Das sei äußerst belustigend, sagte der Teufel. Ging
nun ein guter, frommer Gedanke durch einen Menschen, dann kam ein Grinsen
in den Spiegel, so daß der Teufel über seine kunstvolle Erfindung lachen
mußte. Alle, die in die Koboldschule gingen, denn er hielt Koboldschule
ab, erzählten ringsum her, daß ein Wunder geschehen sei; nun könne man
erst sehen, meinten sie, wie die Welt und die Menschen wirklich aussähen.
Sie liefen mit dem Spiegel umher, und zuletzt gab es kein Land oder keinen
Menschen mehr, der nicht verdreht darin gesehen wurde. Nun wollten sie
auch zum Himmel selbst hinauffliegen, um Sich über die Engel und den lieben
Gott lustig zu machen. Je höher sie mit dem Spiegel flogen, um so mehr
grinste er, sie konnten ihn kaum festhalten, sie flogen höher und höher,
Gott und den Engeln näher; da erzitterte der Spiegel so fürchterlich in
seinem Grinsen, daß er ihnen aus den Händen fiel und zur Erde stürzte,
wo er in hundert Millionen, Billionen und noch mehr Stücke ging. Und da
gerade richtete er viel größeres Unglück an als zuvor, denn einige Stücke
waren kaum so groß wie ein Sandkorn, und diese flogen ringsumher In der
weiten Welt, und wo sie den Leuten ins Auge kamen, da blieben sie sitzen,
und da sahen die Menschen alles verkehrt oder hatten nur Augen für das,
was an einer Sache verkehrt war, denn jede kleine Spiegelscherbe hatte
dieselben Kräfte behalten, die der ganze Spiegel besessen hatte. Einige
Menschen bekamen sogar eine kleine Spiegelscherbe ins Herz,
und dann war es ganz entsetzlich, das Herz wurde genau wie ein Klumpen
Eis. Einige Spiegelscherben waren so groß, daß sie zu Fensterscheiben gebraucht
wurden, aber es war nicht gut, durch diese Scheiben seine Freunde
anzusehen; andere Stücke kamen in Brillen, und
wenn die Leute diese Brillen aufsetzten, ging es schwer, recht zu sehen
und gerecht zu sein; der Böse lachte, daß ihm der Bauch
wackelte und das kitzelte ihn so schön. -
(
and
)
Verdrehung (2) Nicht Gott ist es, der mich zu reden zwingt, sondern Klonz. Ich dachte immer, es wäre besser, ihn zu übersehen, als ihm ihm durch zu viel Beachtung noch größere Wichtigkeit beizumessen. Wir reden ja auch über die Notdurft unseres Leibes nur, wir krank sind, und auch dann nur in schonenden Ausdrücken. Auch gibt es noch manche Tiere und Pflanzen, die unser Auge beleidigen, weil sie sich nackt und böse geben und uns an einen Zustand erinnern, in den wir zurückfallen können, wir nicht wachsam sind.
Wenn aber unser Kot sich gegen uns erhebt und behauptet: Ich bin das Ewige und du bist nur eine Hülse, die nicht mehr gebraucht wird, nachdem ich sie verließ?
Das ist es: Klonz, den wir duldeten, rächt sich und geht zum Angriff über. Die Ruhr, die uns schwächt, macht ihn stark. Er wird fett, weil wir verhungern.
Noch aber haßt er uns. Laßt uns daraus Hoffnung schöpfen, daß wir ihm überlegen
sind, ohne es selbst zu wissen. - Hans Erich Nossack, Klonz.
In: Ders., Die Erzählungen. Frankfurt am Main 1987 (zuerst 1948)
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