eschäftsfrau   Ich freute mich schon auf den Donnerstag und den Freitag, auch auf die anderen Tage, doch da flog nicht so oft Wäsche aus dem Klosettfenster im Bad, und wir guckten aus dem Fenster, und an uns vorbei schmiß alleweil einer der Reisenden seine schmutzigen Unterhosen, diese verharrten für einen Augenblick im Flug, boten sich den Blicken dar und fielen dann herab, manche patschten ins Wasser, dann bückte sich die Großmutter tief und zog sie mit einem Haken heraus, ich mußte die Großmutter an den Beinen festhalten, damit sie nicht in die Tiefe fiel, oder die hinausgeworfenen Hemden breiteten plötzlich die Arme aus wie der Schutzmann an der Kreuzung oder der Herr Christus, oder sie bekreuzigten sich für einen Moment in der Luft und fielen im Sturzflug auf die Felgen und Speichen des Mühlrades herab, und das Rad drehte sich, und es war immer ein Abenteuer, das Hemd zu erhaschen, entweder beließ man es auf dem Rad, bis dieses durch die Umdrehung Hemd oder Unterhose auf der Schulter bis vor Großmutters Fenster trug, so daß man nur die Hand auszustrecken und das Hemd zu nehmen brauchte, oder man holte mit dem Haken das Hemd von der Welle, wo es sich aufgewickelt hatte und immerfort wegrutschte, doch die Großmutter kriegte es selbst dann zu fassen und zog es mit dem Haken durchs Küchenfenster herein und warf gleich alles in einen Waschtrog, und abends spülte sie den ersten Schmutz aus den dreckigen Unterhosen und Hemden und Socken und goß das Wasser sofort zurück in die Wellen, die unter den Schaufelrädern des Mühlrades dahinströmten...

Später am Abend dann, das war schön, wenn die weißen Unterhosen auf einmal im Dunkeln aus dem Klosettfenster des Karlsbades segelten, ein weißes Hemd vor dem dunklen Hintergrund der Mühlenschlucht, für einen Augenblick blinkte in unserem Fenster ein weißes Hemd oder eine weiße Unterhose auf, und Großmutter schaffte es, sie im Flug mit dem Haken aufzufangen, bevor sie hinabfielen, auf die feuchten und glänzenden Speichen, manchmal auch abends oder in der Nacht, wenn aus der Tiefe, vom Wasser her, der Wind zog und die Gischt hochschoß und Wasser und Regen der Großmutter so ins Gesicht schlugen, daß sie dem Wind oft das Hemd regelrecht abringen mußte, und dennoch freute sich die Großmutter auf jeden Tag und besonders auf Donnerstag und Freitag, wenn die Reisenden ihre Hemden und Unterhosen wechselten, denn sie hatten Geld verdient und sich Socken und Unterhosen und Hemden neu gekauft und warfen die alten Sachen aus dem Fenster des Karlsbades, wo die Großmutter drunten mit dem Haken lauerte, um die Wäsche sogleich zu waschen und auszubessern und in der Anrichte zu stapeln. Hinterher ging sie damit auf die Baustellen und verkaufte alles an die Maurer und Hilfsarbeiter, und so lebte sie bescheiden, aber auskömmlich, so daß sie mir sogar Hörnchen kaufen konnte und Milch für den weißen Kaffee...

