Rudolf Virchow 1896 in seinem Arbeitszimmer
- FR 17. September 1996, Bild: Zander und Labisch / AKG Berlin)
Arbeitszimmer
(2)
Jean-Henri Fabre,
eheliche
Abscheulichkeiten
beobachtend
- (
fab
)
Arbeitszimmer
(3) Das Arbeitszimmer
war geräumig und behaglich. Obwohl es nichts Feierliches hatte, spürte
man hier eine vornehme Atmosphäre, die dem Kommissar gleich beim Eintreten
aufgefallen war. Jedes Möbelstück, jeder Gegenstand war in sich selbst
schön. Und der am Boden liegende Greis mit dem
zerschmetterten Schädel bewahrte in diesem Rahmen die Haltung eines bedeutenden
Mannes. - Georges Simenon, Maigret und die alten Leute. München 1972
(Heyne Simenon-Kriminalromane 53, zuerst 1960)
Arbeitszimmer
(4)
Edward
Gorey in seinem Arbeitszimmer
-
N.N.
Arbeitszimmer
(5) Ein kienener
Tisch vor dem Kanapee Jean
Pauls, auf dem er in einer nur ihm verständlichen, aber fremden Augen
nicht begreiflichen Ordnung alle seine Schreibmaterialien ausgelegt hatte. Ein
Repositorium zur Rechten desselben, wovon er mit einem Griff die in sorgfältiger
Anordnung aufgestellte Reihe seiner Manuskripte, Gedankenbücher, Exzerpten etc.
in jedem Augenblick, ohne von seinem Sitz aufzustehen, erreichen konnte. Ohne
Spiegel, ohne Vorhänge,
mit schlechten Stühlen versehen, so war das Arbeitszimmer Jean Pauls. - Caroline
Richter, nach (
idg
)
Arbeitszimmer
(6)
-
Arbeitszimmer
in einem pompeijanischen
Lupanar
(Foto Thomas Ihle)
Arbeitszimmer
(7) Ich
hatte das Licht in der Hütte schon angezündet, ich saß an dem kleinen Tisch
vor dem Fenster, und ein paar leere Seiten waren vor mich hingebreitet. Manchmal
blickte ich mich erstaunt in dem Raum um: die Lampe, die mir Licht spendete,
war eine sogenannte Handlampe, eine jener in schwarzen Gummi eingefaßten Arbeitsleuchten,
die Glühbirne von einem Drahtkorb geschützt, wie ich sie aus der Montageabteilung
meines Betriebs kannte; an ihrem Kabel hing sie hinter meinem Kopf von der Decke,
den Strom bezog sie - ebenso wie eine kleine Kochplatte und ein paar Maschinen:
eine Stahlsäge und eine winzige Ständerbohrmaschine - aus einem Holzbrett mit
einer Reihe von Steckdosen, einer sehr klapprigen und labilen Einrichtung, so
daß die Elektrogeräte allesamt unter Wackelkontakten litten; das Kabel dieser
am Boden liegenden Steckdosenreihe wiederum verlief durch das Dach und zog sich,
über zwei, drei schiefe provisorische Masten zur Stadt hin: dort, wo sich die
beginnende Straße aus Gestrüpp und Schmutz schälte, stand ein backsteinernes
Transformatorenhäuschen. Im Schuppen gab es außerdem noch einen Blechspind,
er enthielt eine Büchse mit gemahlenem Kaffee, verschiedene, zumeist unabgewaschene
Geschirrstücke, verbogenes Aluminiumbesteck, eine aufgerissene Packung Würfelzucker
und ein Bündel fast schwarz gewordener Spielkarten; weiterhin gab es in dem
Raum ein paar mit Draht geflickte Stühle, einen löchrigen Korbsessel, in dem
ich am Tisch zu sitzen pflegte, und in der Ecke hinter der Bohrmaschine war
ein Matratzenlager mit einem Haufen staubdurchsetzter Wolldecken.
Wenn ich mir dieses Interieur betrachtete, kam ich mir vor wie ein abgedrifteter Forschungsreisender
. . . und das war immerhin etwas ... in einer verwahrlosten Schiffskabine, oder
in einer behelfsmäßigen Behausung auf einer Insel, oder in einer Wüstengegend
. . . der Boden unter mir war unsicher, und draußen brach der Sturm los. Und
ich versuchte meine Aufzeichnungen zu machen; der Stift hastete über den scharfen
salzartigen Staub, die Tinte drang nicht mehr durch die Ablagerungen und hinterließ
nichts auf den Zetteln, und das helle Papier schien in der Asche
auf dem Tisch zu versinken ... Es ist der gleiche Staub wie auf dem Schreibtisch
in der Stadtwohnung, wollte ich notieren, die Asche, die langsam die ganze Stadt
überzieht! - Wolfgang Hilbig, Die Kunde von den Bäumen. Frankfurt am Main 1994
Arbeitszimmer
(8)
- [Angebl.]
