(oko)
Küssen
(2) Wie Er wolle geküsset seyn. NJrgends hin / als auff den Mund / da sinckts in deß Hertzen grund. Nicht zu frey / nicht zu gezwungen / nicht mit gar zu fauler Zungen. Nicht zu wenig nicht zu viel. Beydes wird sonst Kinder-spiel. Nicht zu laut / und nicht zu leise / Bey der Maß‘ ist rechte weise. Nicht zu nahe / nicht zu weit. Diß macht Kummer / jenes Leid. Nicht zu trucken / nicht zu feuchte / wie Adonis Venus reichte. Nicht zu harte / nicht zu weich. Bald zugleich / bald nicht zugleich. Nicht zu langsam / nicht zu schnelle. Nicht ohn Unterscheid der Stelle. Halb gebissen / halb gehaucht. Halb die Lippen eingetaucht. Nicht ohn Unterscheid der Zeiten. Mehr alleine / denn bey Leuten. Küsse nun ein Jedermann wie er weiß / will / soll und kan. Jch nur / und die Liebste wissen / wie wir uns recht sollen küssen. |
- Paul Fleming, nach: Lyrik des Barock I, Hg. Marian Szyrocki.
rk 538, Reinbek bei Hamburg 1971
Küssen (3) Alles nur Süßholzgeraspel, um uns in eure Bubenlasterhaftigkeit hineinzuschwatzen! Pfui, der Kuß, der gar zarte Austausch! Er macht den Anfang, den rechten Anfang, mais oui, denn eigentlich ist er das Ganze schon, toute la lyre, und gleich das Schlimmste davon, denn Warum? Weil es die Haut ist, was euere Liebe im Sinn hat, des Körpers bloße Haut, und die Haut der Lippen ist allerdings zart, dahinter ist gleich das Blut, so zart ist sie, und daher das poetische Sichfinden der Lippenpaare — die wollen auch sonst überallhin in ihrer Zartheit, und worauf ihr aus seid, das ist, mit uns zu liegen nackt, Haut an Haut, und uns das absurde Vergnügen zu lehren, wie ein armer Mensch des anderen dunstige Oberfläche abkostet mit Lippen und Händen, ohne daß sie sich schämten der kläglichen Lächerlichkeit ihres Treibens und dabei bedächten, was ihnen gleich das Spiel verdürbe und was ich einmal als Verschen gelesen habe in einem geistlichen Buch:
»Der Mensch, wie schön
er sei, wie schmuck und blank,
Ist innen doch Gekrös‘ nur und Gestank«.
- Thomas
Mann
,
Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull. Frankfurt am Main 1965 (Fischer-Tb.
639, zuerst 1954)
Küssen (4) »Ist der Mund die Pforte des Herzens, der Quell der Rede und Uberzeugung, so entströmt ihm auch die Liebe, deren heilige Glut, verschmelzend in einer Doppelflamme, die Lippen besiegeln! Daher der Drang, was der Mund gesprochen, durch den Druck des Mundes zu bekräftigen; es gilt, Seele in Seele zu hauchen, wo der Ausdruck fehlt, reden nur die Lippen in keuscher Vermählung ... Alles Große und Erhabene personificiren wir im Bild des Kusses; die Sonne küßt das Meer, der Himmel im Lenz die Erde; der Meister drückt seinem Kunstwerke den Kuß der Vollendung auf.«
Wo das Damen-Conversationslexikon 1835 noch sprachlos stammelnd
erglühte, spricht Meyer 1902 kalt vom »Aufdrücken der Lippen auf
irgend einen Gegenstand«: »Gegen das hygienisch nicht unbedenkliche Küssenlassen
der Kinder hat sich in neuerer Zeit eine Anti-Kußliga gegründet.« Für Brockhaus
ist 1996 der Kuß verhaltensgeschichtlich «möglicherweise« nicht mehr als
eine Erinnerung an die tierische Mund-zu-Mund-Fütterung.« - (
lex
)
Küssen (5)
VOLLMONDNACHT Herrin, sag, was heißt das Flüstern? "Ich will küssen! Küssen! sagt ich." Schau! Im zweifelhaften Dunkel "Ich will küssen! Küssen! sagt ich." Dein Geliebter, fern, erprobet "Ich will küssen! Küssen! sag ich.“ |
-
Goethe
, West-östlicher
Divan
Küssen (6) Sie kroch in meine wartenden Arme, strahlend, gelöst, und streichelte mich mit ihren zärtlichen, geheimnisvollen, unkeuschen, gleichgültigen Zwielichtaugen - wie das billigste aller billigen Hürchen! Denn die machen sie nach, diese Nymphchen - während wir stöhnen und sterben.
