fla
)
Luft (2) Die Körper aller Lebewesen und so auch
die der Menschen werden von dreierlei Nahrung ernährt. Diese Nahrung hat
folgende Namen: Speise, Trank, Luft. Die Luft im Körper heißt eingesperrte
Luft, außerhalb des Körpers freie Luft. Letztere ist unter allem und über
alles der größte Herr, und es ist der Mühe wert, ihre Macht
zu betrachten. Denn der Wind ist der Luft Fluß und
Guß. Wenn nun viel Luft ein kräftiges Strömen verursacht, dann werden die
Bäume mit den Wurzeln ausgerissen
durch die Gewalt der Luft, und das Meer schäumt,
und ungeheuer große Schiffe werden zerschmettert. Solche Gewalt hat sie
unter diesen Dingen. Dabei ist sie doch dem Auge unsichtbar, dem Geist
aber wahrnehmbar. Denn was geschieht ohne sie, oder wovon bleibt sie fern,
oder womit ist sie nicht verbunden? Ist doch alles zwischen Erde und Himmel
voll von Luft. Sie ist die Ursache von Winter und Sommer, indem sie im
Winter hart und kalt wird, im Sommer sanft und friedlich. Ja, auch der
Weg der Sonne, des Mondes
und der Sterne geht durch die Luft. Denn für das Feuer ist die Luft Nahrung,
und wenn das Feuer der Luft beraubt wird, kann es nicht leben. So wird
auch das ewige Leben der Sonne durch die Luft in ihrer feinen Substanz
gewährleistet. Auch daß das Meer an der Luft teilhat, ist offenbar. Denn
die schwimmenden Tiere könnten niemals leben, wenn sie nicht an der Luft
teilhätten; wie anders aber könnten sie an ihr teilhaben, als indem sie
durch das Wasser und aus dem Wasser die Luft einatmen? Auch ist die Erde
ihr Sockel, und sie ist ihrerseits der Erde Trägerin, und nichts ist leer
von ihr. Daß also im All die Luft stark ist, habe ich gesagt. - (
hi
)
Luft (3) Die Luft hat vier Kräfte. Sie entsendet
den Tau, der alles Grün erweckt; sie bewegt den Windhauch, mit dem sie
die Blüten herauslockt; sie verbreitet die Wärme, durch die sie alles zur
Reife bringt, so wie sie auch selbst sich über die vier Weltrichtungen
hin verteilt. Die Luft, die dem Monde und den Sternen
zunächst ist, befeuchtet die Gestirne, wie die Erdenluft die Erde, die
unvernünftigen und die empfindenden Tiere je nach ihrer Natur belebt und
bewegt und doch dadurch in nichts vermindert wicd. Sterben diese Tiere,
so kehrt die Luft an ihren früheren Ort zurück, empfängt aber dadurch keine
Mehrung, sondern bleibt wie sie war. Die Erdenluft aber, die die Erde befeuchtet,
läßt die Bäume und Kräuter grünen, wachsen
und sich regen. Und ist die Luft in ihnen, so verliert sie dadurch nichts,
ebenso wie sie nichts gewinnt, wenn sie die abgeschnittenen oder ausgerissenen
Pflanzen verläßt. Sie bleibt in dem Zustande, in dem sie zuvor war. -
(
bin
)
Luft (4) Die Luft hat ihren Ursprung von der Hitze und Kälte; denn die Hitze und Kälte treiben gewaltig von sich und erfüllen alles; davon wird eine lebende und webende Bewegung. Wenn aber die Kälte die Hitze besänftiget, so wird beider Qualität dünne und die bittere Qualität zeucht es zusammen, daß es tröpflich \vird. Die Luft aber hat ihren Ursprung und größte Bewegung aus der Hitze, und das Wasser von der Kälte.
Nun ringen die zwo Qualitäten stets miteinander. Die Hitze verzehret das Wasser und die Kälte zwinget die Luft. Nun ist aber die Luft eine Ursache und Geist alles Lebens und aller Bewegung in dieser Welt, es sei gleich dem Fleische oder in allem dem, was aus der Erden wachset, so hat es alles sein Leben von der Luft und kann nichts außer der Luft bestehen, das in dieser Welt ist, das sich beweget.
Das Wasser quellet auch in allen lebendigen und webenden Dingen in dieser Welt. In dem Wasser bestehet der Leib aller Dinge und in der Luft der Geist, es sei gleich im Fleische oder in den Gewächsen aus der Erden, und dieses beides kommt aus der Hitze und Kälte und qualifizieret untereinander wie ein Ding.
Nun aber sind in diesen beiden Qualitäten auch zwo sonderliche Species zu merken, als nämlich die lebendige und tödliche Wirkung. Die Luft ist eine lebendige Qualität, so sie sänftig in einem Dinge ist, und der Hl. Geist herrschet in der Sanftmut der Luft, und alle Kreaturen sind fröhlich darinnen. Sie hat aber auch die Grimmigkeit in sich, daß sie tötet und verderbet durch ihre grausame Erhebung. Die Qualifizierung nimmt aber von der grimmen Erhebung ihren Ursprung, daß es in allem quellet und treibet, davon das Leben Ursprung hat und stehet, darum muß es beides in diesem Leben sein.
