umie

ich bin die liebe mumie
und aus ägypten kumm i e,
o kindlein treibt es nicht zu arg,
sonst steig ich aus dem sarkopharg,
hol euch ins pyramidenland,
eilf meter unterm Wüstensand,
da habe ich mein trautes heim,
es ist mir süß wie honigseim,
dort, unter heißen winden,
wird keiner euch mehr finden.
o lauschet nur, mit trip und trap
husch ich die treppen auf und ab,
und hört ihrs einmal pochen,
so ists mein daumenknochen
an eurer zimmertür
o kindlein, seht euch für!

- (artm)

Mumie (2) Madame Gaillard, obwohl noch keine dreißig Jahre alt, hatte das Leben schon hinter sich. Äußerlich sah sie so alt aus, wie es ihrem wirklichen Alter entsprach, und zugleich doppelt und dreimal und hundertmal so alt, nämlich wie die Mumie eines Mädchens; innerlich aber war sie längst tot. Als Kind hatte sie von ihrem Vater einen Schlag mit dem Feuerhaken über die Stirn bekommen, knapp oberhalb der Nasenwurzel, und seither den Geruchssinn verloren und jedes Gefühl für menschliche Wärme und menschliche Kälte und überhaupt jede Leidenschaft. Zärtlichkeit war ihr mit diesem einen Schlag ebenso fremd geworden wie Abscheu, Freude so fremd wie Verzweiflung. Sie empfand nichts, als sie später ein Mann beschlief, und ebenso nichts, als sie ihre Kinder gebar. Sie trauerte nicht über die, die ihr starben, und freute sich nicht an denen, die ihr blieben. Als ihr Mann sie prügelte, zuckte sie nicht, und sie verspürte keine Erleichterung, als er im Hôtel-Dieu an der Cholera starb. Die zwei einzigen Sensationen, die sie kannte, waren eine ganz leichte Gemütsverdüsterung, wenn die monatliche Migräne nahte, und eine ganz leichte Gemütsaufhellung, wenn die Migräne wieder wich. Sonst spürte diese abgestorbene Frau nichts. - Patrick Süskind, Das Parfüm. Die Geschichte eines Mörders. Zürich 1985

Mumie (3)  Es ist an der Zeit, einiges über Mumien zu sagen. Das Wort ist vieldeutig, was klar wird, wenn man die Bemerkung des schon einmal erwähnten arabischen Reisenden Abd-el-Latif aus dem 12. Jahrhundert liest, daß in Ägypten «Mumie» zu medizinischen Zwecken billig verkauft werde, Mumiya oder Mumiyai ist ein arabisches Wort und bezeichnet im Sinn Abd-el-Latifs entweder Asphalt oder «Judenpech» oder die natürliche Ausschwitzung der Felsen, wie sie aus dem Mumienberg in Derabgerd in Persien gewonnen wurde. Ein «Gemisch aus Pech und Myrrhen» nannte der arabische Reisende die Mumie - und noch im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert wurde in Europa ein schwungvoller Handel damit getrieben, ja, noch im vorigen Jahrhundert verkaufte der Apotheker «Mumie» als Heilmittel gegen Brüche und Wunden. Schließlich ist Mumie auch Haar und Fingernagel, abgeschnitten vom Lebendigen; ist Teil des Menschen, der fürs Ganze gilt und deshalb ansprechbar ist für Beschwörung und Verhexung. - C. W. Ceram, Götter Gräber und Gelehrte. Reinbek bei Hamburg 2000 (zuerst 1949)

Mumie (4)

- mummypages

Mumie (5)

Drei Mumien, drei Mumien,
die liegen in meinem Grab.
Da kommt der junge ROBERT
und schleppt sie ab.

»Oh ROBBERTY, oh ROBBERTA,
laß du uns Mumien sein,
sonst ent-mumifiziern wir uns
und hacken dich klein!«

»Ihr Mumien in dem Grabe drin,
das macht mir gar nichts aus,
wenn ihr mich nämlich in Stücke hackt,
werden lauter kleine entmumifizierte Mumien draus!«

 - Diter Rot, nach: Daniel Spoerri u. a., Anekdoten zu einer Topographie des Zufalls. Neuwied und Berlin 1968

Mumie (6)   Der Tod als Schauspiel stößt mich ab und fasziniert mich zugleich. Die Mumien von Guanajuato in Mexiko, die sich dank der besonderen Eigenschaften des Bodens auf einer Art Friedhof erstaunlich gut erhalten haben, machten mir einen tiefen Eindruck. Man sieht die Krawatten, die Knöpfe, das Schwarze unter den Fingernägeln, und es kommt einem vor, als könnte man einen Freund besuchen, der schon fünfzig Jahre tot ist.

Einer meiner Jugendfreunde, Ernesto García, war der Sohn des Verwalters des Friedhofs von Saragossa, auf dem viele Leichen in Mauernischen bestattet waren. Eines Morgens, um 1920, machten Arbeiter einige Nischen frei, um neuen Platz zu schaffen. Ernesto sah, wie das Skelett einer Nonne, an dem noch Fetzen ihrer Tracht hingen, und das eines Zigeuners mit seinem Stock zusammen über den Boden rollten und eng umschlungen liegen blieben.  -  Luis Buñuel, Mein letzter Seufzer. Berlin, Wien, Frankfurt am Main 1985


Leiche Einbalsamierung Ägypten Präparator

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