«Was hat mein Katz gegen das Schüssen?» stammelte ich in ihr Haar (keine Gewalt mehr über die Sprache).
«Wenn du's wissen willst», sagte sie, «du machst es falsch.»
«Zeig mir, wie man's michtig racht.»
«Alles zu seiner Zeit», gab die Urheberin meiner Buchstabenvertauschungen
zurück. - (
lo
)
Küssen (7)
PROTHOE zur Oberpriesterin. PENTHESILEA. Nun, werd ichs hören? MEROE. -
O meine Königin, PENTHESILEA. Gebt acht, sie sagen noch, daß ich es war. DIE OBERPRIESTERIN schüchtern. PENTHESILEA. Du Höllenfürstin, im Gewand des Lichts, DIE OBERPRIESTERIN. Diana
ruf ich an! PENTHESILEA. Das muß ich erst von meiner Prothoe hören. PROTHOE. O meine Königin! Befrag mich nicht. PENTHESILEA.Was! Ich? Ich hätt ihn -? Unter meinen Händen
-? PROTHOE. O Königin! DIE OBERPMESTERIN. Ich rufe Wehe! dir. PENTHESILEA. Nein, hört, davon nicht überzeugt ihr mich. MEROE. Laß ihn, wie Berge, diesen Glauben stehn; PENTHESILEA. - Wie kam es denn, daß er sich nicht gewehrt? DIE OBERPRIESTERIN. Er liebte dich. Unseligste! Gefangen PENTHESILEA. So, So - DIE OBERPRIESTERIN. Du trafst ihn - PENTHESILEA. Ich zerriß ihn. PROTHOE. O meine Königin! PENTHESILEA. Oder war es anders? MEROE. Die Gräßliche! PENTHESILEA. Küßt ich ihn tot? DIE ERSTE PRIESTERIN. O Himmel! PENTHESILEA. Nicht? Küßt ich nicht? Zerrissen wirklich? sprecht? DIE OBERPRIESTERIN. Weh! Wehe! ruf ich dir. Verberge dich! PENTHESILEA. - So war es ein Versehen. Küsse, Bisse, |
- Heinrich von Kleist, Penthesilea
Küssen (8) Jack zeigte auf die Wand. »Schieb deine Ärmel hoch und mach die Beine breit.«
Perkins spuckte seinen Zahnstocher aus. »So verrückt sind Sie nicht.«
Johnny Stomp, Vachss, Teitlebaum - alle m Hörweite. Jack sagte: »Küß die Wand, Scheißkerl.«
Perkins lehnte sich über den Tisch und legte die Hände flach an die Wand. Jack schob ihm die Ärmel hoch - frische Einstichspuren - und leerte seine Taschen aus. Treffer - ein Spritzbesteck. Eine Menge Leute stand jetzt um sie herum, und Jack nutzte die Situation. »Die Einstiche und das Besteck sind gut für drei Jahre Staatsgefangnis. Sagen Sie mir, wer Ihnen die Spritze verkauft hat, und Sie können gehen.«
Deuce schwitzte Blut und Wasser. Jack wiederholte: »Wenn Sie hier vor Ihren Freunden singen, sind Sie frei.«
Perkins leckte sich die Lippen. »Barney Stinson. Er ist Krankenpfleger im Queen of Angels.«
Jack zog ihm mit einem schnellen Tritt die Beine weg.
