ufhören  Das Aufhören im Wort ist ein langsamer Vorgang, der erst von seinem Ende her, also lieblos, anfällt. Dann sehen wir, wie die Zerstückung einer Mondscheibe an die Zerstückung eines Daches fällt, aber das schleifende Geräusch, das wir uns vorstellen, weil es das Aufhören im Wort hervorruft und nicht in unserer Vorstellung, hören wir nicht, wie es aufhört, noch den Staub, den es wirbelt, wie er unerfahren zurückfließt, noch den Rand, wie er glost, weil ein Brennglas ihn schiebt. Von seinem Ende her betrachtet, ist das Aufhören im Wort ein schmerzloser Abgang vom Abschied des Haltens, also ein wortloser Zustand, der aufhört, weil mit dem Wort das, was im Wort das langsame Aufhören hervorruft, anzufallen aufgehört hat. - (pas)

Aufhören (2) Gott ist Ursprung seiner selbst. Dieser Satz von der causa sui ipsius erklärt uns nicht, daß Gott existiert, da wir ihn als Ursprung von etwas überhaupt nur denken können, wenn er schon da ist. Wohl aber bedeutet der Satz etwas im Hinblick auf die Möglichkeit, daß er aufhören können muß, sein Dasein zu wollen und darin zu beharren. Er würde sich nicht mehr wollen, und im selben Moment wie eben dadurch wäre er nicht mehr. Daß dies in jenem Prinzip von der causa sui ausgeschlossen sein soll, wird durch einen Zusatz (corollarium) versichert, er sei reine und unbedingte Glückseligkeit. Er wäre dann eine causa sui, für die es keinen Grund geben könnte, sich nicht zu wollen; und zugleich wäre auch begriffen, weshalb Gott so gern sein wollte, da er es als causa sui doch konnte. Dabei liegt im Begriff einer solchen doch nur, daß die Existenz je den Faktor ausschließt, der ihrem Glück entgegenstünde, es aber eines zusätzlichen Faktors bedarf, um solche Glückseligkeit erst herzustellen oder zu vollenden. - (blum3)

Aufhören (3) Diogenes soll nach einem Leben von gegen neunzig Jahren gestorben sein. Über seinen Tod sind widersprüchliche Berichte in Umlauf: Die einen nämlich geben an, er sei nach Verzehr von ungekochtem Tintenfisch von der Cholera befallen worden und daran gestorben; andere, er habe den Atem angehalten.

Andere geben an, er habe einen Tintenfisch unter Hunde verteilen wollen, sei dabei in die Achillessehne gebissen worden und daran gestorben. Seine Schüler indes blieben, wie Antisthenes in den Diadochai berichtet, bei der Vermutung, das Anhalten des Atems habe zum Tod geführt. Er verbrachte seine Zeit bekanntlich meist im Kraneion, einem Gymnasion vor Korinth. Wie üblich trafen auch an jenem Tag seine Schüler bei ihm ein, fanden ihn in seinen Mantel gehüllt vor, vermuteten aber gleich, daß er nicht schlafe, denn er war keine Schlafmütze und kein Langschläfer; daher schlugen sie den Mantel zurück und gewahrten, daß er nicht mehr atmete. Und so nahmen sie an, er habe dies getan in der Absicht, sich so aus dem restlichen Leben davonzustehlen. - (diog)

Aufhören (4)  Seine Tränen zogen Furchen durch das geronnene Blut und er hing in Tonys und Als eisernem Griff und Tralala holte aus und schlug ihn ins Gesicht und spuckte und fluchte und trat ihn mit Füßen. Alex brüllte, sie sollten endlich aufhören und machen, daß sie rauskämen. Ich will hier drin keinen Krach. Tony preßte den Hals des Soldaten in seine Armbeuge und Al stopfte ihm das blutgetränkte Taschentuch in den Mund und sie zerrten ihn nach draußen und in einen halbdunklen Torweg. Er weinte immer noch und bettelte um seinen Militärausweis und versuchte ihnen zu sagen, daß er so gern nach Hause wolle, als Tony ihn an den Haaren hochriß und Al ihm die Faust wiederholt in den Magen schlug und dann ins Gesicht; darauf hielt Al ihn hoch und Tony schlug auf ihn ein. Doch sie hörten bald damit auf, nicht, weil sie die Bullen fürchteten, sondern weil sie wußten, daß er kein Geld mehr hatte, auch waren sie ein wenig erschöpft, da sie vorhin schon einen Matrosen zusammengeschlagen hatten. - Hubert Selby, Letzte Ausfahrt Brooklyn. Reinbek bei Hamburg. 1989 (zuerst 1957

Aufhören (5)  Es ist immer wieder so schwer zu begreifen, daß ein Leben nun nicht mehr ist, mit dem man verbunden war — wenigstens nicht mehr in der Gestalt ist, in der man an sie dachte u. vor sich sah. Ich glaube ja an eine irgendwie geartete Weiterexistenz auch nach dem Tod, es ist kein Aufhören, die Toten bleiben bei uns u. gehören dazu, trotzdem bleibt das Aufhören des Sichtbaren und Ansprechbaren eine große Erschütterung. - Gottfried Benn an Lotte Reiss-Jacobi, 15. Mai 1951. In: G.B., Das gezeichnete Ich. Briefe aus den Jahren 1900-1956.  München 1962 (dtv 89)

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