useumsbesuch  Es geschah bei Tag, in einem Museum einer fremden Großstadt. Sie war ihren Begleitern in einen kleinen Raum vorausgegangen, der irgendein berühmtes Kunstwerk barg und in dem sich zu diesem Zeitpunkt zwei weitere Personen aufhielten. Die eine war der alte Museumswärter; die andere hielt sie, bevor sie sie näher betrachtete, für einen Fremden, einen Touristen. Sie hatte lediglich Kenntnis genommen, daß er barhäuptig war und auf einer Bank saß. In dem Moment jedoch, in dem ihre Augen auf ihn zu ruhen kamen, gewahrte sie zu ihrer Verwunderung den eigenen Vater, der sie mit eigentümlich gequältem Blick ansah, als hätte er seit langem auf sie gewartet, mit einer Ungeduld, die an Vorwurf grenzte. Mit dem Entsetzensschrei: «Papa, was ist mit dir?» stürzte sie auf ihn zu, aber es folgte ein noch lebhafterer Gefühlsausbruch, als er auf ihre Regung hin einfach verschwand und sie in Gesellschaft des Wärters und ihrer Verwandten zurückließ, die ihr auf dem Fuß gefolgt waren und sich bestürzt um sie scharten. Diese Personen, der Angestellte, die Tante, die Cousinen waren daher in gewisser Weise Zeugen des Tatbestandes — zumindest des Tatbestandes ihrer tiefen Ergriffenheit durch denselben; und es gab weiterhin die Zeugenaussage eines Arztes, der ein weibliches Gruppenmitglied behandelte und so unmittelbar davon erfuhr. Er verabreichte ihr ein Mittel gegen Hysterie, bemerkte aber im Vertrauen zu der Tante: «Warten Sie ab, ob sich nicht doch zu Hause noch etwas ereignet.» Es hatte sich etwas ereignet — der arme Vater, von plötzlicher Krankheit dahingerafft, war an jenem Morgen gestorben. Die Tante, die Schwester der Mutter, erhielt noch vor Tagesende ein Telegramm, das die Kunde von dem Ereignis brachte und die Bitte an sie enthielt, ihre Nichte darauf vorzubereiten. Die Nichte war bereits darauf vorbereitet.   - Henry James, Die Freunde der Freunde. Stuttgart 1983. Die Bibliothek von Babel Bd. 11, Hg. Jorge Luis Borges

Museumsbesuch (2)  Henri, ein Freund namens Fred und ich schlüpften am hinteren Ende eines großen Saals in der städtischen Sammlung moderner Kunst einmal durch eine ausnahmsweise angelehnte Tür in eine winzige Kammer, die wohl als provisorischer Abstellraum diente. Wir wagten uns nicht sehr viel weiter vor. Der Raum war voll gestopft, wir waren kurz entschlossen, dachten nicht lange nach. Während ich den einen lutschte und der andere mich vögelte, sah ich den Streifen Sonnenlicht auf dem Boden, wo wir die Tür angelehnt gelassen hatten. Nach einigen Minuten tauschten sie die Plätze. Beide kamen, der eine in meine Möse, der andere in meinen Mund. Ich weiß nicht mehr, welcher von beiden immer wieder seinen Schwanz ruhig hielt und meinen Schoß rieb. Das ermutigte mich, es selbst zu tun, und ich hatte einen Orgasmus, während der abschwellende Schwanz immer noch in meiner Möse war und der andere, dessen Sahne ich geschluckt hatte, sich zurückzog und mich von einem Haltepunkt befreite, damit ich besser zu meinem Vergnügen kam. Das löste eine kleine Diskussion über meine Art zu masturbieren aus. Ich dachte, ich würde ihnen etwas Neues erzählen, als ich erklärte, dass ich unter weniger prekären Umständen zwei oder drei Orgasmen hintereinander haben könnte. Sie machten sich über mich lustig. Das wäre doch ganz normal bei Frauen, meinten sie, während wir unsere Hemden wieder in die Hosen stopften. Als wir wieder durch die Tür traten, war es im Museum so still wie vorher auch, und wir setzten unseren Besuch fort.  - Catherine Millet, Das sexuelle Leben der Catherine M. München 2001

