Ihre Knaben lehren sie, vom fünften bis zum zwanzigsten Jahr,
nur drei Dinge: Reiten, Bogenschießen
und die Wahrheit sagen. - (hero)
Männlichkeit (2)
„Det mit den Lungenzug haste fein 'raus, warste aber ooch schon mal richtig
besoffen?" - Heinrich Zille, aus: Zille-Bilder. Hg. Gerhard Flügge.
Berlin 1960
Männlichkeit (3)
Duell Vermutlich einzige heroisch-männliche Geste
im Leben Prousts. 1897 duellierte er sich mit dem mondänen Autor Jean Lorrain,
der in einem Artikel Anspielungen auf Prousts Homosexualität
gemacht hatte und ihm vorgeworfen hatte, er verdanke seine ersten (sowieso noch
sehr zaghaften) literarischen Erfolge einer homosexuellen Vetternwirtschaft.
Proust gehört für Lorrain zu »jenen kleinen Bürschchen der Gesellschaft, die
nach der Literatur dürsten, nach elegischen Schwachheiten, nach kleinen subtil-eleganten
Nichtigkeiten, nach leeren Zärteleien, nach dem eitlen Flirt in affektiertem
und geziertem Stil«. Proust forderte Lorrain daraufhin zum Duell, das auch tatsächlich
stattfand; man kann jedoch davon ausgehen, daß die Gegner nach damals bereits
eingeführtem Brauch nicht aufeinander, sondern symbolisch in die Luft schossen
- für den zartbesaiteten Proust dennoch ein aufwühlendes Ereignis. Freunde berichten,
Proust sei nach dem Duell stolz auf sein Durchsetzungsvermögen gewesen; im Roman
läßt er den Erzähler vor Albertine damit angeben, er habe sich duelliert. -
Ulrike Sprenger, Proust-ABC. Leipzig 1997
Männlichkeit (4) Die sexuelle Natur des Tango wurde von vielen hervorgehoben, nicht jedoch seine Krakeeler-Natur. Tatsächlich sind beides Arten oder Äußerungen desselben Impulses, und so bezeichnet das Wort »Mann« in allen mir bekannten Sprachen sexuelle und kriegerische Fähigkeit, und das Wort virtus, das im Lateinischen Mut bedeutet, stammt von vir, Mann. Desgleichen erklärt ein Afghane in Kiplings Roman Kim: »Als ich fünfzehn war, hatte ich meinen Mann erschossen und meinen Mann gezeugt« (When I was fifteen, I had shot my man and begot my man), als seien beide Akte im wesentlichen einer.
Es genügt nicht, vom Krakeeler-Tango zu sprechen; ich möchte behaupten, daß
der Tango, und auch die Milongas, unmittelbar etwas ausdrücken, was die Dichter
viele Male mit Worten sagen wollten: die Überzeugung, daß Kämpfen
ein Fest sein kann. In der berühmten Geschichte der
Goten, die Jordanes im 6. Jahrhundert verfaßte, lesen wir, daß Attila vor
der Niederlage bei Châlons in einer anfeuernden Rede zu seinen Kriegern sprach
und ihnen sagte, das Glück habe die Wonnen dieser Schlacht (certaminis huius
gaudia) für sie allein bereitgehalten. In der Ilias wird von Achaiern
gesprochen, für die der Krieg süßer war als die Rückkehr in den Schiffsbäuchen
in ihr geliebtes Heimatland; dort heißt es auch, daß Paris, des Priamos Sohn,
mit flinken Füßen in die Schlacht lief, wie mit fliegender Mähne der Hengst,
der die Stuten sucht. Im alten sächsischen Epos Beowulf,
mit dem die germanischen Literaturen beginnen, nennt der Rhapsode die Schlacht
»sweorda gelac«, Schwerterspiel. »Wikingerfest« nannten sie die skandinavischen
Dichter des 11. Jahrhunderts. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts nannte Quevedo
in einem seiner Spottgedichte ein Duell »danza de espadas«, Schwertertanz,
was dem Schwerterspiel des namenlosen Angelsachsen nahezu gleichkommt. Der glänzende
Victor Hugo sagte in seiner Beschwörung der Schlacht von Waterloo, die Soldaten,
begreifend, daß sie in diesem Fest sterben würden (»comprenant qu'ils allaient
mourir dans cette fête«), hätten ihren Gott gegrüßt, aufrecht im Sturrn.
- Jorge Luis Borges,
Kabbala und Tango. Frankfurt am Main 1991
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