usschwitzen
Einer, der Schlayer hieß, war Reisender, und den
mochten sie nicht. So ein Rotschopfiger aus Nürnberg. Aber diesem
Schlayer brauchte Eugen nicht auszuweichen, weil der ihm auch
nicht in die Quere kam; es hätte ja auch keinen Sinn gehabt,
sich hier mit einem andern anzulegen. Obwohl es sonderbar mit
Schlayer stand, weil von dem etwas ausging (jetzt merkst du es,
vielleicht wirst du auch beeinflußt von den andern). Vielleicht,
daß Schlayer eingebildet war (sie sagten, der sei ein Angeber);
aber so etwas störte Eugen nicht. Freilich, Schlayer redete zuweilen
nach der Schrift und putzte die Nägel seiner knotigen Finger;
und sein sommersprossiges Gesicht mit
Knollennase, das dünne Haar,
das die Schädelhaut sehen ließ... Aber das gab es doch auch sonst.
Er wusch sich wie die andern und schwitzte
trotzdem etwas Widriges aus; ja, das schon. Als ob der Schlayer
alle andern haßte (auch dich demnach)
und sich für etwas rächen wollte; das
also schwitzte Schlayer aus. - Hermann Lenz,
Neue Zeit. Frankfurt am Main 1979 (st 505, zuerst 1975)
Ausschwitzen (2) «Alles in dieser Welt», sagt Baudelaire,
«schwitzt das Verbrechen aus: die Zeitung,
die Mauern und das Gesicht des Menschen.» Möge das
Verbrechen, das Gesetz der Welt, wenigstens ein distinguiertes Aussehen annehmen.
- Albert Camus, Der Mensch in der Revolte. Reinbek bei Hamburg
1969 (zuerst 1951)
Ausschwitzen (3) Bei Gletscherschmelze
schwitzt der Berg verblüffende Artefakte aus. Bei Schwarzsee, im
Kanton Wallis, entdeckten Paläontologen einen Lagerplatz von Neandertalern,
übersät mit Knochendolchen. Am Theodulgletscher bei Zermatt kamen römische
Münzen ans Licht. Anfang letzter Woche taute erneut ein Weltkrieg-II-Flugzeug
aus dem Eis, diesmal auf deutscher Seite, am Watzmann. -
Spiegel
37/2003