Alfred Jarrys Arbeitszimmer
Arbeitszimmer
(9) Wer zu dem
Heiligtum pilgerte, war vermutlich entsetzt darüber, wie es dort aussah.
Im «Fliegenzimmer», wie Raum 613, Schermerhorn Hall, später genannt wurde,
herrschte eine furchtbare Unordnung. Acht Pulte und ein Labortisch (zum
Zerquetschen der Bananen)
waren in einen nur 7 mal 8 'A Meter großen Raum gepfercht, der außerdem
Hunderte von Viertelliter-Milchflaschen enthielt, die mit Baumwollpf ropf
en verschlossen waren; sie waren aus der Cafeteria der Columbia Univer-sity
«entliehen». Der Raum beherbergte auch noch viele tausend Taufliegen, eingesperrte
ebenso wie freilebende. Die gefangenen Exemplare wurden gezüchtet, gezählt
und schließlich getötet und in einen Behälter mit Öl geworfen, der als
«Archiv» (oder «Leichenschauhaus») bezeichnet
wurde. Wenn eine Fliege das Glück hatte zu entkommen, konnte sie den Raum
verlassen, aber viele zogen es vor, sich einer Gruppe von freilebenden
Fliegen anzuschließen, die in dem Zimmer hausten. Sie sammelten sich um
eine Staude Bananen, die nahe der Eingangstür hing. Diese Fliegen hatten
sich ohne wissenschaftliche Hilfe im Abfalleimer des Labors vermehrt, der
nie vollständig gesäubert wurde. Für einen Ausreißer war es jedoch etwas
riskant, in dem Zimmer zu bleiben. Einmal entdeckte Morgans Frau Lilian,
die selbst Biologin war, daß ein wichtiger Mutant entschlüpft war. Gelassen
inspizierte sie die freilebenden Fliegenschwärme im Labor und machte das
gesuchte Exemplar beim Fenster ausfindig.
Neben dem Fliegenzimmer lag Morgans
eigenes kleines Büro. Sein Zylinderschreibtisch bot ebenfalls einen chaotischen
Anblick. Ein Großteil seiner Daten war auf der Rückseite von Umschlägen
und auf alten Papierfetzen festgehalten. Er beteiligte sich an der monotonen,
endlosen Arbeit des Fliegenzählens, aber mit einem Unterschied: Wenn er
mit den Fliegen fertig war, «zerquetschte er sie auf der Rechentafel aus
Porzellan, die bereits mit den verschimmelten Fliegen von den Zählungen
der letzten Woche bedeckt war.» - Robert Shapiro,
Der Bauplan des Menschen. Frankfurt am Main 1995 (zuerst 1991)
Arbeitszimmer
(10) In einen eleganten
Morgenrock gehüllt, das seltsame Geschenk einer ihn bewundernden Marquise, der
wie das Gewand eines Magiers auf eigenartige Weise
mit algebraischen Zeichen bestickt war, ein schwarzes Seidenkäppchen auf seinem
bienenkorbförmigen Schädel, saß Benjamin Franklin würdevoll an einem
riesigen klauenfüßigen Tisch. Dieser, rund wie der Tierkreis, war bedeckt mit
Druckschriften, Haufen von Aktenstücken, Manuskriptrollen, verstreuten Teilen
von sonderbaren Modellen aus Holz und Metall, seltsam aussehenden Flugblättern
in den verschiedensten Sprachen und allerlei Büchern, darunter vielen Widmungsexemplaren
aus dem Gebiet der Geschichte, der Mechanik, Politik, Landwirtschaft, Nationalökonomie,
der Metaphysik, Meteorologie und Geometrie. Die Wände boten ein nekromantisches
Bild. Ringsherum hingen Barometer der verschiedensten Art, Zeichnungen von erstaunlichen
Erfindungen, große Karten von fernen Landern der Neuen Welt, die in der Mitte
ausgedehnte weiße Flächen enthielten, auf denen in weitgesperrtem Druck das
Wort DESERT - Wüste - stand, so daß es sich mit seinen
zwei Silben Über fünfundzwanzig Längengrade ausdehnte. Dieses Wort aber war
mit einem energischen Federstrich von des Doktors Han< verschen, der mitten
hindurchgeführt war, als habe er es ein füi alle Mal für ungültig erklärt. Weiterhin
gab es eine Menge topographischer und trigonometrischer Karten von verschiedenen
Teilen Europas, geometrische Diagramme und zahlreiche andere interessante wissenschaftliche
Wandtafeln und Pläne.
