ehorsam  Sie standen auf der runden Kuppe des Hügels. Vor ihnen lag eine rostrote Platte aus Stein; hinter dem Hügel aber schimmerte in der vollen Sonne Morija, die weißgezinnte Stadt der heidnischen Stämme, die alle dem Herren ein stinkender Greuel sind.

»Ich bin müde, Väterchen«, sagte Isaak, »ich will mich auf dieser Platte hier etwas ausruhen!«

Da heulte es in Abrahams Herz, so wie Hunde heulen. Wie er mir die Mühe erspart, dachte er, der liebe, der gute, der einzige Sohn! Wie verständnisvoll er ist! Ach, ich mag's nicht mehr ansehn!

Dies war so schrill gedacht, daß der Satan es hörte. Er blies, während Isaak sich auf die Steinplatte legte und, nachdem er den Burnus abgestreift hatte, dem Vater die Hände hinhielt, auf daß er sie mit dem Kälberstrick binde, den Leib mit höllischem Dampf, Schwefel, Rauch und Torffeuer dermaßen voll, daß er für ein paar Minuten leuchtend war wie der Herr in seinem Glanze, und flog, ein lohendes Blendwerk, über die sanfte Rundung des Hügels, der sich vor dem heidnischen Land Morija erhebt, und sah auf der rostroten Platte den weißen Leib eines schwarzlockigen Knaben und davor einen mühsam atmenden alten Mann mit einem Messer aus Stein in der zitternd erhobenen Rechten.

»Halt ein, Abraham, du mein treuester Knecht!« schrie der Satan, und sein leuchtender Körper machte auch seine Stimme schallen wie die des Herrn. »Halt ein!« so rief er, »du hast deine Prüfung herrlich bestanden und bist auserwählt unter den Menschenkindern und mir der Liebste derer, die je auf Erden gewandelt sind!« Da ließ Abraham, der Erzvater, das Schlachtmesser fallen, und Tränen stürzten aus seinen Augen, und er warf sich vor der Steinplatte nieder und küßte seinen Sohn Isaak, und auch Isaak, ungläubig zuerst, dann erschauernd und schließlich lallend und in wachsendem Fieber fröstelnd, wälzte sich von der Platte herunter und fiel in Abrahams Schoß und blieb dort liegen und fühlte, als sei er auferstanden von den Toten, und das war er ja auch, die Wärme eines menschlichen Körpers, und er zitterte und lallte und fieberte und fror. Der Oberste aber schüttelte voll Wut betrogen die Fäuste und blies den Satan, der ob seines Frevelwerks jauchzend durch die Wüste segelte, mit einem einzigen Schnauben in den Schwefelgestank und das Torffeuer der Hölle zurück. Dem Abraham und dem Isaak jedoch konnte er nichts mehr antun. Denn auch der Allmächtige ist nicht allmächtig und hat seine Stelle, da er verwundbar ist. - Franz Fühmann, Erzvater und Satan. In: ders.: Der Mund des Propheten. Späte Erzählungen. Berlin 1991 (atv 75)

Gehorsam (2)  Die Organe, die zur Entladung des Bauches dienen, erweitern sich und ziehen sich zusammen nach eigenem Gutdünken, ohne und wider unsere Vorschrift, so gut wie jene, die zur Entleerung der Nieren bestimmt sind. Und was der heilige Augustin anführt, um die unbegrenzte Herrschaft unseres Willens zu erhärten, daß er nämlich jemand gesehen habe, der seinem Hintern gebieten konnte, so oft zu erbrausen, als er es verlangte, und was Vives, sein Kommentator, mit einem andern Exempel aus seiner Zeit übertrumpft, von Farzen, die orgelgleich auf den Ton der Strophen abgestimmt waren. die man ihnen angab, setzt ebensowenig einen unbedingten Gehorsam dieses Körperteils voraus: denn gibt es in der Regel wohl einen vorlauteren und radaulustigeren? Hinzugenommen, daß ich einen so ungebärdigen und widerspenstigen kenne, daß er seinen Herrn seit vierzig Jahren her in einem Atem mit unablässigem und gnadenlosem Zwang erdröhnen läßt und ihn so ins Grab bringt.  - (mon)

Gehorsam (3)

SOll ich in Lybien die löwen=läger stören ?
  Soll ich in Aetnä schlund entzünden meine hand?
  Sol ich dir nackt und bloß ins neuen Zembels strand ?
Soll ich der schwartzen see verdorrte leichen mehren ?
Sol ich das Lutherthum in den mosqueen lehren?
  Sol ich / wenn Eurus tobt, durch der Egypter sand ?
  Sol ich zu deiner tust erfinden neues land?
Sol ich auf Peters stul Calvin und Bezen ehren?
  Sol ich bey Zanziba die jungen drachen fangen?
  Sol ich das gelbe Gifft verschlingen von den schlangen ?
Dein wille ist mein zweck / ich bin gehorsams voll /
Es höret / geht und folgt dir ohre / fuß und willen /
  Was mir dein mund befiehlt / mit freuden zu erfüllen /
Nur muthe mir nicht zu / daß ich dich hassen sol.

- (hofm)

Gehorsam (4)  Ich habe eine Dame gesehen, die man nur mit einiger Aufmerksamkeit nach einem örtlichen Zufall zu fragen brauchte, um ihn auch sogleich zu erregen; ich fragte nach Kopfweh, und es entstand, nach Krämpfen in dem Arm, nach Schluchzen, und die Krämpfe und der Schluchzen waren auf der Stelle da. - (huf)

Gehorsam (5)   Jacques kam auf mich zu. »Das ist nicht alles. Was mich am meisten erschreckt, ist dies, siehst du: Die Dinge gehorchen mir.«

Auf meinem Tisch lag eine Art Dolchmesser, das ich zum Bücheraufschneiden benutzte. Er streckte seine Hand danach aus, ließ sie gleichsam kriechen, ganz langsam; und plötzlich sah ich, ja, ich sah das Messer erzittern, dann ruckte es, dann glitt es sacht, von ganz allein, über das Holz, auf seine verharrende Hand zu, die es erwartete, und legte sich unter seine Finger.

Ich schrie auf vor Entsetzen. Ich meinte, ich würde selber verrückt, aber der gelle Ton meiner Stimme beruhigte mich jäh.

Jacques fuhr fort:

»So kommen alle Gegenstände auf mich zu. Deshalb verstecke ich meine Hände.« - (nov)

Herrschaft Befehl
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