eliebte
Meine Geliebte is ein dummes Mädl
— vielleicht is sie bloß aus diesem Grund meine Geliebte; wenn s‘ g‘scheit
wär, schauet sie sich um was G‘scheiteres um, und drum find ich es sehr
g‘scheit von ihr, daß sie ein dummes Mädl is. Bei ihr is die Dummheit
eine Gabe der Natur, es liegt nix Gezwungenes, nix Einstudiertes drin,
drum is es eine liebe Dummheit, und aus demselben Grund hat auch ihre Dummheit
kein Geld gekost, während auf andre Mädln Summen
spendiert werd‘n, daß man‘s nur recht sieht, was s‘ für dumme Mädln sind:
sie spielen dumm Klavier, sie reden dumm Französisch, sie zeichnen, sie
tanzen dumm, kurzum, alles mögliche, was man von einem gebildeten Mädl
nur Dummes verlangen kann.
- Johann Nepomuk Nestroy,
nach (
bes
)
Geliebte (3) Lassen Sie uns ihren Organismus erst von der Vogelperspektive aus betrachten, die Einzelheiten werde ich Ihnen dann später erklären.
Infolge des geheimnisvollen Betriebes innerhalb dieser metallenen Scheiben wird Wärmekraft und Bewegung im Körper Hadalys durch das Gewinde dieser glänzenden Drähte verteilt, die das genaue Abbild unserer Nerven und Adern sind. Und vermittels der eingeschobenen kleinen Scheiben gehärteten Glases wird durch einen sehr einfachen Vorgang, dessen Prinzip ich Ihnen dann näher erklären will, zwischen dem Zentrum und den verschiedenen Netzen dieser Drähte die Bewegung in einem einzelnen Gliede, oder in der ganzen Person der Androide, hervorgebracht oder eingestellt. Hier ist ein außerordentlich starker elektromagnetischer Motor auf diese Verhältnisse und bis zu dieser Leichtigkeit reduziert worden, und hier münden denn auch alle anderen Induktoren.
Dieser Funke, den uns Prometheus vermachte, und den sie hier gebannt und jenem Zauberstabe entlanglaufen sehen, erzeugt die Atmung, indem er den Magnet beeinflußt, der vertikal zwischen den Brüsten liegt, und diese Nickelscheide hier anzieht; Sie sehen das Stahlschwämmchen, das daran hängt, — und das jeden Augenblick infolge der regelmäßigen Zwischenkunft des Isolators wieder zurückfällt. Ich habe auch der tiefen Seufzer gedacht, die der Kummer dem Herzen entreißt, und sie sind der sanften, schweigsamen Hadaly nicht fremd geblieben. Alle Schauspielerinnen werden Ihnen ja bezeugen, daß die Nachahmung dieser melancholischen Seufzer sehr leicht ist.
Hier nun, an beiden Seiten der Brust, sind die zwei Goldphonographen, die Hadalys Lungenflügel bilden. Sie lassen einander die metallenen Blätter ihrer harmonischen, fast könnte man sagen himmlischen Gespräche zugleiten, etwa wie die Druckerpressen die Probeabzüge aufeinander schichten. Eine einzige Tonrolle solcher Worte kann sieben Stunden lang laufen. Diese Worte aber sind den größten Dichtern, den subtilsten Metaphysikern und tiefsten Romanschriftstellern dieses Jahrhunderts entnommen; ich habe mich an die größten Geister gewandt, und mittels Unsummen mir Eigentumsrecht auf diese Wunderdinge — die niemals gedruckt sein werden — erworben.
Darum sagte ich, daß Hadaly nicht Geist habe, sondern den Geist.
Sehen Sie in diesen Auskehlungen die zwei kaum bemerkbaren Stahlstifte beben? Auch sie werden durch den unaufhörlichen, subtilen Lauf des geheimnisvollen Funkens in Bewegung versetzt und drehen sich um ihre eigene Achse. Nun harren sie nur der Stimme Miß Alicia Clarys, deren sie sich, von weitem, und ohne daß sie es weiß, bemächtigen werden, während Hadaly die Szenen der herrlichen Rollen vorträgt, die sie selbst nicht erfaßt, aber auf immer verkörpern soll.