Perkins landete mit dem Gesicht in den Aufschnittplatten. Der Tisch brach
unter ihm zusammen. - James Ellroy, L.A.
Confidential. Berlin 2006 (zuerst 2000)
Küssen (9) Wenn du vom Schiff
kommst, mußt du am frühen Morgen in Madrid den Berg hinuntergehen zum Puente
de Toledo zum Matadero und dort auf dem nassen Pflaster stehen, wenn vom Manzanares
ein Nebel herüberweht, und warten, bis kurz vor Tagesanbruch
die alten Weiber kommen, um das Blut der geschlachteten Tiere zu trinken. Wenn
solch ein altes Weib aus dem Matadero herauskommt, in die Mantilla gewickelt,
und ihr Gesicht ist grau, und ihre Augen sind hohl, und auf ihrem Kinn und auf
den Wangen sproßt der Altweiberbart aus der wächsernen Blässe ihres Gesichts,
wie die weißlichen Keime aus einem Bohnensamen sprießen, nicht harte Stoppeln,
sondern bleiche Keime in dem Tod ihres Gesichts, dann,
Ingles, mußt du sie fest in deine Arme nehmen und sie an dich pressen
und sie auf den Mund küssen, und dann wirst du wissen.
- Ernest Hemingway, Wem die Stunde schlägt. Frankfurt am Main
1978 (zuerst 1940)
Küssen (10) 1801 verbrachte
Jean Paul sechs Sommerwochen im »architektonischen Universum« Berlin.
Er entdeckte die »herrliche Insel Pickelswerder« (Pichelswerder bei Spandau),
verkehrte im Salon der Henriette Herz, Königin Luise schenkte ihm ein silbernes
Tafelservice, die ihm zugedachte Domherrenstelle erhielt er freilich nicht.
Dafür wurde er im Salon von Johann Daniel Sander in der Breiten Straße (Mitte)
von Karoline Mayer geküßt, worauf er sich mit ihr verlobte, sie heiratete und
nach Meiningen ging. - Fred Oberhauser, Nicole Henneberg, Literarischer
Führer Berlin. Frankfurt am Main 1998 (it 2177)
Küssen (11) Der Wurm
verließ die Augen und kroch zum halboffenen Mund. Darin verschwand er; doch
sah man hin und wieder das Oberteil seines Rückens, woran zu erkennen war, daß
er innen die Lippen entlangglitt, daß er das Zahnfleisch küßte. Bisweilen verhielt
er und schmiegte sich an die weichen Schleimhäute, und dann geriet Lucrezia
in höchste Erregung und krallte ihre Finger zusammen, als wolle sie ihn auffordern,
so weiterzumachen. Das Tier ging wieder hinab, diesmal hinter den Ohren herum,
wo es ein wenig verweilte; am Hals glitt es die drei Venusbänder entlang, die
ihn stolz schmückten, umging das Schulterblatt, begab sich in die Achselhöhle
und dann zum Busen. Mit seinem Köpfchen schien er die Empfindsamkeit der Brustspitzen
zu erproben; irgend etwas in Lucrezias Benehmen bestimmte es dazu, die linke
Brust zu bevorzugen. - Tommaso Landolfi, Das Meer der Schaben, nach (
land
)
Küssen (12) Vielerlei sah und erlebte er in den Nächten seiner Agonie, alles grauenhaft absurde Dinge. Zuerst schien es wie eine ungeheuere Masse zu sein, die das ganze Zimmer füllte, welches trotz alledem eigentümlich leer war und sich in der tiefen Dunkelheit ringsum ebenso verdeutlichte, wie sich eine Leere in einer anderen Leere verdeutlichen kann, ähnlich gewissen Löchern in der Schwärze des kosmischen Raums; an ihr ein Gewimmel von Fortsetzungen oder Füßen oder Tentakeln, die sich schier unter der Macht eines okkulten Windes krümmten und wieder reckten. Dann verformte sich plötzlich diese negative Masse, diese Blase aus Leerheit zu etwas extrem Dünnem, Intensivem, Eindringlichem, das sich in tausend Rinnsale zerteilte, alles und jedes und ihn selber in der Art eines kapillaren Kreislaufes durchdrang. Oder es verbreitete sich im Zimmer ein dünner süßlich-fauliger Geruch, der unbegreifliche Bilder, nie gesehene Landschaften hervorrief. Oder es war nur ein Empfinden, eher einer flüchtigen Erinnerung ähnlich, das mit unbegreifbar erschreckender Wirkung sich selber vorwegzunehmen oder alles, jedes wahrscheinliche Erlebnis hinter sich zu lassen oder auch dem Unförmigen, gar Nichtexistenten die Stirn zu bieten schien. Und wieder unterdrücktes Lachen, eisiges reixen, leise Berührungen wie Schauder; und ein bitterer Geschmack, der doch nur durch die ganze Körperoberfläche wahrgenommen wurde.
