astard  Herzog Ludwig von Orléans (ein großer Verführer der Hofdamen und stets der höchsten), der an der Porte Barbette zu Paris ermordet wurde, tat genau das Gegenteil; es lag einmal eine sehr schöne und große Dame bei ihm, als ihr Gatte in sein Zimmer trat, um ihn zu begrüßen; er verhüllte schnell den Kopf der Dame, die des andern war, mit dem Laken und entblößte ihm den ganzen Körper, den er dem andern ganz nackt zeigte und nach Belieben berühren ließ, mit ausdrücklichem Verbot, bei seinem Leben nicht das Laken über dem Gesicht wegzuziehen oder abzunehmen, dem der Besucher nicht zuwiderzuhandeln wagte; Herzog Ludwig fragte ihn mehrmals, was ihn um diesen schönen ganz nackten Körper bedünke: der andere wurde darüber ganz rasend und entzückt. Der Herzog verabschiedete ihn endlich aus der Kammer, und er ging, ohne je erkannt zu haben, daß es seine Frau war.

Hätte er sich die Nacktheit seiner Frau besser betrachtet, wie ich es öfter machte, hätte er sie möglicherweise an verschiedenen Merkmalen wiedererkannt; man tut also gut daran, den Körper seiner Frau zuweilen in Augenschein zu nehmen.

Nach dem Weggang ihres Gemahls wurde sie vom Herzog von Orléans gefragt, ob sie Angst und Furcht gehabt habe. Es kann sich nun jeder denken, was sie dazu sagte, und sich den Schreck und die Bestürzung vorstellen, in der sie eine Viertelstunde lang schwebte; denn es bedurfte nur einer kleinen Indiskretion oder des geringsten Ungehorsams, wenn er das Laken lüftete; freilich, der Herzog sagte, er hätte ihren Mann sofort getötet, um ihn zu hindern, ihr ein Leid anzutun.

Das beste war nun, daß dieser Ehemann, als er in der Nacht darauf bei seiner Frau lag, ihr sagte, der Herzog von Orléans hätte ihm die schönste nackte Frau gezeigt, die er je gesehen hätte, was aber das Gesicht anlange, wisse er nichts zu berichten, da es ihm verboten war, es anzusehen. Es kann sich jeder vorstellen, was seine Frau darüber bei sich dachte.

Aus dieser vornehmen Dame und dem Herzog von Orléans soll jener tapfere und kühne Bastard von Orléans entsprungen sein, die Stütze Frankreichs und die Geißel Englands, der seinerseits die vornehme und adlige Rasse der Grafen von Dunois zeugte.   - (brant)

Bastard (2)  Hat jemals ein Schurke die öffentliche Meinung, das Blut der Menschen und die Ehre der Frauen so sehr mißachtet wie dieser Bernhard von Galen, Bischof von Münster, der sich mal von den Holländern gegen seine Nachbarn, mal von Ludwig XIV. gegen die Holländer dingen ließ? Sein ganzes Leben schwelgte er in Blut und Wein. Wie ein brünstiges und reißendes Tier begab er sich vom Bett seiner Konkubinen zu den Blut- und Mordstätten. Das dumme Volk jedoch kniete vor ihm nieder und empfing demütig seinen Segen.

Ich habe einen seiner Bastarde gekannt, der trotz seiner Herkunft Mittel und Wege fand, Kanonikus an einer Stiftskirche zu werden; er war noch schlimmer als sein Vater, viel ausschweifender und viel zügelloser; ich weiß, daß er eine seiner Mätressen ermordete.  - (vol)

Bastard (3)  

EDMUND   
Natur, du meine Göttin! Deiner Satzung
Gehorch ich einzig. Weshalb sollt ich dulden
Feindseliger Sitte Ungunst und gestatten,
Daß mich der Völker enger Sinn enterbt,
Weil ich ein zwölf, ein vierzehn Mond erschien
Nach einem Bruder? - Was Bastard, weshalb unecht,
Wenn meiner Glieder Maß so stark gefügt,
Mein Sinn so kühn, so adlig meine Züge,
Als einer ehrbarn Gattin Frucht? Warum
Mit unecht uns brandmarken? Bastard? Unecht?
Uns, die im heißen Diebstahl der Natur
Mehr Stoff empfahn und kräftgern Feuergeist,
Als in dem dumpfen, trägen, schalen Bett
Verwandt wird auf ein ganzes Heer von Tröpfen,
Halb zwischen Schlaf gezeugt und Wachen? Drum,
Echtbürtiger Edgar, mein wird noch dein Land!
Des Vaters Liebe hat der Bastard Edmund
Wie der Echtbürtige. Schönes Wort: echtbürtig!
Wohl, mein Echtbürtiger, wenn dies Brieflein wirkt
Und mein Erfinden glückt, stürzt den Echtbürtgen
Der Bastard Edmund. Ich gedeih, ich wachse!
Nun, Götter, schirmt Bastarde!

