orsätze, gute   Auf den ganzen ersten Teil Ihres Briefes kann ich nichts erwidern, es sei denn, daß Livry zum Schreiben mein Lieblingsort ist, weil dort Leib und Seele in Frieden sind. Deshalb verschiebe ich das Antworten, bis ich in Livry bin, und tue damit Unrecht, denn es entstehen Verspätungen. Ich will mich bessern. Ich sage ja immer, daß, könnte ich zweihundert Jahre lang leben, bestimmt ein bewundernswerter Mensch aus mir würde. Ich bessere mich leicht, besonders im Alter. Es ist mir sehr wohl bewußt, daß dem Reiz der Jugend tausend Dinge verziehen werden, für die man, wenn dieser Reiz vorbei ist, keine Nachsicht hat. Man sieht genauer hin, entschuldigt nicht mehr, und die Geneigtheit, alles freundlich hinzunehmen, ist verschwunden. Es ist nicht mehr erlaubt, Unrecht zu haben, und dessen eingedenk treibt uns das Ehrgefühl, dem nachzueilen, was in dem grausamen Zerfall, der, ob wir wollen oder nicht, immer an Boden gewinnt, uns eine kleine Stütze gewährt. Das sind die Überlegungen, um derentwillen ich glaube, daß man sich in meinem Alter weniger gehen lassen darf als in der Jugendblüte. Aber das Leben ist zu kurz, und der Tod ereilt uns, wenn wir noch voller Fehler und guter Vorsätze sind. - (sev)

Vorsätze, gute (2)   Der Arzt verordnete mir Bettruhe und verbot das Rauchen absolut. Ich erinnere mich genau des Wortes «absolut»! Es machte tiefen Eindruck auf mich, und das Fieber verlieh ihm Gestalt: ich sah den leeren Raum und hatte nichts, um dem ungeheuren Druck widerstehen zu können, den leere Räume stets erzeugen.

Als der Arzt fort war, blieb mein Vater noch bei mir (meine Mutter war schon seit vielen Jahren tot), rauchte seine Zigarre und leistete mir ein wenig Gesellschaft. Bevor er fortging, legte er leicht die Hand auf meine glühende Stirn und sagte:

«Nicht rauchen, du!»

Da kam über mich eine ungeheure Erregung. Ich dachte: «Es schadet mir, ich will es nie mehr tun. Nur ein einziges und letztes Mal will ich noch rauchen.» - So zündete ich mir eine Zigarette an. Sofort verließ mich jede Erregung, obwohl das Fieber noch stärker wurde und ich bei jedem Zug meine Kehle brennen fühlte, als würde ein glühendes Holzstück hineingestoßen. Mit der Gewissenhaftigkeit, mit der man ein Gelöbnis einhält, rauchte ich die Zigarette zu Ende. Und unter ungeheuren Schmerzen rauchte ich während meiner Krankheit noch viele andere. Mein Vater kam und ging und rauchte selber seine Zigarre und sagte dabei:

«Bravo! Noch ein paar Tage ohne zu rauchen, und du bist gesund!»

Dieser Satz genügte. Ich brannte vor Erwartung, daß er aus dem Zimmer gehe, um rasch, rasch zu meiner Zigarette zu kommen.  - (cos)

Vorsätze, gute (3)

Vorsätze, gute (4)

- Ronald Searle

Pläne

 

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