Museumsbesuch (3)   Die Scherben eines gläsernen, gelben Lampions klirrten auf die Stimme eines Frauenzimmers: wollen Sie den Geist Ihrer Mutter sehen? Das haltlose Licht tropfte auf die zartmarkierte Glatze eines jungen Mannes, der ängstlich abbog, dem Überlegen über die Zusammensetzungen seiner Person vorzubeugen. Er wandte sich ab von der Bude der verzerrenden Spiegel, die mehr zu Betrachtungen anregen als die Worte von fünfzehn Professoren. Er wandte sich ab vom Zirkus zur aufgehobenen Schwerkraft, wiewohl er lächelnd einsah, so die Lösung seines Lebens zu versäumen. Das Theater zur stummen Ekstase mied er mit stolz geneigtem Haupt: Ekstase ist unanständig, Ekstase blamiert unser Können, und ging schauernd in das Museum zur billigen Erstarrnis, an dessen Kasse eine breite verschwimmende Dame nackt saß. Sie trug einen ausladenden gelben Federhut, smaragäfarbene Strümpfe, deren Bänder bis zu den Achselhöhlen liefen und den Körper mit sparsamen Arabesken schmückten. Von ihren Seehundhänden starrten rote Rubinen senkrecht: »Abend, den Bebuquin.«

Bebuquin betrat einen mühsam erleuchteten Raum, wo eine Puppe, dick, rot geschminkt, gemalte Brauen, stand, die seit ihrer Existenz einen Kuß warf. Erfreut über das Unkünstlerische setzte er sich wenige Schritte der Puppe entfernt. Der junge Mann wußte nicht, was ihn in das Banale zog. Hier fand er eine stille, freundliche Schmerzlosigkeit, die ihm jedoch gleichgültig war. Was ihn immer anzog, war der merkwürdige Umstand, daß ihn dies ruhig konventionelle Lächeln bewußtlos machen konnte. Ihn empörte die Ruhe alles Leblosen, da er noch nicht in dem nötigen Maße abgestorben war, um für einen angenehmen Menschen gelten zu können. Er schrie die Puppe an, beschimpfte sie und warf sie von ihrem Stuhl vor die Tür, wo die dicke Dame sie besorgt aufhob. Er wand sich in der leeren Stube:

»Ich will nicht eine Kopie, keine Beeinflussung. Ich will mich, aus meiner Seele muß etwas ganz Eigenes kommen, und wenn es Löcher in private Luft sind. Ich kann nichts mit den Dingen anfangen, ein Ding verpflichtet zu allen Dingen. Es steht im Strom, und furchtbar ist die Unendlichkeit eines Punktes.«

Die dicke Dame, Fräulein Euphemia, kam und bat, fortzusetzen, da ein dicker Herr ihn anfuhr:

»Jüngling, beschäftigen Sie sich mit angewandten Wissenschaften. «

Peinlich ging ihm das Talglicht eines Verstehens auf, daß er, in Erwartung eines Schauspiels, einem anderen zum Theater gedient hatte: Er schrie auf: »Ich bin ein Spiegel, eine unbewegte, von Gaslaternen glitzernde Pfütze, die spiegelt. Aber hat ein Spiegel sich je gespiegelt?«

Mitleidig blickte ihn der Korpulente an. Er hatte einen kleinen Kopf, eine silberne Hirnschale mit wundervoll ziselierten Ornamenten, worin feine glitzernde Edelsteinplatten eingelassen waren. Giorgio wollte entweichen; Nebukadnezar Böhm schrie ihn wutvoll an:

»Was springen Sie in meiner Atmosphäre herum, Unmensch?«

»Verzeihung, mein Herr, Ihre Atmosphäre ist ein Produkt von Faktoren, die m keiner Beziehung zu Ihnen stehen.«

»Wenn auch«, erwiderte liebenswürdig Nebukadnezar, »es ist eine Machtfrage, eine Sache der Benennung, der Selbsthypnose.« - (beb)

 

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