Das war wahrscheinlich meine schönste Zeit... Bis heute sehe ich die Großmutter bei Nacht am offenen Fenster auf dem Anstand sitzen, was im Herbst und Winter keine leichte Sache war, und bis heute sehe ich, wie ein hinausgeschleudertes Hemd in dem aufsteigenden Luftzug plötzlich für ein Weilchen vor dem Fenster verharrt und die Arme ausbreitet und wie die Großmutter es mit einer raschen Bewegung heranzieht, denn unmittelbar danach fiele das Hemd, schlaff wie ein erlegter weißer Vogel, in die gurgelnden schwarzen Wellen, um darauf als Märtyrer auf dem Folterrad der Mühle zu erscheinen, ledig des menschlichen Leibes, und um danach auf der nassen Kreislinie aufwärts zu steigen, und nachdem es dann bei den Fenstern des dritten Stocks verschwunden wäre, wo zum Glück die Mahlgänge waren und nicht Menschen wie wir, mit denen wir um die Hemden und Unterhosen hätten kämpfen müssen, um hinterher abzuwarten, bis das Hemd wieder zurückkehrte, herabstiege, und sollte es abrutschen, dann fiele es in die strömenden schwarzen Wasser, wobei die Wäsche durch das Mahlgerinne unter den schwarzen Laufbohlen mitgerissen und von der Mühle weggetrieben würde... Reicht euch das? Damit schließ ich für heute.   - Bohumil Hrabal, Ich habe den englischen König bedient. Frankfurt am Main  1990 (zuerst 1971)

Geschäftsfrau (2) Der Großfürst, mein Liebhaber, war sechsundzwanzig Jahre alt. Er war sehr schön. Ich habe noch nie einen so schönen, aber auch so brutalen Mann gesehen. Er liebte Frauen und Knaben. Er war noch verderbter als Georges, da die Grausamkeit all seine Skrupel überwog und der Hochmut an Wahnsinn grenzte. Die Frauen, größtenteils Französinnen, die die Geliebten der anderen Wüstlinge waren, erwiesen sich weder als jung noch verführerisch. Nach meinem Eindruck waren sie nur Geschäftsfrauen, die sich für alles hergaben, was eine über alle Maßen verderbte Phantasie ihren Liebhabern eingab. Die hübscheste war eine Russin. Sie war lasziver als alle anderen, und ihre Neigungen stimmten mit denen der Männer in unserer Umgebung überein. Ihr Magen hatte ein unvorstellbares Fassungsvermögen für Essen und Getränke, und ich habe noch nie eine Frau gesehen, die so viel Champagner trinken konnte wie sie.

Ich erinnere mich an eine Orgie beim General Breziansko; es waren etwa fünfzig Gäste beisammen, unter ihnen zwei Großfürsten, und als man die Dienerschaft fortgeschickt hatte, entkleidete sich diese junge Russin, die einer zügellosen, rasenden Bacchantin glich, ließ sich unter den Tisch gleiten und gab denjenigen, die ihr gefielen, Männern oder Frauen, die Gelegenheit, die Glut ihrer Empfindungen zu bekunden, zur großen Freude aller Anwesenden. - (apol)

Geschäftsfrau (3)  Sarah war eine stattliche, vollbusige schwarze Frau mit schneeweißem Haar, das in enggedrehten Locken frisiert war, die wie Stahlfedern aussahen. Sie hatte ein rundes Gesicht mit einer breiten, platten Nase, dicken, dunklen, ungeschminkten Lippen, die breit lächelten und außerordentlich weiße Zähne freigaben. Sie trug ein hochgeschlossenes schwarzes Satinkleid mit langen Ärmeln. An einem Handgelenk glitzerte eine kleine Platinuhr an einem brillantenbesetzten Armband. Der Diamant an ihrem Ringfinger hatte die Größe einer Eichel. Mehrere Schlüssel hingen an einer goldenen Kette um ihren Hals.

Nur die Zähne lächelten; die dunklen Augen hinter den randlosen Brillengläsern blieben eiskalt. «Hallo, Boys ...» Sie schüttelte beiden die Hand. «Wie geht's denn?»

«Gut, Sarah, gut. Das Geschäft blüht. Bei dir auch?»

«Klar, Digger. Nur Gauner haben Geld, und hier geben sie's am liebsten aus - na, ihr wißt ja, wie das ist; eins greift ins andere: Mädchen sind gut verkäuflich, wenn die Preise für Baumwolle und Mais fallen.»  - Chester Himes, Schwarzes Geld für weiße Gauner. Reinbek bei Hamburg 1967

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