Unter den Lungen ist hier die Walze angebracht, welche die Gesten, die Haltung, den Gang, die Mienen Ihrer Geliebten verzeichnen wird. Sie ist genau nach den Walzen sehr vervollkommneter Drehorgeln hergestellt, auf welchen, genau wie hier. Tausende von kleinen metallenen Härten in Relief inkrustiert sind. Wie dort eine jede — in Vierteln oder Achteln, die Pausen mit einbegriffen — alle Noten einer bestimmten Zahl von Arien oder Tänzen genau abspielt, je nachdem sie eine nach der anderen unter die tönenden Verzahnungen des Harmoniums geraten, — gerade so spielt hier die Walze dieses Harmoniums, in dem alle Nerven-Induktoren der Androide zusammenlaufen, die Gesten, die Haltung, den Gang und die Mienen derjenigen ab, die in der Androide inkarniert wird. Der Induktor dieser Walze ist gewissermaßen der große sympathetische Nerv des wunderbaren Scheinwesens.
Auf diese Walze sind beiläufig siebzig allgemeine Gesten eingetragen.
Mehr stehen einer Dame wohl nicht zu. -
Villiers de L'Isle-Adam, Die Eva der Zukunft. Frankfurt am Main 1984 (st
947, zuerst 1886)
Geliebte (4)
Erstlich weiche schwarze Haare, |
- Anakreontische Lieder, Übs. Eduard Mörike
Geliebte (5) Sie kam zuerst eine Zeit lang jeden Tag von 5 bis 7 Uhr in mein Büro im Mercure.
Eines Tages kam sie mittags an. «Ich bin hier, um Ihnen zu sagen, daß
ich nicht mehr kommen werde.» Und als ich mich wundere: «Es wird zu gefährlich
für mich.» Ich stand von meinem Sessel auf und nahm sie in die Arme: «Ist es
denn so unangenehm?» Erste Küsse und einige schwer wiederzugebende Einzelheiten.
Unsere Anfänge fanden bei ihr statt, kurz darauf. Ich hatte es nie eilig. Sie:
«Wann werden Sie sich entschließen?» - «Wann immer es Ihnen paßt, meine Liebe.»
Wie sehr sie mich überraschte, 1. dadurch, daß sie in einem Hemd aus rauhem,
grobem Leinen war, wie eine Frau vom Lande, was mich wirklich vermuten ließ,
sie habe vor mir keinerlei Abenteuer gehabt, erst einige Zeit später hatte sie
reizvollere Unterwäsche; 2. dadurch, daß sie an einer bestimmten Stelle völlig
enthaart war, eine Enthaarung, die sie sorgfältig beibehielt. Ich fand das hübsch.
(Als ich nach unserem Bruch meine Beziehungen zu Fanny aufnahm, die einige Zeit
vorher eines Morgens in den Mercure gekommen war, um mich dazu aufzufordern:
«Lieber Le"-autaud, wollen Sie zum Abendessen zu mir kommen» - sie nannte
den Tag -: «Sie werden es nicht bereuen», da legte ich ihr nahe, ein gleiches
zu tun. Was ich da zu hören bekam!) eine Sinnlichkeit! Wenige Küsse schon brachten
sie in Stimmung... was für eine Geliebte sie war, genießerisch in Wort und Tat,
kundig in den Stellungen, die sie im Bett einnahm, und in ihren Liebkosungen;
die Lust überkam sie in den unerwartetsten Augenblicken, bei ihr zu Hause, während
eines Spaziergangs auf dem Lande, in einer Baubude, bei der Besichtigung eines
zu vermietenden Hauses - in Pornic, bei unseren Spaziergängen in der Umgebung
von La Passardiere, wo sie sich plötzlich entblößte:, um alles meinen Blicken
darzubieten, und so fröhlich, so lebhaft, so vergnügt, fast geistvoll in ihrer
Lust: sie plapperte nicht nur über ihren Genuß und den, den sie selber schenkte
(ich schreibe ihre Worte nicht hin, aber sage sie mir mit Wonne noch einmal
auf) - wenn ich bei ihr die Nacht verbracht hatte und morgens aufstand, durch
ihr Zimmer ging, während sie noch im Bett lag, und kurz stehenblieb, ließ sie
sich... zeigen und bedeckte den Gegenstand ihrer Lust mit Küssen -die kleinen
