- Tommaso Campanella, Der Sonnenstaat. In: Der utopische Staat. Hg.
Klaus J. Heinisch. Reinbek b. Hamburg 1970 (zuerst ca. 1602)
Gattenwahl (2) Es gibt ja Ehemänner, die so häßlich, so dumm, solche Tröpfe und Maulaffen, solche Feiglinge und Kujone, so widerwärtig und geringwertig sind, daß ihre Frauen lieber gar keine Kinder von ihnen haben wollen, wenn sie ihnen gleichen.
Ich kannte verschiedene Damen, die Kinder von solchen Männern hatten; sie waren genauso wie ihre Väter; waren's aber Pfänder ihrer Freunde, so übertrafen sie ihre Väter, Brüder und Schwestern in allen Dingen.
Auch haben manche Philosophen, die darüber handelten, stets daran festgehalten, daß die dermaßen empfangenen oder gestohlenen oder geheim und unversehens gemachten Kinder weit feiner sind, eine weit nettere Art haben, in der sie gewandter und wohlgeratener aufwachsen als jene, die schwerfällig, plump, matt, mit Muße und sozusagen in halbem Schlummer gezeugt wurden, indem man nur an viehischen Genuß denkt. Auch hörte ich von Gestütsmeistern der Könige und großen Herren sagen, sie hätten es oft die besten Pferde werden sehen, die ihre Mütter unversehens wegbekommen hätten, gegen andere, die dem Experimentieren der Gestütsherren mit bestimmten Zuchthengsten ihre Entstehung verdankten: geradeso ist es mit den Menschen.
Wie viele Damen sah ich doch, die die schönsten, ehrbarsten und wackersten Kinder zur Welt gebracht hatten; hätten ihre angeblichen Väter sie gemacht, sie wären wahrhaftige Kälber und das reine Vieh geworden.
Daher ist es von den Frauen sehr umsichtig, wenn sie sich zur Erzeugung guter
Rassen mit guten und schönen Zuchthengsten versorgen. Aber ich habe auch sehr
viel solche gesehen, die schöne Ehemänner hatten und sich mit häßlichen Freunden
und gemeinen Beschälern versahen, woraus eine scheußliche und elende Nachkommenschaft
auf die Welt kam. Das ist eine der ausgemachtesten Annehmlichkeiten und Unannehmlichkeiten
der Hahnreischaft.-
(
brant
)
Gattenwahl (3)
Wahl meiner künftigen Gattin Vivat, wer ohn' allen Eckel, Nicht weiß wie Milch und Blut, gepudert und frisiert, Mich reizt kein braunes Haar, in Locken sanft gewunden, Nicht schalkhaft lächelnde, nicht große blaue Augen, Nicht griechisch, nicht antik, von Phideas gerissen Ein langes Ohr, aus dem ein Strom von Unrat fließt, Ein schiefes Maul, verbaut mit platten Lippen, Es krön' ein Hasenschart den Quell von faulen Düften, Es gleiche jeder Zahn verbrannten Palisaden, Ein Hals, geschickt um die Anatomie zu lehren, Ein schlaffer Bach gehängt auf zweien spitzen Hüften, Der Sitz des Schreckens sei die ungeheure Votze, Stets muß ein dicker Schleim aus dieser Quelle träufen, Zwei eingebogne Knie mit krummen Säbelbeinen, So soll die Gattin sein, die ich mir einst erwähle, Und soll sie vollends gar mein ganzes Herz besiegen, Werd ich dies Urbild einst, auf dieser Runde finden, Sie träumten Engel sich, und fanden doch mit Schrecken, |
- Friedrich Leopold Graf zu Stolberg, nach: Dein Leib ist mein Gedicht. Deutsche erotische
Lyrik aus fünf Jahrhunderten. Hg. Heinz Ludwig Arnold, Frankfurt am Main
u.a. 1973
(Ullstein 2934)
Gattenwahl (4) Als mir der Dialekt der Mikrozephalen einigermaßen vertraut geworden war, begann ich Wurmflug klarzumachen, daß er und seine Untertanen mir allein ihre stürmische Entwicklung verdankten. Das brauchte seine Zeit, doch kaum schien es bei ihm zu dämmern, da wurde er bedauernswerterweise von seinem Vetter Klethops vergiftet. Dem gelang es, die einander befehdenden Wald- und Wiesen-Mikrozephalen zu vereinen, indem er die Priesterin des Waldstammes, Mastosymase, zum Weibe nahm.
