Und wenn ihr nun gegen den Türken zieht so seid ja gewiß und zweifelt nicht daran, daß ihr nicht gegen Fleisch und Blut, das heißt: gegenMenschen, streitet. Sonst will ich euer Prophet sein, daß ein Türke viele Christen schlagen wird. Sondern seid gewiß, daß ihr gegen ein großes Heer Teufel streitet; denn des Türken Heer ist eigentlich der Teufel Heer. Darum verlaßt euch nicht auf eure Spieße, Schwerter, Büchsen, Macht oder Menge; denn danach fragen die Teufel nicht, wie wir bisher an Erfahrung wohl gewitzt sind, daß der Türke eitel Sieg und Glück gegen uns gehabt hat und künftig haben wird, wenn wir als Menschen gegen Menschen kriegen werden. So ja auch der Papst und seine Teufel nicht geschlagen werden ohne Gottes Wort, so doch die Kaiser Friedriche, Heinriche usw. mächtig genug waren, sondern er trat sie alle mit Füßen unter sich; denn der Teufel war bei ihm. Wir müssen mit dem 44. Psalm singen lernen: »Ich verlasse mich nicht auf meinen Bogen, und mein Schwert kann mir nicht helfen.« (Ps. 44,7) Wir müssen gegen die Teufel die Engel bei uns haben. Das wird geschehen, wenn wir uns demütigen, beten und Gott in seinem Wort vertrauen.
So könnte es auch wohl an dem sein, daß der Türke, ebenso wie der Papst,
in Zerfall kommen würde. Denn die zwei Reiche des Papstes und des Türken sind
die letzten zwei Greuel und »Gottes Zorn« (0ff. 15,1), wie sie die Apokalypse
nennt, der »falsche Prophet« und »das Tier«, und sie müssen miteinander ergriffen
und »in den feurigen Pfuhl geworfen werden« (0ff. 19,20). Denn das ist
von keinem Königreich von Anfang an je gehört worden, daß sie den Ehestand so
schändlich vernichteten, wie es der Papst und der Türke tun. Der Papst hat ihn
unter dem Schein der Keuschheit verboten und als unrein verdammt. Der Türke
reißt Mann und Weib voneinander und gibt und verkauft die Frauen, als wären
es Kühe und Kälber. Davon und von anderem mehr habe ich jenes Mal in der Heerpredigt
geschrieben. Insgesamt, da ist nichts anderes als: Haus, Stadt und Kirchenregiment
zerstören, die beiden, im Papsttum und in der Türkei.
- Aus Martin
Luther
s Vermahnung zum
Gebet wider die Türken 1541, nach
(
bisch
)
Türke (2) In der Mitte eines nicht eben großen, nur mit dem notwendigsten Gerät versehenen Zimmers saß die lebensgroße, wohlgestaltete Figur in reicher geschmackvoller türkischer Kleidung auf einem niedrigen, wie ein Dreifuß geformten Sessel, den der Künstler auf Verlangen wegrückte, um jede Vermutung der Verbindung mit dem Fußboden zu widerlegen, die linke Hand zwanglos auf das Knie, die rechte dagegen auf einen kleinen freistehenden Tisch gelegt. Die ganze Figur war, wie gesagt, in richtigen Verhältnissen wohlgestaltet, allein vorzüglich war der Kopf gelungen; eine wahrhaft orientalisch geistreiche Physiognomie gab dem Ganzen ein Leben, wie man es selten bei Wachsbildern, wenn sie selbst den charaktervollen Gesichtern geistreicher Menschen nachgeformt sind, findet. Ein leichtes Geländer umschloß das Kunstwerk und wehrte den Anwesenden das nahe Hinzutreten, denn nur der, welcher sich von der Struktur des Ganzen, soweit es der Künstler sehen lassen konnte, ohne sein Geheimnis zu verraten, überzeugen wollte, oder der eben Fragende durfte in das Innere und dicht an die Figur treten. Hatte man, wie es gewöhnlich war, dem Türken die Frage ins rechte Ohr geflüstert, so drehte er erst die Augen, dann aber den ganzen Kopf nach dem Fragenden hin, und man glaubte an dem Hauch zu fühlen, der aus dem Munde strömte, daß die leise Antwort wirklich aus dem Innern der Figur kam. Jedesmal wenn einige Antworten gegeben worden, setzte der Künstler einen Schlüssel in die linke Seite der Figur ein und zog mit vielem Geräusch ein Uhrwerk auf. Hier öffnete er auch auf Verlangen eine Klappe, und man erblickte im Innern der Figur ein künstliches Getriebe von vielen Rädern, die nun wohl auf das Sprechen des Automaten durchaus keinen Einfluß hatten, indessen doch augenscheinlich so viel Platz einnahmen, daß sich in dem übrigen Teil der Figur unmöglich ein Mensch, war er auch kleiner, als der berühmte Zwerg Augusts, der aus der Pastete kroch, verbergen konnte.