s&ancen, wenn es über sie kam, bei ihren täglichen Besuchen in meinem Büro
im Mercure: ich an der geschlossenen Tür stehend, sie kniend, ohne ihren Hut
abzusetzen.... - einmal, als ich aus Pornic zurückgekommen war und sie mir ein
gutes Dutzend Zeilen schrieb, in denen sie ihre Stellungen, ihre Gebärden, ihr
verliebtes Tun schilderte - zu Beginn unserer Beziehungen, als sie mir sagte,
bis dahin sei sie nie darauf gekommen, sich selbst anzusehen... und nachdem
ich davon gesprochen hätte, habe sie in einem Spiegel untersucht, wie es aussehe,
und es sehr hübsch gefunden - ich erinnere mich auch an einen Neujahrstag, als
ich mürrisch und ungesprächig wie immer an solchen Tagen zu ihr kam, sie sich
gegen ihre Kommode lehnte und sich entblößte: «Na, willst du ihr nicht auch
ein gutes neues Jahr wünschen?» - ich lasse so manches andere weg, so zum Beispiel,
daß sie eines Tages auf den Einfall kam, nachzumessen... und an einem anderen
Neujahrstag, als ich mir auf den Boulevards die Buden angesehen und einen Vergrößerungsspiegel
zum Betrachten der Stiche mitgebracht hatte, guckte sie sich darin... an - und
mit fünfundsechzig Jahren (und noch in einigen darauffolgenden Jahren) waren
ihr Körper, ihre Brüste so vollkommen geblieben. - (
leau
)
Geliebte (6) Ich stelle mir vor, wie
ich am Ende eines Soupers sage: »Meine Freunde, ich habe eine einzige Geliebte;
sie ist vierzig Jahre alt, die sie auch zugibt, die man ihr aber nicht ansieht;
sie ist hübsch gewesen, jetzt ist sie fett, sie hat den Oberkörper einer von
Rubens gemalten Familienmutter, während der untere Teil von Jean Goujon gemeißelt
sein könnte; ihre Haut ist seidig und weiß; eine Geliebte, der ich alle acht
Tage zu essen und zu trinken gebe, niemals mehr, die um halb sieben kommt und
punkt zehn Uhr geht; eine Geliebte, die einen Beruf hat, der sie erfüllt und
von dem sie lebt; ich empfange sie, ohne mich vorher zu rasieren, und ich begleite
sie niemals nach Hause zurück; in der Zwischenzeit kommt es ihr niemals in den
Sinn, mich zu stören, indem sie mich küssen käme, und darüberhinaus schreibt
sie mir auch niemals; eine Geliebte, die - viel fehlte nicht - kaum lesen kann
und die sogar von den Titeln der Bücher, die ich schreibe, nichts weiß; eine
Geliebte, mit der wir alles fortgelassen haben, was man an Apparat um
die Sache gelegt hat, also Poesie, schwülstige Reden, briefliche Weitschweifigkeiten
und sogar bis zu dem »Austausch zweier Einbildungen«, indem wir nur den Kontakt
zweier Epidemien beibehielten. Suchen Sie eine, die der meinen gleichkäme,
meine Freunde; es ist die Geliebte, die ich Ihnen wünsche!« - (
gon
)
Geliebte (7)
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- (
breg
)
Geliebte (8, schlafende) Der Doktor sah sie an. »Für den Liebenden Ist es die Nacht, in der seine Geliebte verschwindet«, sagte er, »und es bricht sein Herz. Er weckt sie plötzlich, nur um einer Hyäne in die Fratze zu sehen; eine Hyänenfratze, das ist ihr Lächeln geworden, wenn sie aus der Gesellschaft scheidet.
Schläft sie? Schiebt sie nicht ihr Bein zur Seite, für eine unbekannte Garnison?
Oder - im Augenblick einer Sekunde - erschlägt sie uns nicht mit der Axt? Verspeist
sie nicht unser Ohr in Blätterteig? Stößt sie uns nicht mit dem Handrücken von
sich, um sich mit einer Mannschaft Matrosen und Mediziner einzuschiffen zu fernen
Häfen?« - Djuna Barnes,
Nachtgewächs. Frankfurt am Main 1981 (zuerst 1936)
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