rauenkenner
Um die Frauen zu kennen, muß man sie erproben,
wenn man jedoch kein Fürst oder Millionär ist, werden einem hierzu die Mittel
fehlen. - (
joli
)
Frauenkenner
(2) Frauen, wie er, Gerald, die Mädchen
nannte, Frauen, das ist eine gute Frau, sieh mal, und das ist eine gute Frau,
alles Klitorisfrauen, bei denen jedes Gefühl weit vorne saß, die anderen waren
naß, nasse Frauen waren Vaginafrauen, die er nicht mochte. Und er schien ständig
damit beschäftigt zu sein, sie alle irgendwie so aufzuteilen, während er vor
einem Glas Cola saß und sie beobachtete, zurückgelehnt auf dem Stuhl, sehr lässig,
mit dem kleinen Kinderschal um den Hals gebunden, das Gesicht darüber schmal,
etwas spröde und schorfig geworden die Haut, die Lippen
dünn, ein altes Kindergesicht, dachte er, als er sich Gerald vorstellte, wie
der hier schon länger so gesessen haben mochte, allein an einem Tisch mitten
in diesem Lärm. Er dachte, ist der alt, achtundzwanzig,
ein Greis, noch sehr jugendlich, aber alt, ein Greis, der sich nachmittags hierher
setzte und immerzu Mädchen nachsah. Klitorisfrauen mit dem Gefühl vorn im Schlitz. -
(
brink
)
Frauenkenner
(3) Lasterhafte Frauen habe ich viele gesehen und selbst mehrfach
gesündigt, aber Zola und jener Dame, die Ihnen gesagt
haben will »Flopp - und fertig!«, glaube ich nicht. Lasterhafte Menschen und
Schriftsteller geben sich gern als Feinschmecker und raffinierte Kenner des
Lasters; sie sind kühn, entschlossen, erfindungsreich, treiben es auf 33 Arten,
gleichsam sogar auf Messers Schneide, aber alles nur in Worten, in Wirklichkeit
benützen sie ihre Köchinnen und gehen in billige Freudenhäuser.
Alle Schriftsteller lügen.
Eine Dame in der Stadt zu benutzen ist nicht so einfach, wie Sie schreiben.
Ich habe keine einzige Wohnung gesehen (eine anständige, natürlich), wo die
Umstände es gestattet hätten, eine in Korsett, Rock und Turnüre gekleidete Frau
auf die Truhe zu werfen oder aufs Sofa oder auf den Fußboden und sie so zu benutzen,
ohne daß die Hausangehörigen das bemerkt hätten. Alle diese Wendungen wie im
Stehen, im Sitzen u. dgl. sind Unfug. Die einfachste
Art ist das Bett, die übrigen 33 sind kompliziert. -
Anton Tschechow an Suvorin, 24./25. November 1888, nach (
enc
)
Frauenkenner
(4) Mein eingehendes Examen des Zuges begann — cherchez
la femme — bei einer interessanten Silhouette, die selbst in Buenos Aires
auf der Calle Florida, abends um acht, die maskuline Huldigung eines Seitenblicks
verdient hätte. In dieser Materie irre ich mich nie; wenig später stellte ich
fest, daß es sich um eine exotische, außergewöhnliche Frau handelte: die baronne
Puffendorf-Duvernois, eine schon reife Frau, ohne die fatale Schalheit der Backfische,
dieses seltsamen Spezimens unserer Zeit — mit straffem, vom lawn-tennis
modelliertem Körper und mit einem Gesicht, das vielleicht baseé war,
aber durch Cremes und Kosmetika aufs subtilste ausgedeutet —, mit einem Wort:
Eine Frau, der die Schlankheit Würde gab und das Schweigen Eleganz. Sie hatte
allerdings das bei einer echten Duvernois unverzeihliche faible, mit
dem Kommunismus zu kokettieren. Am Anfang wußte sie mich zu fesseln, dann aber
erkannte ich, daß ihr anziehender Firnis einen banalen Geist verdeckte, und
ich bat jenen armen Senor Goliadkin, mich abzulösen. Sie, typisch Frau, tat,
als merke sie den Tausch nicht. Ich hörte jedoch zufällig ein Gespräch der baronne
mit einem anderen Passagier — einem gewissen Oberst Harrap aus Texas -, in dem
sie die Bezeichnung ›Idiot‹ brauchte, zweifellos mit Bezug à ce pauvre monsieur
Goliadkin. - H. Bustos Domecq: Sechs Aufgaben für Don Isidro Parodi, nach:
Jorge Luis Borges, Adolfo Bioy Casares: Mord nach Modell. Frankfurt
am Main 1993
Frauenkenner
(5) Ja, natürlich, ich habe unzählige Frauen gekannt, ich kann
sie schon nicht mehr zählen ... Wie viele, fragen Sie mich? Ich sagte es Ihnen
ja schon, ich kann sie nicht mehr zählen. Vielleicht zweihundert, vielleicht
mehr. Sie vermuten richtig, viele von diesen Frauen leben in Afrika. Schwarze?
Ja, natürlich, ich habe viele Schwarze gekannt... In der Tat, Nicolasa, da liegen
Sie richtig, die Schwarzen — die Mulattinnen Inbegriffen
- sind sehr leidenschaftliche Frauen. Ich habe ein paar Zulu-Frauen gekannt,
die mich mit Todesverzweiflung im Weiß der Augen geliebt haben, was letztendlich
die einzig würdige Form der geschlechtlichen Liebe ist. Beim ersten Röcheln
verdrehen diese Frauen die Augen und öffnen ihre gewaltigen Lippen, bereit,
den letzten Hauch Energie aus ihren Liebhabern herauszusaugen.
Ja, ja, es mag sein, daß sie übers Ziel hinausschießen, daß sie ein wenig übertreiben.
Vor die Wahl gestellt, ziehe ich freilich die Orientalinnen
vor. Nein, Chinesinnen habe ich nicht gekannt, aber einige Japanerinnen,
was in diesem Fall dasselbe ist. Zerbrechliche Porzellanpüppchen, aber imstande,
den gewieftesten Burschen umzuhauen, wiewohl ihnen die wilde Leidenschaft der
Schwarzen fehlt. Ja, ja, Nicolasa, die Japanerinnen stehen im Ruf, sanft und
unterwürfig zu sein, doch zuweilen schießen wilde Blitze durch die Schlitze
ihrer mandelförmigen Augen, und man denkt an den Dolch, der einem in den Rücken
gestoßen wird. Natürlich kann einem jede Frau diesen Dolchstoß versetzen, wenn
man es am wenigsten erwartet. Sie, zum Beispiel. Wären auch Sie fähig, mich
zu erdolchen, Nicolasa? Was bedeutet jetzt dieses schallende Lachen? - Javier Tomeo, Der
Löwenjäger. Berlin 1988
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