Nächst der Bewegung des Kopfs, die jedesmal vor der Antwort geschah, pflegte
der Türke auch zuweilen den rechten Arm zu erheben
und entweder mit dem Finger zu drohen oder mit der ganzen Hand
gleichsam die Frage abzuweisen. Geschah dieses, so konnte nur das wiederholte
Andringen des Fragers eine mehrenteils zweideutige
oder verdrießliche Antwort bewirken, und eben auf diese Bewegungen des Kopfs
und Armes mochte sich wohl jenes Räderwerk beziehen, unerachtet auch hier die
Rückwirkung eines denkenden Wesens unerläßlich schien.
Man erschöpfte sich in Vermutungen über das Medium der wunderbaren Mitteilung,
man untersuchte Wände, Nebenzimmer, Gerät, alles vergebens. Die Figur, der Künstler
waren von den Argusaugen der geschicktesten Mechaniker umgeben, aber je mehr
er sich auf diese Art bewacht merkte, desto unbefangener war sein Betragen.
Er sprach und scherzte in den entlegensten Ecken des Zimmers mit den Zuschauern
und ließ seine Figur wie ein ganz für sich bestehendes Wesen, das irgendeiner
Verbindung mit ihm nicht bedürfe, ihre Bewegungen machen und Antworten erteilen;
ja, er konnte sich eines gewissen ironischen Lächelns
nicht enthalten, wenn der Dreifuß und der Tisch auf allen Seiten herumgedreht
und durchgeklopft, ja in die herabgenommene und weiter ans Licht gebrachte Figur
mit Brillen und Vergrößerungsgläsern hineingeschaut
wurde, und dann die Mechaniker versicherten, der Teufel möge aus dem wunderlichen
Räderbau klug werden. Alles blieb vergebens, und die Hypothese, daß der Hauch,
der aus dem Munde der Figur ströme, leicht durch verborgene Ventile hervorgebracht
werden könne, und der Künstler selbst als ein trefflicher Bauchredner die Antworten
erteile, wurde gleich dadurch vernichtet, daß der Künstler in demselben Augenblick,
als der Türke eben eine Antwort erteilte, mit einem der Zuschauer laut und vernehmlich
sprach, unerachtet der geschmackvollen Einrichtung und des höchst Rätselhaften,
Wunderbaren, was in dem ganzen Kunstwerke lag, hätte das Interesse des Publikums
daran doch wohl bald nachgelassen, wäre es dem Künstler nicht möglich gewesen,
auf eine andere Weise die Zuschauer immer aufs neue
an sichzu ziehen. Dieses lag nun in den Antworten selbst, welche der Türke
erteilte, und die jedesmal mit tiefem Blick in die Individualität des Fragenden
bald trocken, bald ziemlich grob spaßhaft und dann wieder voll Geist und Scharfsinn
und wunderbarerweise bis zum Schmerzhaften treffend waren. Oft überraschte ein
mystischer Blick in die Zukunft, der aber nur von
dem Standpunkt möglich war, wie ihn sich der Fragende selbst tief im Gemüt gestellt
hatte. Hierzu kam, daß der Türke oft, deutsch gefragt, doch in einer fremden
Sprache antwortete, die aber eben dem Fragenden ganz geläufig war, und man fand
alsdann, daß es kaum möglich war, die Antwort so rund, so in wenigen Worten
viel umfassend anders zu geben, als eben in der gewählten Sprache. - E.T.A.