Das Wasser hat auch einen grimmen, tödlichen Quell in sich, denn
es tötet und verzehret; dazu muß alles Lebende und Webende in dem Wasser
verfaulen und verderben. - (
boe
)
Luft (5) Auch das nannten die Alten Himmel,
was wir jetzt mit einem anderen Namen Luft nennen. Dieser Lebenshauch nimmt
allen scheinbar leeren Raum ein. Unterhalb des Mondes ist ihr Sitz, und noch
viel tiefer (wie ich allgemein angenommen finde) wird sie, indem sich eine unendliche
Menge der obern Luft mit einer unendlichen Menge irdischer Ausdünstungen mischt,
mit beiden Anteilen erfüllt. Daraus entstehen Wolken, Donner und Blitz, Hagel,
Reif, Regen, Stürme und Wirbel.
Von da herab kommen die meisten Übel der Menschen, und
dort ist der Schauplatz des Kampfes der Naturkräfte unter sich. Die Macht der
Gestirne drückt die irdischen, zum Himmel strebenden Teile nieder und zieht
die, welche nicht von selbst aufsteigen, zu sich empor. Regen fällt herab, Nebel
steigen auf, Flüsse trocknen aus, Hagel stürzt nieder, die Sonnenstrahlen dörren
die Erde aus, drängen sie von allen Seiten nach der Mitte hin, prallen ungeschwächt
zurück und nehmen mit sich, was sie können. Die Hitze
kommt von oben und steigt wieder dahin zurück. Leer stürzen die Winde herbei
und kehren mit Raub beladen wieder zurück. Viele Tiere ziehen die Luft von der
Höhe ein; allein diese strebt wieder empor, und die Erde ergießt ihren Hauch
in die Leere des Himmels. So wird, indem alles in der Natur wie in einem Triebwerke
hier- und dorthin strebt, die Zwietracht durch die schnelle Bewegung
der Welt genährt. Der Kampf kann nicht ruhen, sondern dauert bei dem reißend
schnellen Umschwunge fort und zeigt, indem er mittels der Wolken plötzlich den
Himmel anders überdeckt, die Ursachen der Erscheinungen in der die Erde umgebenden
unermeßlichen Runde. Dies ist auch das Reich der Winde. Daher hat die Natur
die vorzüglichsten Erscheinungen und fast alle übrigen Ursachen derselben dort
vereinigt; denn die meisten schreiben auch den Donner
und Blitz der Gewalt der Winde zu. Ja, es hat sogar
zuweilen Steine geregnet. -
(
pli
)
Luft (6) Das Element der unterschiedslosen Einfachheit ist nicht mehr die
positive Identität mit sich, die Selbstmanifestation, welche das Licht als solches ist, sondern ist nur negative Allgemeinheit, als zum selbstlosen Moment eines Anderen herabgesetzt, daher auch schwer. Diese Identität ist als die negative
Allgemeinheit die verdachtlose, aber schleichende und zehrende Macht
über das Individuelle und Organische; die gegen das Licht passive, durchsichtige, aber alles Individuelle in sich verflüchtigende, nach außen mechanisch elastische, in alles eindringende Flüssigkeit, - die Luft.
-
Hegel
,
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1817)
Luft (7) Luft ist der Lebensgeist,
der alle Wesen durchströmt, allen Leben und Bestand verleiht, der alles bindet,
bewegt und erfüllt. Deshalb zählen die hebräischen Lehrer die Luft nicht zu
den Elementen, sondern betrachten sie als ein Medium und Bindemittel, welches
Verschiedenes miteinander verbindet, und als einen Geist, der der Weltmaschine
Stärke verleiht. Denn sie nimmt zunächst die Einflüsse aller Himmelskörper in
sich auf und teilt sie sowohl den Elementen, als den einzelnen, aus den verschiedenen
Elementen bestehenden Naturgegenständen mit. Ebenso nimmt sie die Gestalten
aller sowohl natürlichen, als künstlichen Gegenstände, sowie die Laute jeglicher
Rede wie ein göttlicher Spiegel auf, hält dieselben
fest, führt sie mit sich und indem sie in die Körper der Menschen und Tiere
durch die Poren eintritt, drückt sie ihnen diese Bilder nicht nur im Schlafe,
sondern auch im wachen Zustande ein und gibt auf diese Weise Anlaß zu verschiedenen
wunderbaren Träumen, Ahnungen und Weissagungen. Daraus läßt es sich auch erklären,
warum manche beim Vorübergehen an einer Stelle, auf welcher ein Mensch getötet
wurde, oder wo ein frisch beerdigter Leichnam liegt, von einer plötzlichen Angst
und Beklemmung befallen werden. Die Luft ist nämlich an solchen Stellen voll
von den schrecklichen Bildern des verübten Mordes und
beunruhigt daher, wenn sie daselbst eingeatmet wird, den Geist des Menschen