Als Mastosymase mich beim Hochzeitsmahl erblickte (ich war Voresser- Klethops hatte dieses Amt eingeführt), brach sie in den freudigen Ruf aus: »Hast du aber eine süße weiße Haut!« Das erfüllte mich mit bösen Ahnungen, die sich bald verwirklichen sollten. Mastosymase erwürgte ihren Gatten im Schlaf und ehelichte mich sozusagen zur linken Hand. Nun versuchte ich ihr meine Verdienste um das Geschlecht der Mikrozephalen klarzumachen, aber sie faßte das falsch auf, denn schon nach meinen ersten Worten zeterte sie: »Aha, du hast mich satt!«, und es bedurfte einer langen Zeit, sie wieder zu besänftigen.
Bei der nächsten Palastrevolution kam Mastosymase ums Leben, mir selbst gelang
es, durch einen Sprung aus dem Fenster zu entwischen. - (
lem
)
Gattenwahl (5) Nein, keine Frauen mehr. Man konnte ihnen nicht trauen. Nicht einer. Ein Mann sollte sich allein gehören, nicht irgendeiner selbstzufriedenen Bärenführerin. Dr. Bickleigh hatte endlich gefunden, was er all die letzten Jahre hindurch gesucht hatte: das Mädchen, das er wirklich hätte heiraten sollen. Nämlich gar kein Mädchen.
Gott sei Dank für die Freiheit, dachte er und trank deren Geist mit einem
Schluck seines teuren Portweins zu. - Francis Iles, Vorsätzlich.
München o. J. (Goldmann 3059, zuerst 1931)
Gattenwahl (6)
Es ist schwer, die kaum sichtbaren Ursachen eines Gefühls bloßzulegen,
das später so heftig werden sollte. Ich bin überzeugt, daß mir der sogenannte
coup de foudre für Ada gefehlt hat. Dieser
Blitzschlag wurde jedoch durch einen elementaren Gedanken, der mich augenblicks
überfiel, vollkommen ersetzt; ich war überzeugt, daß Ada diejenige war, die
ich brauchte und die mich über die heilige Monogamie
zur moralischen und physischen Gesundheit führen
mußte. Wenn ich mich daran erinnere, so staune ich doch darüber, daß mir der
Blitzschlag eigentlich gefehlt hat und eine gedankliche Überzeugung an seine
Stelle trat. Aber man weiß, daß wir Männer die Ehefrau nicht auf dieselben Eigenschaften
untersuchen, die wir an der Geliebten bewundern oder verabscheuen. Es scheint
somit, daß ich die unbeschreibliche Schönheit und Anmut Adas nicht auf den ersten
Blick bemerkt habe, sondern zunächst von anderen Eigenschaften, Ernst und Energie
(in milderer Form die Eigenschaften, die ich an ihrem Vater liebte und daher
auch ihr ohne weiteres zuschrieb), fasziniert wurde. Wenn ich auch heute noch
glaube, daß Ada diese Eigenschaften schon als Mädchen besaß, so darf ich mich
zwar für einen guten, aber dennoch in irgendeiner Hinsicht mit Blindheit geschlagenen
Beobachter halten. Jenes erste Mal betrachtete ich Ada mit dem alleinigen Wunsch,
mich in sie zu verlieben. Das war der einzige Weg, wenn ich sie heiraten wollte.
Ich begann das Unternehmen mit derselben Energie, mit der ich alle meine hygienischen
Übungen betreibe. -
(cos)
Gattenwahl (7)
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