Hoffmann, Die Automate
Türke (3)Es wächst jetzt, einem großen Lagerfeuer gleich, das Geschrei eines sich liebenden Paares vor Erika Kohut aus der Wiesensohle hervor. Endlich Heimat für die Schauende. Es ist so nah, daß sie den Feldstecher nicht einmal braucht. Das spezielle Nachtglas. Wie der Heimat Haus tickt sich das Paar aus dem schönsten Wiesengrunde heraus und in Erikas Augäpfel hinein. Ausländisch jauchzend schraubt sich ein Mann in eine Frau. Die Frau läutet nicht. Sondern gibt fast mürrische, halblaute Anweisungen und Kommandos, die der Mann möglicherweise nicht versteht, denn er jubelt auf türkisch weiter, oder in einer anderen seltenen Sprache, und richtet sich nicht nach den Frauenschreien. Die Frau glockt tief unten in ihrer Kehle, wie ein sprungbereiter Hund, daß der Kunde das Maul halten soll. Der Türke aber harft und säuselt wie der Frühlingswind, nur lauter. Er gibt ziehende, lang anhaltende Schreistöße von sich, welche Erika einen guten Orientierungspunkt vermitteln, damit sie sich noch näher heranschleichen kann, obwohl sie schon sehr nah ist. Dasselbe Gebüsch, das dem Liebespaar flüchtige Unterkunft gewährt, tarnt auch Erika zur Genüge. Der Türke oder türkenähnliche Ausländer scheint sich über das zu freuen, was er macht. Die Frau, so hört man, freut sich auch. Doch bei ihr findet es gebremster statt. Die Frau weist den Mann ein, wo er hin soll. Es ist nicht feststellbar, ob er gehorcht, er will seinen eigenen inneren Befehlen Folge leisten, und da kann es nicht ausbleiben, daß er dann und wann mit den Wünschen seiner Partnerin kollidiert. Erika ist Zeuge, wie das geschieht. Die Frau sagt hü, der Mann hott. Die Frau scheint sich langsam zu ärgern, daß der Mann ihr nicht den Vortritt läßt, wie es sich gehören würde. Sagt sie: langsamer, macht er: schnell und zurück ebenso. Vielleicht ist das keine Professionelle, sondern nur eine betrunkene Standardfrau, die abgeschleppt wurde. Eventuell bekommt sie am Ende gar nichts für ihre Mühe. Erika kauert sich zusammen. Sie macht es sich bequem. Selbst wenn sie mit Nagelschuhen einhertrappte, hätten die beiden sie nicht abzuhören vermocht. So laut schreit einmal der eine, dann der andere oder beide gemeinsam. So ein Glück hat Erika nicht immer bei ihrer Schausuche. Die Frau spricht jetzt zu dem Mann, er soll ein Momenterl warten. Erika kann nicht feststellen, ob der Mann ihr darin beipflichtet. Er sagt jetzt einen verhältnismäßig ruhig klingenden Satz in seiner Sprache. Die Frau schimpft ihn an, daß kein Mensch das versteht. Du warten, verstehn? Warten! Nix warten, bekommt Erika das Geschehen mit. Er fährt in die Frau hinein, als müßte er in Rekordzeit ein Paar Schuhe besohlen oder eine Autokarosserie zusammenschweißen. Die Frau wird von den Stößen jedesmal bis auf die Grundmauern erschüttert. Sie spuckt jetzt, schriller als dem Anlaß angemessen, Geifer: Langsamer!! Nicht so stark, bitte. Sie hat sich demnach schon aufs Bitten verlegt. Ergebnis genauso Null. Der Türke hat eine unglaubliche Energie und ist in irrsinniger Eile. Er wählt jetzt sogar noch eine höhere Übersetzung in seinem inneren Getriebe, um in der Zeiteinheit und eventuell auch in der Geldeinheit möglichst viele Stöße placieren zu können. Die Frau resigniert, daß auch sie jemals zu einem guten Ende kommen wird, und schimpft laut, wann er endlich fertig ist oder ob er bis übermorgen braucht. Der Mann stößt atemlose Fanfaren in türkischer Sprache hervor, die aus der Tiefe seines Inneren kommen. Er feuert nach beiden Seiten los. Sprache und Empfindung scheinen sich bei ihm einander anzunähern. Er sägt auf deutsch: Frau! Frau! Die Frau versucht es noch ein letztes Mal mit: langsamer! Erika rechnet in ihrem Versteck zwei und zwei zusammen und entscheidet, keine Praterhure, denn eine solche würde den Mann eher anfeuern als einbremsen. Sie müßte ja möglichst viele Kunden in möglichst rascher Zeitabfolge sammeln, im Gegensatz zum Mann, der umgekehrt empfindet, will er doch möglichst lange etwas davon haben. Vielleicht wird er einmal überhaupt nicht mehr können, dann bleibt ihm nichts als Erinnerung.
Beide Geschlechter wollen immer etwas grundsätzlich Gegensätzliches.
