.a. 1973
(Ullstein 2934)
Brüste (9)
Schema für die weibliche Brust.
I
a) Brustknospe b) Knospenbrust c) Reife Brust
II a) Schalenbrust b) Apfelbrust
c) Birnenbrust
III a) Pralle Brust b) Sinkende Brust c) Hängebrust.
Nach
Halban-Seitz.
erot
)Brüste (10)
- N.N.
Brüste (11)
„Is that a gun in your pocket, or are you just happy to see me?“
Brüste (12)
Brüste (13) Schnell, aber immer noch lautlos, kletterte ich die Leiter hinauf. Meine Augen waren auf Höhe der Falltür.
Ein Hintern, wie ich ihn noch nie gesehen hatte, versperrte mir die Aussicht. Ein riesiger Koloß, so dick wie vier kolossale
Kürbisse mit Seltenheitswert. Also, für 'n Brocken war das schon 'n ganz schöner Brocken. Endlich mal eine, die nicht auf ihre Linie achtete!
Die Beine gespreizt - eigentlich mehr unförmige Stempel in zwei verschiedenen Wollstrümpfen -, die Fäuste in die Hüften gestemmt, fauchend wie 'ne Lokomotive, spuckte sie Gift und Galle. Eine widerliche Stimme. In der rechten Hand hielt sie den kurzen Stiel einer furchtbaren Peitsche.
Das Zimmer war klein, ärmlich, aber sauber. In einer Ecke kauerte Belita
Morales auf dem Boden, die Beine unter ihren roten Wollrock gezogen. Ihr Gesicht
war schmerzverzerrt, in ihren Augen blitzte ohnmächtiger Haß. Ihr Pullover war
zerrissen. Die wundervollen Brüste boten einen furchtbaren Anblick. Aber trotz
der blutigen Streifen waren sie nicht unterzukriegen: immer noch stolz, waren
sie herausfordernd auf ihren Henker gerichtet. - Léo Malet, Die Brücke im Nebel. Reinbek bei Hamburg 1992
Brüste (14) Eine gesunde, heile Brust
ist ein gutes Vorzeichen; eine zottige und dicht behaarte prophezeit nur Männern
Glück und Gewinn, Frauen dagegen Witwenschaft; denn fehlt die Mannsperson, für
die sie sich putzen und pflegen, lassen sie sich gehen und werden haarig. Glückbringend
sind auch Frauenbrüste, wenn sie keinerlei Spuren von Krankheit zeigen. Werden
sie dazu noch größer, ohne ihr Ebenmaß und ihre Anmut zu verlieren, verheißen
sie Zuwachs an Kindern und Sklaven. Befällt sie aber ein Leiden, sind sie z.B.
voller Geschwüre, bedeuten sie Krankheit und, wenn sie abfallen, den Kindern
des Träumenden den Tod. Sind Kinder nicht vorhanden, sind sie das Symbol von
Mangel, vielfach auch von Trauer, besonders für Frauen. Diese pflegen sich ja
bei einem Trauerfall die Brüste zu entstellen. Bei einer Amme, die ein Kind
nährt, wird sich das Gesicht im Hinblick auf den Säugling erfüllen. Viele Brüste
haben bedeutet dasselbe wie das Größerwerden derselben, einer Frau auch Ehebruch.
- (
art
)
Brüste (15) Als Ramon Llull
eines Tages durch eine Straße von Palma ritt, erblickte er eine schöne Genueserin,
und er war so beeindruckt, daß er ihr zu Pferd bis in den Dom hinein folgte,
wohin sie sich zum Gebet begab. Angesichts dieser verliebten Hartnäckigkeit
des Ritters entblößte die schöne Genueserin zum Beweis, daß der Schein trügt,
ihre Brust, die vom Krebs zerfressen war. - Alberto Savinio, Neue Enzyklopädie.
Frankfurt am Main 1986
Brüste (16) Innerhalb der Kategorie
des Kugelförmigen triumphierten die Brüste der Nackten aufs glanzvollste. Der
banale alte Vergleich von Frauenbrüsten mit Kanonenkugeln war dieses eine Mal
gerechtfertigt; denn sie waren von regelmäßiger Form, massiv und von einem Glanz,
wie man ihn kaum anderswo als in Artillerie-Museen (oder am Torso indischer
Plastiken) beobachten kann. Sie liefen in eine fast schwarze Knospe aus auf
dem helleren braunen Grund ihrer Aureole, und wenn der Körper sich bewegte,
folgten sie seiner Bewegung, ohne zu zittern und zu wackeln, als seien sie mit
ihm in einem Stück aus Bronze gegossen worden. - André Pieyre de Mandiargues, Der
Akt zwischen den Särgen.
In: A.P.M., Schwelende Glut. Frankfurt am Main 1995 (st 2466, Phantastische
Bibliothek 323, zuerst 1959)
Brüste (17)
-
Bettina
Rheims
(Foto)
Brüste (18)
Brüste (19)
Brust, nur aus Haut, |
- Clement Marot 1535, nach
(eco)
Brüste (20)
Als er ihre Brüste küsste Blondine deiner Brüste Kuss |
Brüste (21)
Brüste (22)
-
Eric Stanton, Bonnie and Clara
Brüste (23)
Brüste (24) Nell Zoylands Wangen glühten, und sie atmete heftig. Mat Dekker hatte gewiß noch nie eine junge Frau'mit schöneren, verlockenderen Brüsten als ihren gesehen; noch hatte er je eine gesehen, die ein so enganliegendes, so mittelalterliches und unmodisch pikantes Mieder zu tragen wagte! Diese herrlichen Brüste schienen in der Tat die ganze Begegnung zu beherrschen. Mat Dekker spürte, daß etwas so Ungewöhnliches an ihrem reizendem Anblick war, daß sie ihrer Trägerin eine Art privilegierter Schicksalhaftigkeit verliehen; eine Schicksalhaftigkeit, die zu halkyonischem Glück oder aber zu tragischer Verstrickung und Vernichtung führen mochte. Sie schienen für etwas bestimmt, dachte Mat Dekker, als seine Augen ihnen begehrlich folgten, das über das Säugen eines Kleinkinds hinausging. An diesem Punkt gebot ihm sein eingefleischtes Moralgefühl Einhalt. Aber er konnte der Empfindung nicht widerstehen, daß an dem reizenden Anblick solcher Brüste etwas war, was einen vom gewöhnlichen Menschenleben weit weg in jene alten, wilden Sagen von unsterblichen Gestalten aus Nebel, Dämmerung und Tau führte, die schon seit Anbeginn die Sinne braver Männer verwirrt haben.
»Solche Brüste«, sagte er sich, »sollten nur Kinder der Elemente säugen!«
- (cowp)