- Shakespeare, König Lear

Bastarde (4)  Schwer nur löste Perrudja sich aus der Umklammerung jener Wirklichkeit, die jahrtausendelang für jedermann gültig gewesen, und die im Rationalen unterbaut war durch die beispiellos große kasuistische Literatur der Geburtsomina in Alt-Babylon; zu schweigen von den gehäuften Zeichen aus den Gebieten des Irrationalen. Wie sie noch jetzt existent in Träumen und für Irre (nach dem Spruch der ändern), die nicht länger auf dem Kreuz der vier Richtungen, die da heißen: positiv, negativ, rational, irrational, mit der großen Null im Schnittpunkt, sich frei bewegen können.

Vom Weibe geboren.
Sie nennen den Vater nicht.
Der Ungeliebte ist betrogen. Es wird nicht verraten, wer ungeliebt.
Vom Weibe geboren. Ich. Du. Wir.
Krüppel. Lahme. Hinkende. Blinde. Taube. Blöde.
Kinder mit mißgebildetem Mund. Kinder mit mißgebildeten Lippen. •Kinder mit mißgebildeter Nase. Kinder mit mißgebildeten Ohren. Kinder mit mißgebildetem Kiefer. Kinder mit mißgebildeten Armen. Kinder mit mißgebildeten Händen. Kinder mit mißgebildeten Fingern. Kinder mit mißgebildeten Hüften. Kinder mit mißgebildeten Beinen. Kinder mit mißgebildeten Füßen. Kinder mit mißgebildeten Zehen. Kinder mit mißgebildetem After. Kinder mit mißgebildeten Genitalien. Kinder mit verfärbter Haut. Kinder mit verwucherter Haut. Kinder mit verkümmerten Zähnen. Kinder behaart wie ein Tier. Kinder bebartet wie Erwachsene. Fünf Monate getragen. Sechs Monate getragen. Sieben Monate getragen. Acht Monate getragen. Neun Monate getragen. Zehn Monate getragen. Elf Monate getragen. Zwölf Monate getragen. Dreizehn Monate getragen. Vierzehn Monate getragen. Auf ewig versteint im Schöße der Mutter. Menschenleiber mit Tierköpfen. Vierbeinig, zweibeinig. Tauben. Adler. Krähen. Schafe. Pferde. Ziegen. Kühe. Schweine. Esel. Löwen. Vom Weibe geboren.  - Hans Henny Jahnn, Perrudja. Frankfurt am Main 1966 (zuerst 1929)

Bastarde (5)   Der Mund stand bleich, schmal, zuckend. Er öffnete sich und begann zu reden. Ohne Erregung. Ohne den Willen des Menschen. Wie von Träumen genährt. »Ich bin ein Bastard. Treibt man Esel und Pferde in Liebe zusammen, so werden Bastarde geboren. Löwe und Tigerin können sich paaren. Viele der Ungleichen können sich paaren. Die Kinder aber, die geboren werden, sind nicht Löwe oder Tiger, nicht Panther oder Puma, nicht Zebra oder Pferd, nicht Forelle oder Lachs. Sie sind halb Löwe, halb Tiger. Geschlecht der Hippokampen. Sie sind ein Neues, an dem sich gewiß ein Schöpfer freut. Sie sind das auserwählt Fremde, das keiner begreift. Ihre Existenz ist sehr einsam. Ihre Liebe ist ohne Grund. Da, wo sie meinen, alles in ihnen neigt zum Tiger, lauert der Löwe. Sie selber halten es für Tiger; aber es bedeutet Löwe. Sie werden von den glühenden Augen eines ungespaltenen Geschlechtes angefallen. Sie fühlen tausend brennende Augen von Löwen auf sich gerichtet. In ihrem Blut schlagen sich die Lider auf, an einem Tage, da sie es nicht erwartet hatten. Sie wollten springen, es war ihr Wunsch. Aber ihre Sehnen gaben den Befehl, daß sie am Boden schlichen. Sie liefen einer Tigerin nach; aber es war der Geruch von Löwen in ihrer Nase. Darum gerieten sie in die Pranken von Tigerinnen, die sie zerfleischten und entstellten. Und sie wehrten sich nicht, obwohl ihr Wunsch es wollte. Und sie begatteten sich nicht, obgleich ihre Triebe das Verlangen hatten. Sie sahen sich ausgestoßen. Und strebten doch in zwei königliche Familien hinein. - Das sind Beispiele. Solange ich Löwe und Tiger sage, Esel und Pferd, Forelle und Lachs, höre ich den Wind über die Heide gehen mit leisen Tönen. - Hans Henny Jahnn, Perrudja. Frankfurt am Main 1966 (zuerst 1929)

Fruchtbarkeit, außereheliche Abstammung
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Bankert