ebrafinkenweibchen  Was der Zebrafink im Gegensatz zu manchen anderen Vogelarten nicht hat, ist eine Haube. Also verpasst Burley den Männchen eine. Dem einen etwa appliziert sie eine hohe weiße Vogelkochmütze, dem anderen einen nicht minder prächtigen roten Federputz.

Indem Burley die äußere Erscheinung, die Finkigkeit, des Finken modifiziert, verändert sie auch sein Leben. Wie sie durch eine Reih wunderbarer, amüsanter, wichtiger Experi mente nachweisen konnte, haben Zebrafinkenweibchen nämlich sehr entschiedene Ansichten bezüglich solcher Verschönerungsmaßnahmen. Die hohen weißen Kochmützen finden sie ganz hinreißend, und dementsprechend reißen sie sich darum, sich mit einem dergestalt ausgestatteten Herrn zu paaren. Normalerweise teilen sich Zebrafinken die Brutpflege und wechseln sich beim Füttern der Jungen ab, aber wenn ein Weibchen einen Weißbemützten ergattert hat, legt es bereitwilligst Sonderschichten ein und erlaubt seinem Gatten zu faulenzen - nur dass der Nichtsnutz nicht faulenzt, sondern sich mit anderen Weibchen herumtreibt. So ergeht es eben der tumben Frau, die meint, unter einer Tolle müsse auch ein toller Mann stecken.

Aber setz einem Männchen eine hohe rote Mütze auf, und die Weibchen kehren ihm sofort den Bürzel zu. Nichts zum Vorzeigen, der Typ. Kannste geschenkt haben, Schwester. Und wenn ein rotbehaubtes Männchen es trotz allem doch schafft, eine Partnerin abzubekommen, steht es fortan unter dem Pantoffel und hat so viel mit der Pflege und Fütterung seiner Sprösslinge zu tun, dass ihm überhaupt keine Zeit für außereheliche Affären bleibt - für die sich im Übrigen ohnehin keine Interessentinnen finden würden.

Zebrafinkenweibchen haben eigentlich keinen vernünftigen Grund, auf weiße Toques zu fliegen. Wir können schwerlich sagen: Ja, klar, die weiße Haube dient den Weibchen als Indikator dafür, dass das Männchen einen guten Vater abgeben wird oder dass es robuste Gene hat und deswegen einen guten Fang darstellt. Wie soll ein Zebrafink mit einer weißen Haube als Träger besonders hochwertiger Zebraflnkgene angesehen werden, wenn er von Haus aus überhaupt keine Haube hat.

Die unerwarteten Resultate liefern vielmehr eine Bestätigung der so genannten Theorie der sensorischen Ausnutzung ("sensory exploitation") bei der Partnerwahl. Nach dieser Theorie nutzt die weiße Haube einen neurophysiologischen Prozess im Gehirn des Zebraflnkenweibchens aus, der eigentlich einem anderen, unbekannten Zweck dient, aber leicht abgelenkt und von einem "uneigentlichen" Reiz erregt werden kann.

Die Mütze stimuliert eine bestimmte neuronale Bahn und lockt damit das Weibchen an, das zwar nicht weiß, warum, aber doch weiß, was ihm gefällt. Wir können diese Regung durchaus nachvollziehen: die Faszination durch einen Gegenstand, den wir für schön erachten. - Natalie Angier (Spiegel # 31, 2000)
 

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe
{?}
VB
Synonyme