äule  Als ich von der allgemeinen zur speziellen Prüfung überging, hafteten sich meine Blicke hauptsächlich auf jenes schreckliche Glied, das mir erst vor kurzem so unsägliche Schmerzen bereitet hatte. Aber ach! Es war kaum wiederzuerkennen! Es ruhte schlapp auf einem seiner Schenkel, den Kopf in der Kappe verborgen und schien durchaus unfähig, irgendwelche Grausamkeiten zu begehen. Trotzdem reizte es meine Einbildungskraft so sehr, dass ich die Hand unter meine Röcke führte, um den Unterschied zwischen Jungfrau und Frau zu prüfen. Während ich mit diesem interessanten Examen beschäftigt war, erwachte Charles und fragte mich lächelnd, wie ich geschlafen habe. Dann drückte er mir, ohne eine Antwort abzuwarten, einen heissen Kuss auf meine Lippen und schlug mir die Röcke hoch, um sich an dem Anblick des Kriegsschauplatzes zu weiden. Während er damit beschäftigt war, erhob seine Maschine stolz das Haupt und erschien wieder in ihrem alten Glanze. Er betrachtete sie einen Augenblick wohlgefällig und wollte sie mir dann in die Hand legen. Zuerst hielt mich ein Rest von Scham noch zurück, aber dann wurde der Anreiz zu stark; ich packte errötend die Lanze an und streichelte sie mit ungemeinem Vergnügen. Stelle Dir, meine Teure, eine Säule von weissestem Elfenbein vor, von bläulichen Adern durchzogen und von einem roten Kopf gekrönt, dessen Härte dem Marmor glich, obwohl die Zartheit der Haut fast samtartig war. Unten hing an dem wundervollen Glied jener merkwürdige Beutel, in den die Natur das Glück der Sterblichen eingeschlossen zu haben scheint. Auch an dieses Schatzkästlein führte ich die Hand, indem ich leise die Haare zurückschob, die es beschatteten und fühlte durch eine zarte und durchscheinende Haut hindurch jene beiden köstlichen Kugeln, die einander zu küssen schienen. - John Cleland, Fanny Hill oder Geschichte eines Freudenmädchens

Säule (2)

Säulen (der Schöpfung)

"Säulen der Schöpfung"

- Adler-Nebel, nach Reuters / NASA

Säule (4)  Als ich Schwitters das erstemal in Hannover, seiner Geburts- und Residenzstadt, besuchte, wo er lebte, ehe ihn die Nazis verjagten, zeigte er mir nach sorgsamer psychologischer Vorbereitung sein von ihm am tiefsten geliebtes Werk ,die Schwitterssäule'. Am Ende des Korridors im zweiten Stock des Hauses, das Schwitters geerbt hatte, führte eine Tür in einen nicht zu großen Raum. Im Mittelpunkt dieses Raumes stand eine abstrakte Gipsplastik. Sie füllte zu dieser Zeit ungefähr ein Viertel des Raumes und reichte beinahe bis zur Decke. Sie ähnelte, wenn irgend etwas, das Schwitters machte, irgend einem andern Ding je ähnelte, früheren Plastiken von Domela oder Vantongerloo. Aber hier war es nicht nur einfach eine Plastik, es war ein lebendiges, Tag für Tag sich änderndes Dokument von Schwitters und seinen Freunden. Er erklärte es mir, und ich sah, daß die ganze Plastik ein Kompositum von Höhlen war. Eine Struktur konkaver und konvexer Formen, die die Plastik aushöhlten und aufblähten. Jede dieser Spezialformen hatte einen ,Sinn'. Da war in der Tat eine Mondrian-Höhle, eine Arp-, eine Gabo-, eine Doesburg-, Lissitzky-, Malewitsch-, Mies van der Rohe-, Richter-, Werner-Graeff-Höhle. Eine Höhle für seinen Sohn, für seine Frau. Jede Höhle enthielt sehr persönliche Lebens-Details von allen diesen Leuten. Er schnitt etwas von meinem Haar ab und tat es in meine Höhle. Ein dicker Bleistift, entwendet von Mies van der Rohe's Zeichentisch, war in dessen Raum. Von anderen ein Stück Schuhband, eine halbe gerauchte Zigarette, ein abgeschnittener Fingernagel, ein Stück Schlips [Doesburg], eine zerbrochene Feder. Aber auch sehr merkwürdige und mehr als merkwürdige Dinge, wie zum Beispiel Teile einer Zahnbrücke mit einigen Zähnen daran und sogar eine kleine Flasche mit Urin mit dem Namen des Spenders. All das war in die separaten Löcher hineingestellt, die für die individuellen Posten reserviert waren. Manche von uns hatten mehrere Höhlen, wie sich Schwitters' Geist gerade bewegte ... und die Säule wuchs. Als ich dann drei Jahre später wieder zu ihm kam, war die Säule völlig verändert. Erstens einmal waren all die kleinen Höhlen und Ausbuchtungen, die wir damals .bewohnt' hatten, nicht mehr sichtbar. «Sie sind jetzt alle tief drinnen», erklärte Schwitters. Sie waren in der Tat bedeckt von dem monströsen Wachstum der Säule, bedeckt von anderen plastischen Ausbrüchen, neuen Leuten, neuen Formen, Farben und Details. Eine Vegetation, die niemals aufhört. Und wenn die Säule früher mehr oder weniger konstruktivistisch aussah, so war sie jetzt mehr gekurvt.

