eg,
weiter
Der beste Platz ist auf den Stufen der Kirche Saint-Roch, da stehen
die richtigen abgebrühten Schreier, da stand auch die Frau, die beim Anblick
der Königin in die hohle Hand spie und ihren Speichel
auf die Unglückliche zu schleudern versuchte. Der Henker
ist menschlicher, denn er rät wohl dem einen oder anderen Opfer, das sich von
den Stößen des Wagens gar zu sehr hin und her werfen läßt, sich besser gegen
die Sprossen der Wagenleiter zu stützen. Oder wenn er bemerkt, daß jemand vor
Angst nicht mehr schlucken kann oder sein Zittern
zu unterdrücken versucht, so probiert er wohl ein höfliches Lächeln
und sagt, sich gleichsam entschuldigend: »Ein weiter Weg, nicht wahr?« Charlotte
Corday lächelte auf diese Frage hin und zuckte
gleichgültig mit den Schultern - aber Sanson hatte
es gut gemeint. - Friedrich Sieburg, Robespierre. München 1965 (zuerst 1935)
Weg, weiter (2)
Siegfried
oder
per aspera ad astrachan.
in seiner eigenart, eigenarten zu wenden, und mit
guten vorsätzen wie neu aussehen zu lassen, hatte sich Siegfried eine grosse
nase und ein erstaunliches vermögen erwirtschaftet, «sehr
richtig!» pflegte Siegfried zu äussern, wenn man ihn um seine meinung fragte,
und dies war zweifellos eine erkenntnis, die ihm ansehen unter seinen mitbürgern
verschaffte, oft liess er sich einfach fallen, weil er seinen beinen nicht mehr
als einen gelegentlichen fusstritt zumuten wollte, dann wurde Siegfried 96 jahre,
er starb geachtet und wurde am wiener südwest-friedhof
begraben, seine letzte ruhestätte trägt die nummer 3114 und ist durch das linke
tor einfach zu erreichen, indem man, am ehrengrab des komponisten Schubert vorbei,
den weg zum grossen holzkreuz einschlägt, kurz vor dem kreuz wird zur linken
ein von kupfernen adlern belagerter obelisk sichtbar, der einen engel in die
hand beisst. (hier meint es für den wanderer obacht zu halten, da die szene
arg mit lorbeer verwachsen gilt!) auf dies schlägt er einen winkel von 90 graden
zur rechten und erreicht eine brunnenverzierte heidelandschaft, er nehme ein
glas zur hand und trinke von diesem ausgezeichneten wasser. denn der weg ist
noch weit, nach einer reise von 124 tagen, bei mässigem schritte, ist die wolga
erreicht, der reisende erwirbt ein fettschwanzschaf, nimmt die kleider vom leib
und ein bad im kaspischen meer. alle kalmücken verstehen
das. nach dieser erfrischung, welche kurz zu halten ist, esse man einen rosenapfel,
der in dieser gegend vorzüglich gedeiht, alsbald erreicht man einen hafen und
175.000 jubelnde einwohner erwarten, geschmückt mit fahnen, den ermatteten.
wanderer sind hier selten, das ist astrachan, die
hauptstadt von astrachan, zentrum des pelzhandels. - Konrad Bayer, sechsundzwanzig
namen. Aus: K. B., Das Gesamtwerk. Hg. Gerhard Rühm. Reinbek bei Hamburg 1977
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