Das Zimmer selbst trug offensichtliche Spuren des Alters. Ein Teil der rohverputzten
Wand war übel beschädigt, mit Staub bedeckt und bot einen finsteren und traurigen
Anblick. Aber dei betagte Bewohner sah, wenn auch ebenso runzlig, gesund und
frisch aus. Beide, die Wand und der Weise, bestanden aus dem gleichen Stoff,
Kalk und Staub. Auch waren beide alt. Aber während der rohe Kalk der Mauer keinen
gemalten Anstrich aufwies, der alles Verblassen und Verschmutzen verhindern
und sie äußerlich frisch halten sollte, war der lebende Kalk und Staub des Weisen
übertüncht von der widerstandsfähigen Blüte seiner Seele. - Herman
Melville, Israel Potter. Fünfzig Jahre im Exil. In: H. M., Redburn. Israel Potter. Sämtliche
Erzählungen. München 1967 (zuerst 1854/55)
Arbeitszimmer
(11)
Arbeitszimmer
(12) Wenn es mehr als nur Gequatsche war und um wichtige Entscheidungen ging,
verhandelte Chucky am liebsten in seinem Arbeitszimmer. Dort war auf seinem
zwei Meter vierzig langen Schreibtisch eine Konferenzschaltung und neben der
Tür zum Wohnzimmer ein Hutständer, mit einer Sammlung von Hüten, Mützen und
Kappen. Wenn er ein Telefongespräch führte, setzte er dann immer ein Exemplar
auf (die zackige Yachtmütze oder den großen, strohgeflochtenen Cowboyhut - wenn
ihm jemand Schwierigkeiten machte, den Sturzhelm, und wenn er sich in philosophischer
Stimmung befand, die Anglermütze) und rannte dabei nervös durchs Zimmer. - Elmore Leonard, Stick. München 1990
Arbeitszimmer
(13)
Eines der Hausmädchen bemerkte beim Herunterkommen einen beißenden Geruch
von verbranntem Fleisch, der aus dem Arbeitszimmer ihres Herrn zu kommen schien.
Sie versuchte die Tür zu öffnen, diese war jedoch von innen verschlossen. Mit
Hilfe Gerald Paynters und des Chinesen hatte man die Tür aufgebrochen. Mr. Paynter
bot einen grauenhaften Anblick. Er war vorwärts in den Gaskamin gestürzt, Kopf
und Gesicht waren bis zur Unkenntlichkeit verkohlt. - Agatha Christie,
Die Großen Vier. München u.a. 1990 (zuerst 1927)
Arbeitszimmer
(14) Alles Licht
des Morgens sammelte sich in den genormten Blättern Papier, die verstreut über
Schreibtisch und Fußboden lagen. Die Schreibmaschine
starrte offenen Maules und wurde beschworen durch einen Engel des Malers Rubljow,
im Reigen an der Wand mit einem zweiten des Malers Klee und einem dritten
des Malers Georg Hübner. Eine Zeichnung Picassos, ein Mädchenprofil,
halb beschattet von schwarzer Haarfülle (man konnte auf lsabel schließen), sah
blicklos auf den rauchenden Arlecq. Halb verdeckt von der Zeichnung eines reich
ornamentierten Gitterwerks staken, bösen Auges starrend, drei Maskenköpfe aus
dünnem Papier, aus je einem Auge dreiäugig das Zimmer bewachend und den Eintretenden
ihre Riten lehrend. Doppeläugig, doch auch sie nach Assyrien und Babylonien
weisend, hielt vom Zimmerwinkel die Katze Ausschau nach dem ironisch sich wiegenden
japanischen Spottvogel, der golden unter der Decke an einem Zwirnsfaden hing.
Auf dem Ölbild über dem Teetisch näßt ein ewiger Regen einen grauen Platz vor
rotgelbrot beflaggten Häuserfronten. Lady Bird, die Katze,
sitzt mit der Geringschätzung ihrer Rasse für alles menschliche Tun auf einem
Blatt Papier, auf dem Arlecqs gestriges Nachtgedicht notiert wurde. - Fritz Rudolf Fries, Der Weg nach Oobliadooh. Leipzig
1993 (zuerst 1975)
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