Doch indessen waren die Stunden des Notars gezählt. In der letzten Nacht tat sich vor seinen Augen (denen des Körpers und denen der Seele) eine riesige umgekehrte Schlucht auf, ein graugetönter Abgrund, einer Gebärmutter oder einem Muschelgehäuse vergleichbar; stand über ihm und rief ihn aus der höchsten Höhe der Spirale. Seine ausgetrocknete und schuppig gewordene Haut bekam zugleich eine fahle Phosphoreszenz, die kein Zeichen von Leben, sondern von Auflösung war: die, aus welcher sich Irrlichter erheben. Er sah sich als Fisch der Tiefe, mattschimmernd im schwarzen Abgrund; und nun besaß er kein Blut mehr, statt dessen dies schwache Licht, das im nächsten Augenblick ebenfalls verlöschen würde; es war das Ende. Er gab sich hin; und vielleicht widerfuhr es ihm in jenem letzten Augenblick, als Lohn für seine Hingabe, derjenigen ins Gesicht zu schauen, die ihn aus dem Leben gesaugt hatte und ihm nun den allerletzten Kuß entriß.
Er war. Ende. Das unbekannte Wesen erhob sich von
der leeren sterblichen Hülle und durchzog die Welt. - Tommaso Landolfi, Der
Kuß, nach (
land
)
Küssen (13) Unter uns Christen sind sehr viel Gatten
und Liebhaber, die in keinem Sinne den Türken
gleichen wollen, weil sie nämlich kein Vergnügen daran haben, den Schoß der
Frauen zu betrachten; wie oben erwähnt, hat dieser ja nach ihrer Meinung keine
Form; wir Christen im Gegenteil haben, sagen sie, große Befriedigung daran,
ihn genau zu betrachten und sich an solchem Anblick zu laben. Man begnügt sich
nicht allein mit dem Ansehn, sondern er bekommt auch Küsse, was viele Damen
ihre Liebhaber lehrten und entdeckten; so antwortete einmal eine spanische Dame
ihrem Liebhaber, der sie eines Tages grüßte und zu ihr sagte: »Bezo las manos
y los pies, señora!« »Señor, en el medio esta la mejore stacion«; womit sie
sagen wollte, er könne ihren Schoß ebensogut küssen wie ihre Füße und Hände.
Manche Damen sagen, für ihre Gatten und Liebhaber sei dies ein großes und köstliches
Vergnügen und sie würden darum noch feuriger. Dies hörte ich auch von einem
sehr großen Fürsten, dem Sohn eines großen Königs von irgendwo, der eine sehr
große Prinzessin zur Geliebten hatte. Niemals berührte er sie, ohne daß er sie
da betrachtete und verschiedene Male küßte. Das erste Mal, als er es tat, geschah
es auf das Zureden einer sehr vornehmen Dame, einer Favoritin des Königs; als
sie eines Tages alle dreie beisammen waren und jener Fürst seiner Dame den Hof
machte, fragte sie ihn, ob er denn noch niemals die schöne Partie gesehen habe,
die er genösse. Er antwortete: »Nein.« »Dann habt Ihr noch nichts vollbracht«,
sagte sie, »und wißt nicht, was Ihr liebt; Euer Vergnügen ist unvollständig.