mit diesen Bildern woraus Furcht und Bangigkeit erfolgt. Alles, was einen plötzlichen,
starken Eindruck gewährt, macht die Natur bestürzt. Viele Philosophen sind der
Ansicht gewesen, die Luft sei die Ursache der Träume und mehrerer anderer Eindrücke
der Seele durch Aufnahme der Bilder oder Gestalten, welche von den verschiedenen
mit der Luft in Berührung kommenden Gegenständen und Reden ausgehen und von
der Luft weitergeführt zu den Sinnen und endlich zur Phantasie
und zur Seele gelangen, welch letztere, wenn sie von
Sorgen frei und fessellos derartige Gestalten begierig erwartet, von ihnen Belehrung
erhält. Denn obgleich die Gestalten der Dinge selbst schon ihrer Natur nach
den Sinnen der Menschen und Tiere sich zeigen, so können sie doch, so lange
sie an der Luft sind, vom Himmel einen gewissen Eindruck erlangen, vermöge dessen
sie auf eine besondere Weise, je nach der Fähigkeit des Aufnehmenden, zu den
Sinnen des einen klarer als zu denen des ändern gelangen. Auf ganz natürliche
Art, ohne allen Aberglauben und ohne die Vermittlung irgendeines Geistes ist
es möglich, daß ein Mensch dem ändern auf jede noch so weite, ja sogar unbekannte
Entfernung in der kürzesten Zeit seine Gedanken mitteilen kann. Wenn auch die
Zeit, innerhalb welcher dieses geschieht, sich nicht genau abmessen läßt, so
braucht man doch dazu in keinem Falle über vierundzwanzig Stunden. Ich verstehe
dieses Kunststück und habe es öfters probiert; auch der Abt Trithelm versteht
dasselbe und hat es einst ausgeübt. Wie gewisse Bilder nicht bloß geistige,
sondern auch natürliche durch einen gewissen Einfluß der Körper von den Dingen
ausströmen, in der Luft sich erhalten und sowohl durch das Licht, als durch
die Bewegung nicht nur zu unserem Gesichte, sondern auch zu unseren übrigen
Sinnen gelangen, sich uns darstellen und bisweilen wunderbare Wirkungen auf
uns hervorbringen, dies beweist und lehrt Plotinus. Wir können auch wahrnehmen,
wie beim Wehen des Südwindes die Luft dünne Wolken bildet, in denen sich wie
in einem Spiegel die Bilder sehr entfernter Schlösser, Berge, Pferde, Menschen
und anderer Dinge reflektieren, aber plötzlich wieder verschwinden, sobald diese
Wolken davonziehen. In seiner Schrift über die Meteore lehrt Aristoteles,
wie die Bildung des Regenbogens in der Luft mit einem
Spiegel gewisse Ähnlichkeit habe. Albertus Magnus sagt: Die Bilder der
Körper können in der feuchten Luft leicht sich ausdrücken, gerade so wie sie
in der Wirklichkeit sind. Aristoteles erzählt den merkwürdigen Fall, daß einem
an Gesichtsschwäche Leidenden die nahe Luft als Spiegel gedient habe und sein
Sehstrahl zu ihm zurückgeworfen wurde, weil er nicht weiterdringen konnte, weshalb
es ihm, wo er auch ging, immer vorkam, als ob sein Bild mit zugewandtem Gesichte
ihm vorausgehe. Es gibt gewisse Spiegel, durch die man in der Luft, auch ziemlich
entfernt von den Spiegeln, beliebige Bilder hervorbringen kann, welche von unerfahrenen
Leuten für Geister oder die Schatten Verstorbener gehalten werden, während es
doch nichts anderes sind, als leere, von Menschen hervorgebrachte, alles Leben
entbehrende Spiegelbilder. Auch ist es eine bekannte
Sache, daß man an einem völlig dunkeln Ort, in welchen nur durch eine sehr kleine
Öffnung ein Sonnenstrahl dringen darf, auf einem in das Licht dieses Strahls
gelegten weißen Papier oder einem flachen Spiegel alles sehen kann, was draußen
im Sonnenlichte vorgeht. Ein noch bewundernswürdigeres Phänomen ist es, wenn
man auf gewisse Art gemalte Bilder oder geschriebene Buchstaben in einer heitern
Nacht den Strahlen des Vollmondes aussetzt. Die Formen solcher Bilder und Buchstaben
vervielfältigen sich alsdann in der Luft, werden aufwärts gezogen und zugleich
mit den Mondesstrahlen so reflektiert, daß ein anderer, der von der Sache weiß,
dieselben gerade in der Mondscheibe lesen und erkennen kann. Diese Kunst, die
ich namentlich für sehr nützlich halte, um belagerten Burgen und Städten geheime
Mitteilungen zu machen, wurde einst von Pythagoras
ausgeübt und ist heute nur noch wenigen, unter anderen auch mir bekannt. -
(nett)
Luft (8)
Nun zur Luft noch ein Wort! Sie ändert sich Stunde für Stunde
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