ortpflanzung   Als eine Gruppe von Wissenschaftlern plötzlich äußerte, sie könne sich nicht erklären, weshalb es Sexualität gebe, und sie halte alle derzeit vorhandenen Erklärungen für unbefriedigend, empfanden andere Wissenschaftler eine derartige intellektuelle Zimperlichkeit als absurd. Sexualität gibt es, so stellten sie fest, also muß sie irgendeinen Vorteil bieten. Wenn Biologen Tieren und Pflanzen erklären, daß sie mit asexueller Vermehrung besser dran seien, dann verhalten sie sich wie Ingenieure, die einer Hummel erklären, sie könne - theoretisch betrachtet - nicht fliegen. »Das Problematische an dieser Auseinandersetzung«, schrieb Lisa Brooks von der Brown University, »ist, daß die meisten Organismen mit sexueller Fortpflanzung sich der Konsequenzen offenbar nicht bewußt sind.« Vielleicht gibt es in den existierenden Theorien hier und da ein paar Löcher - so die Zyniker -, aber glaubt ja nicht, daß wir Euch den Nobelpreis verleihen, wenn Ihr sie stopft. Außerdem: Warum muß Sexualität überhaupt einen Sinn haben? Vielleicht ist es einfach ein evolutionsgeschichtlicher Zufall, daß die Fortpflanzung auf diese Weise erfolgt, so etwas Ähnliches wie die Entscheidung, auf welcher Straßenseite man fährt. - Matt Ridley, Eros und Evolution. Die Naturgeschichte der Sexualität. München 1995 (zuerst 1993)

Fortpflanzung (2)

Sie saß auf einem Weidenstamm,
beobachtete
einen Teil der Schlacht bei Crécy,
Gebrüll,
Gekeuch,
Gestöhn,
Getrampel und Fallen.

Während der vierzehnten Attacke
der französischen Reiterei
paarte sie sich
mit einem braunäugigen Fliegenmännchen
aus Vadincourt.

Sie rieb sich die Beinchen
auf einem aufgeschlitzten Pferd
und dachte
über die Unsterblichkeit der Fliegen nach.

Erleichtert setzte sie sich
auf die blaue Zunge
des Herzogs von Clairbaux.

Als Stille niedersank
und nur das Flüstern der Zersetzung
die Leiber umstrich
und nur
einige Hände und Beine noch
zuckend unter der Buche rauften,

begann sie ihre Eier zu legen
aufs einzige Auge
von Johann Uhr,
dem Waffenmeister des Königs.

Dabei pickte eine Mauerschwalbe sie weg,
die auf der Flucht war
aus dem brennenden Estrées.


 - Miroslav Holub, nach (loe2)

Fortpflanzung (3)   Im Garten der Nervenklinik reißt er von einem Baum, der im Frühlingssaft steht, einen Zweig ab und steckt ihn in die Erde mit den Worten: »Das will ich pflanzen, und nächstes Jahr finden wir dann kleine Maupassants.«   - Vorwort zu (err)

Fortpflanzung (4)  

Ein Virus (in unserem Fall der Bakteriophage T2) greift eine Bakterienzelle an, um sich zu vermehren. Die Einzelheiten sind auf den Seiten 193-195 erläutert, hier nur die schematische Darstellung des Ablaufs zur Veranschaulidumg.

a: Irgendein Zufall (Luft- oder Wasserströmung, ein zufälliger Kontakt: Viren können sich nicht aktiv bewegen) treibt einen Bakteriophagen auf eine Bakterienzelle zu.

b: Sobald das Virus die Bakterienwand berührt, klappen die feinen »Beinchen« herunter und nehmen Kontakt mit der berührten Fläche auf. Man nimmt an, daß sie Sensoren sind, die durch eine chemische Reaktion feststellen, ob es sich bei der »Landefläche« um ein infizierbares Bakterium handelt. Ist das der Fall, so heftet sich das Virus mit den scharfer Zähnchen seiner Bodenplatte (siehe dazu nochmals Abbildung 6) fest an die Bakterienwand an, durchbohrt sie und beginnt, den in seinem »Kopf« verpackten DNS-Strang in das Bakterien innere zu entleeren.

c; Ist das geschehen, so zerfällt das Virus. Die injizierte DNS lagert sich der Bakterien-DNS an mit der Folge, daß der »Sinn« der von dieser an den Bakterienstoffwechsel gegebenen Steuerkommandos auf eine unheimliche Weise verändert wird: Die neuen Kommandos veranlassen die Bakterienzelle jetzt, nicht mehr die von ihr selbst benotigten Eiweißkörper herzustellen, sondern Bausteine für neue Viren zu produzieren, die exakte Kopien des Bakteriophagen darstellen, dessen DNS in die Zelle eindrang.

d:Die Bakterienzelle hat, dem selbstmörderischen Kommando der Virus-DNS wehrlos Folge leistend, den größten Teil ihrer Körpersubstanz zürn Aufbau neuer Viren verbraucht. Etwa 20 Minuten nach dem Beginn des Angriffs stirbt sie und zerfällt, wobei sie bis zu 200 von ihr selbst neu produzierte Viren freisetzt, die jetzt neue Bakterien überfallen können.



b

c

d


  - Hoimar von Ditfurth, Im Anfag war der Wasserstoff. München 1981 (zuerst 1972)


Handeln, menschliches Trieb

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Verwandte Begriffe
ProduktionArterhaltungSexualität

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