tirn  Um die Sache außer allen Zweifel zu setzen, nehme man z. E. tausend genau gezeichnete Silhouetten; klassifizire allervörderst bloß die Stirnen - (wie wir an seinem Orte zeigen werden, daß alle wirkliche und mögliche Menschenstirnen sich unter bestimmte klassische Zeichen fassen lassen, und daß es nicht unzählige Klassen giebt. Man klassifizire, sage ich, bloß die Stirnen allein; dann die Nasen allein; dann das Kinn, und lege die klassischen Zeichen von Nasen und Stirnen zusammen - und man wird finden, daß gewisse Nasen sich nie bey gewissen Stirnen - und bey gewissen Stirnen sich allemal eine gewisse Art von Nasen finden werden, und so würde es bey allen übrigen Gesichtstheilen zu erweisen seyn; wenn die beweglichen Theile nicht so viel unständiges, angenommenes hätten, das nicht Werk ist der ersten Bildungs- und Produktif kraft der Natur; sondern Werk der Kunst, der Gesetze, des Zwanges. Besondere Tafeln werden dieß unwidersprechlich machen. Itzt vorläufig zu einiger Beruhigung prüfender Leser als Beyspiele nur dieß.

Unter hundert zirkelförmigen, das heißt, quadrantähnlichen Stirnen ist mir noch keine einzige mit einer merklichen Habichtsnase, ohne tiefen Einschnitt, fortlaufend zu Gesichte gekommen. Noch habe ich keine perpendikulare Stirn mit sehr gebognen zirkeiförmigen Untertheilen des Gesichtes gesehen, das unterste Kinn ausgenommen.

Noch keine starkgebogne Augenbraunen ^ ^ bey einer hartknochigten perpendikularen Gesichtsform. -

Wo vorhängende Stirnen sind, größtentheils vorhängende Unterlippen - bey Kindern ausgenommen.

Sanft gebogene und dennoch stark zurückliegende Stirnen habe ich nie bey aufgeworfenen kurzen, und im Profilumriß scharf und tief hohlen Nasen gesehen.

Scheinbare Nähe der Nasen am Auge führt immer scheinbare weite Entfernung des Mundes mit sich.

Die längsten Pallia der Zähne, oder langer Zwischenraum zwischen der Nase und dem Munde setzen immer kleine Oberlippen voraus. Länglichte Gestalten und Gesichter haben größtentheils wohlausgezeichnete fleischige Lippen. Ich habe hierüber noch manche Beobachtung im Vorrathe, die nur noch auf mehrere Bestätigungen und nähere Bestimmungen wartet. Itzt nur noch eine, die wenigstens feinen, geübten physiognomischen Sinnen klar zeigt, wie einfach und harmonisch alle Bildungen der Natur seyn, und wie sehr sie alles Zusammenflicken hasse.

Man setze aus 2., 3. oder 4. Silhouetten von sehr verständigen Menschen in Eine zusammen; so - daß der Ansatz, als solcher, unmerklich sey - Man nehme von dem Einen die Stirn; lasse diese in die Nase des zweyten; diese in den Mund des dritten; diesen in das Kinn des vierten einfließen - und das Facit dieser vier Zeichen von Weisheit wird Narrheit werden. So wie vielleicht jede Narrheit nur Anflickung eines heterogenen Zusatzes ist. »Aber vier weise Gesichter sind nicht heterogen;« wird man vielleicht sagen. Vielleicht sind sie es nicht; oder sind es in geringerm Grade - und dennoch wird ihre Zusammensetzung - den Eindruck von Narrheit verursachen. Hier ist eine Probe. -

Stirnen

Die Stirnen alle sind von sehr verständigen Köpfen.
Der Untertheil 2. in der Figur 1., I. harmonirt gar nicht mir der schärfern Stirne 2.

Mit der Stirne der Figur 2. kann der vorstehende perpendikulare Untertheil nicht wohl bestehen. Doch ist in dieser Figur die Heterogenität am unmerklichsten.

Das Stirnegg in 3., II. kann mit dem untern Drittel nicht coexistiren.

Noch weniger die vorragenden zween Unterdrittel der Figur 4. mit der zurückgehenden Stirne.

Noch sichtbarer ist die Incongruenz in der Figur 5., III. Am sichtbarsten, für mich wenigstens, in 6. - obgleich Stirn und Nase noch sehr homogen scheinen - denn der gedehnte Untertheil kann nicht Ausfluß des scharfbestimmten Obertheils seyn.

Aus je mehrern Stücken ein Umriß, geschweige ein ganzes Gesicht, zusammengeflickt ist, desto sichtbarer die Ungleichartigkeit. Sie ist sichtbarer im zweyten Paar, das aus drey Stücken besteht, als im ersten, das aus zweyen besteht. Und am sichtbarsten im dritten, das aus vieren besteht.

Diejenigen also, welche behaupten, daß man aus Einem Theile, Einer Sektion des Profils nicht aufs Ganze schließen könne, hätten vollkommen recht, wenn die unwillkührliche Natur Gesichter so zusammenflickte, wie die willkührliche Kunst. Aber das thut sie nicht. Wo aber der Mensch ein Narr wird, der sonst verständig war - da erfolgt allemal dieser Ausdruck von Heterogenität. Das Untergesicht dehnt sich - oder die Augen bekommen eine mit der Stirne ungleich laufende Richtung; oder der Mund kann sich nicht mehr geschlossen halten; oder die Züge des Gesichtes kommen auf eine andere Art außer ihr Gleichgewicht. Mithin ist's allemal Disharmonie, wodurch auch in einem von Natur verständigen Gesichte die zufällige Narrheit sichtbar wird. Sieht man also bloß die Stirn, so kann man weiter nichts sagen, als - »So viel kann, oder konnte das Gesicht von Natur, oder ohne gewaltsame Zufälle.« Sieht man aber das Ganze, so läßt sich der ganze vergangene und gegenwärtige Hauptcharakter bestimmen. - (lav)

Stirn (2)  Eine gesunde, fleischige Stirn bringt jedem Glück und bedeutet Freimut und Mannestum, während eine durch Wunden entstellte oder kränkliche Schande und Schaden offenbart. Im Traum eine Stirn von Erz, Eisen oder Stein zu haben nützt nur Zöllnern, Schankwirten und Leuten, die sich mit Rücksichtslosigkeit durchs Leben schlagen, allen übrigen bringt es nur Haß ein. - (art)
 
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