Ihr müßt es sehn!« Als er nun versuchen wollte und die Dame sich widerspenstig
zeigte, kam die andre von hinten, packte sie und warf sie rückwärts aufs Bett
und hielt sie so lange fest, bis der Prinz sie bequem betrachtet und nach Herzenslust
geküßt hatte, so schön und artig fand er es. Daher fuhr er auch später damit
fort. - (
brant
)
Küssen (14) Ich seufzte. Ich nahm den Revolver aus meiner Tasche, starrte auf die Sandbank, auf der Bobby und Myra lagen.
Ich zögerte, fragte mich, ob ich einen Felsbrocken auf sie werfen sollte. Damit sie eine Chance hätten, wissen Sie, wie bei der Jagd, wenn man ein Karnickel sieht.
Aber sie waren keine Kaninchen. Er jedenfalls nicht. Und wenn ich sie jetzt nicht erwischen würde, müßte ich sie später erledigen. Und für mich blieb keine Zeit mehr übrig. Dies war mein letzter Abend in Freiheit. Daher hob ich den Revolver und zielte.
Ich wartete eine Sekunde. Zwei oder drei Sekunden. Plötzlich wandte er den Kopf und küßte sie. Und dann, genau in dem Moment, drückte ich ab.
Ich glaube, sie starben glücklich. - (
thom
)
Küssen (15) Er gab ihr auf den Mund, in den Mund einen langen Kuß, einen außerordentlich langen Kuß, einen Kuß von zweieinhalb Kilometer Länge (die Küsse in der Eisenbahn werden nach Kilometern berechnet), einen Kuß, der sie betäubte. Ihre Augen verschleierten sich sehnsüchtig, und ihr Körper fühlte das Bedürfnis, sich gegen Luciano zu pressen.
Der gab ihr einen neuen sehr langen Kuß, währenddessen der Zug eine Brücke, zwei Weichen und einen Bahnhof passierte.
Susanna stöhnte.
Luciano hatte immer geglaubt, die Frauen ließen unter dem Küssen dieses Stöhnen
nur aus guter Erziehung hören. Statt dessen sieht man, daß es ganz ernst gemeint
ist. -
Pitigrilli, Betrüge mich gut. In: P., Betrüge mich gut. Reinbek bei
Hamburg 1988 (rororo 12179, zuerst 1922)
Küssen (16)
Die Vortrefflichkeit der Küsse1.
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Daniel Casper von Lohenstein
Küssen (17) Wie ein Verklärter
an eine Verklärte neigte er sich zurückgezogen an ihren heiligen Mund und nahm
in einem leisen, andächtigen Kusse, in dem die schwebenden Seelen nur von ferne
mit aufgeschlagenen Flügeln zitternd einander entgegenwehten, mit leiser Berührung
von den zerflossenen weichen Lippen die Versiegelung ihrer reinen Liebe. -
Jean Paul, Hesperus
Küssen (18)
Küssen (19)
Küssen (20)
Der Menschheit größter Hochgenuß |
Küssen (21)
Küssen (22) Meine früheste Erinnerung ist, daß ich meine Kusine Madame Pison du Galland, die Frau des geistvollen Abgeordneten der verfassunggebenden Versammlung, in die Wange oder in die Stirn gebissen habe. Ich sehe sie noch vor mir, eine fünfundzwanzigjährige Frau, etwas füllig und stark geschminkt:. Offenbar hatte mir dieses Schminkrot in die Augen gestochen. Sie saß mitten auf der Wiese, dem sogenannten Glacis der Porte de Bonne, und ihre Wange war gerade auf gleicher Höhe wie ich.
»Gib mir einen Kuß, Henri«, sagte sie zu mir. Ich wollte nicht; da wurde
sie böse, und ich biß fest zu. Ich weiß alles noch
ganz genau, aber wahrscheinlich nur, weil man mit mir sofort arg ins Gericht
ging und mir meine Schandtat in einem fort vorhielt.
-
(brul)