Vor allem aber hatte die Säule, da sie überwältigend gewachsen war und noch wuchs, sozusagen die Nähte des Raumes gesprengt. Da Schwitters in der Breite nichts mehr hinzufügen konnte, wenn er noch um sie herumgehen wollte, so mußte er nach oben. Aber da war die Decke!

Schwitters fand daher die 'leichteste' Lösung. Als Besitzer des Hauses kündigte er den Mietern über ihm, durchbrach die Decke und führte die Säule im oberen Stock weiter. Ich sah sie niemals beendet. Tatsache ist, sie wurde nie beendet. Ich verließ Deutschland vor Hitler und hörte von Schwitters nur, als er nach Norwegen kam, gerade einen Schritt vor den Nazis, die seine Verhaftung in Hannover angeordnet hatten. Er begann zwar in Norwegen eine neue Säule und dann, als er dort wegging, eine dritte in England; aber er vergaß den Nazis nie, daß sie sein Lebenswerk zerstört hatten, das Werk, mit dem er sich selbst identifizierte, mehr als mit irgendeinem anderen, das im wahrsten Sinne des Wortes körperlich und geistig mit ihm durch alle Epochen seines Lebens gewachsen war.

In der Korrespondenz, die er von England aus mit mir führte, bestand er darauf, niemals mehr ein Wort in Deutsch zu schreiben oder zu sprechen. - Hans Richter, Dada-Profile. Zürich 1961

Säule (4)    Aleph ist bekanntlich der erste Buchstabe des Alphabets der heiligen Sprache. Seine Anwendung auf die Scheibe in meiner Geschichte scheint kein Zufall zu sein. Für die Kabbala bezeichnet dieser Buchstabe das En Soph, die unbegrenzte und lautere Göttlichkeit; auch wurde gesagt, daß das Aleph die Gestalt eines Menschen habe, der auf den Himmel und die Erde zeigt um anzudeuten, daß die untere Welt Spiegel und Kartenbild der oberen sei; in der Mengenlehre ist es das Zeichen für die transfiniten Zahlen, bei denen das Ganze nicht größer ist als eines seiner Teile. Ich möchte wissen: Hat Carlos Argentino diesen Namen erwählt, oder hat er ihn gelesen, in bezug auf einen anderen Punkt, in dem alle Punkte zusammentreffen, in einem der zahllosen Texte, die das Aleph seines Hauses ihm enthüllte? So unglaublich die Sache erscheinen mag; ich glaube, daß es ein anderes Aleph gibt (oder gab), ich glaube, daß das Aleph in der Calle Garay ein falsches Aleph war.

Und zwar aus folgenden Gründen. Um das Jahr 1867 hatte Hauptmann Burton in Brasilien das Amt eines britischen Konsuls inne; im Juli 1942 entdeckte Pedro Henriquez Urena in einer Bibliothek von Santos ein Manuskript von ihm, das von dem Spiegel handelt, den der Orient Iskandar Zul-Karnayn oder Alexander Bicornis von Makedonien zuschreibt. In seinem Kristall spiegelte sich das gesamte Universum. Burton erwähnt andere ähnlich geartete Geräte: den siebenfachen Kelch von Kai Khosru, den Spiegel, denTarik Ibn Ziyad in einem Turm fand (1001 Nacht, 272), den Spiegel, den Lukian von Samosata auf dem Mond untersuchen konnte (Wahre Geschichte, I. 26), die Spiegellanze, die das erste Buch des Satyricon von Capella dem Jupiter zuschreibt, Merlins Weltenspiegel, »rund und hohl und gleich einer Welt aus Glas« (The Faerie Queene, III, 2, 19) — und er fügt die folgenden merkwürdigen Worte hinzu: »Die vorstehend erwähnten jedoch (ganz abgesehen von dem Mangel, daß es sie nicht gibt) sind lediglich optische Instrumente. Die Gläubigen, die sich zu Kairo in der Amr-Moschee versammeln, wissen ganz genau, daß das Universum im Innern einer der Steinsäulen ist, die den Mittelhof umgeben ... Natürlich kann niemand sie sehen; aber wer das Ohr an ihre Oberfläche legt, erklärt, daß er alsbald ihr geschäftiges Brausen hört... Die Moschee stammt aus dem siebten Jahrhundert; die Säulen kommen aus anderen Tempeln vorislamischer Religionen, denn, wie bei Ibn Khaldun zu lesen steht: >In von Nomaden gegründeten Gemeinwesen ist bei allem, was mit Maurerhandwerk zu tun hat, die Mitwirkung von Fremden unentbehrlich.«  - Jorge Luis Borges, Das Aleph. In (bo3)

Säule (5)

 

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