-
Elfriede Jelinek, Die Klavierspielerin. Reinbek bei Hamburg 1989 (zuerst 1983)
Türke (4)Ich fuhr also zu den Türken.
Außerordentlich überrascht war ich, daß es in der Türkei viel mehr christliche
Kirchen gab als in Candia. Ich sah sogar ganze Scharen von Mönchen,
die man unbehindert zur Jungfrau Maria beten ließ, sei es auf lateinisch, griechisch
oder armenisch. «Was für gute Seelen sind doch diese Türken», rief ich aus.
Zwischen den griechischen und römischen Christen aber herrschte in Konstantinopel
tödliche Feindschaft; diese Sklavenseelen verfolgten einander wie die Hunde,
die in den Straßen übereinander herfallen und von ihren Herren mit Stockschlägen
auseinandergetrieben werden. Damals unterstützte der Großwesir die Griechen,
und als mich der griechische Patriarch beschuldigte, bei dem römischen Patriarchen
gespeist zu haben, wurde ich von dem vollzählig versammelten Diwan zu hundert
Stockschlägen auf die Fußsohlen verurteilt; allerdings konnte ich mich mit fünfhundert
Zechinen loskaufen. Am Tage darauf wurde der Großwesir erdrosselt.
-
Voltaire
, Geschichte
der Reisen Scarmentados. Stuttgart
1983 (Die Bibliothek von Babel, Bd. 28)
Türke (5) In der Mitte eines nicht eben großen,
nur mit dem notwendigsten Gerät versehenen Zimmers saß die lebensgroße, wohlgestaltete
Figur in reicher geschmackvoller türkischer Kleidung auf einem niedrigen, wie
ein Dreifuß geformten Sessel, den der Künstler auf Verlangen wegrückte, um jede
Vermutung der Verbindung mit dem Fußboden zu widerlegen, die linke Hand zwanglos
auf das Knie, die rechte dagegen auf einen kleinen freistehenden Tisch gelegt.
Die ganze Figur war, wie gesagt, in richtigen Verhältnissen wohlgestaltet, allein
vorzüglich war der Kopf gelungen; eine wahrhaft orientalisch geistreiche Physiognomie
gab dem Ganzen ein Leben, wie man es selten bei Wachsbildern, wenn sie selbst
den charaktervollen Gesichtern geistreicher Menschen nachgeformt sind, findet.
Ein leichtes Geländer umschloß das Kunstwerk und wehrte den Anwesenden das nahe
Hinzutreten, denn nur der, welcher sich von der Struktur des Ganzen, soweit
es der Künstler sehen lassen konnte, ohne sein Geheimnis zu verraten, überzeugen
wollte, oder der eben Fragende durfte in das Innere und dicht an die Figur treten.
Hatte man, wie es gewöhnlich war, dem Türken die Frage ins rechte Ohr geflüstert,
so drehte er erst die Augen, dann aber den ganzen Kopf nach dem Fragenden hin,
und man glaubte an dem Hauch zu fühlen, der aus dem Munde strömte, daß die leise
Antwort wirklich aus dem Innern der Figur kam. Jedesmal wenn einige Antworten
gegeben worden, setzte der Künstler einen Schlüssel in die linke Seite der Figur
ein und zog mit vielem Geräusch ein Uhrwerk auf. Hier öffnete er auch auf Verlangen
eine Klappe, und man erblickte im Innern der Figur ein künstliches Getriebe
von vielen Rädern, die nun wohl auf das Sprechen des Automaten durchaus keinen
Einfluß hatten, indessen doch augenscheinlieh so viel Platz einnahmen, daß sich
in dem übrigen Teil der Figur unmöglich ein Mensch, war er auch kleiner, als
der berühmte Zwerg Augusts, der aus der Pastete kroch, verbergen konnte. Nächst
der Bewegung des Kopfs, die jedesmal vor der Antwort geschah, pflegte der Türke
auch zuweilen den rechten Arm zu erheben undmit dem Finger zu drohen.
- E. Th. A. Hoffmann, Die Automate
Türke (6)
Ein ganz und gar perverser Türke kaufte sich Aus Trauer über den erst jüngst erfolgten Tod Der fetten Fatme, seines Lieblingsweibes, Bei seinem Mädchenhändler zwei noch ziemlich gut erhaltne – Man kann fast sagen: beinah nagelneue – Und eben frisch aus Frankreich importierte, Ehemalge Mannequins. Als er sie hatte, sang er, sich zur Feier: |
Setzt euch doch auf meine Schenkel. |
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