ezept Das
erfolgversprechendste Rezept scheint das aus dem Kamasutra zu sein. Es
besteht aus einer Mixtur aus pulverisiertem weißem Stechapfel (Datura), sogenannter
»langer Paprika« (Chili?), schwarzem Pfeffer und Honig. Damit wird der Penis
vor dem Verkehr eingerieben, was »die Frau dem Manne hörig machen« soll. Auch
wenn man das nicht ganz wörtlich nimmt, so zeigt dieses Mittel zweifellos deutlichen
Effekt bei beiden Partnern, denn die Substanzen werden von den Schleimhäuten
der Geschlechtsteile schnell aufgenommen. Der Paprikaextrakt (den man nur in
kleinsten Dosen verwenden darf) ruft eine Rötung des Penis hervor. Durch diese
Irritation der Haut wird die Blutzirkulation angeregt,
was wiederum die Erektion befördern hilft. Ein ähnlicher Effekt wird sich
nach der Berührung auch bei der Frau einstellen und durch Irritation der Klitoris
zu erhöhter sexueller Erregung führen. Der Honig fungiert
als Gleitmittel, und die Wirkstoffe des Stechapfels bewirken, wie oben beschrieben,
sowohl die Erregung als auch ein angenehm schläfriges Gefühl. Dieses Rezept
hat eine vollkommen rationale Grundlage und scheint in der Praxis auch den gewünschten
Erfolg gehabt zu haben. - (
erf
)
Rezept
(2) MAn soll von einem Citroni das weiß March schneiden zu dünnen
Blättlein/ derselben 2. gute Hand voll nemmen/ und die
Potzen von den gesottenen Kitten/ davon man das Gute abgeschnitten hat/
die solle man zerschneiden sambt den Kernen/ ein sechs oder siben
solche Potzen/ und zwey Gauffen voll rohe ungeschölte Kitten-Spältl
nemmen/ daran soll man frisch Wasser giessen/ und auff einem röschen
Feur sieden biß die Kittenspältl und Citeroni waich werden/ alsdann
zwey hand voll Spältl von Birn/ Oepffel darein thun/ und noch ein Suth
oder drey thun lassen daß die Spältl ein wenig erkalten/ darnach soll
man alles durch ein starckes Tuch treiben/ darnach wider durch ein Tuch
seyhen/ damit nichts dickes darein kombt/ und der Safft schön lauter
wird; von disem Safft solle man mehr als ein halbe Maß/ und doch nicht
gar drey Seidl zu einem Pfund/ oder ein Vierlig Zucker nemmen/ und
wann der Zucker zergangen/ auff ein rösche Kohl-Glut setzen daß bald
anhebt zu sieden/ und sauber zu faimben/ und also sieden lassen biß er
gesteht/ darnach soll man jhn wider ein weil auff einem kleinen Glütl
stehen lassen daß er nicht mehr sied/ und sauber abfaimen/ so kan man
jhn über Spälten/ oder in die Mödel giessen. -
Ein Koch- Und Artzney-Buch (1686)
Rezept (3) Trete in die Sphäre des Traums.
Danach fange an, die erste beste Geschichte zu schreiben, die dir in den Sinn kommt, und schreibe zwanzig Seiten. Dann höre auf.
Auf diesen zwanzig Seiten wird sich vielleicht eine Szene finden, wenige einzelne Sätze, irgendeine Metapher, die dir anreizend erscheinen werden. Schreibe also alles noch einmal, dich bemühend, daß diese anreizenden Elemente zur Grundlage werden - und schreibe, ohne mit der Wirklichkeit zu rechnen, nur nach Befriedigung der Bedürfnisse deiner Vorstellungskraft strebend.
Während dieser zweiten Fassung wird deine Vorstellungskraft bereits eine
bestimmte Richtung annehmen - und du wirst zu neuen
Assoziationen gelangen, die das Terrain der Handlung deutlicher umreißen werden.
Dann schreibe zwanzig Seiten der Portsetzung, immer auf der Linie der Assoziationen
gehend, immer das anreizende Element suchend - das schaffende - geheimnisvolle
- offenbarende. Darauf schreibe alles noch einmal. So handelnd, wirst du nicht
einmal gewahr werden, wann sich dir eine Reihe von Schlüsselszenen, Metaphern,
Symbolen gestalten wird, und du wirst die eigentliche Chiffre erzielen.
Und alles wird beginnen, sich dir unter den Fingern kraft seiner eigenen Logik
abzurunden. Szenen, Gestalten, Begriffe, Bilder werden
nach ihrer Vervollständigung verlangen, und das, was du bereits geschaffen hast,
wird dir den Rest diktieren.- (
gom
)
Rezept (4)
Zwei alte Junggesellen, die kamen einst
nach Haus. Da sprach der mit dem Brötchen zu jenem mit der Maus: Zwei alte Junggesellen, die erkletterten am Seile Zwei alte Junggesellen, die hörten einen Fluch Zwei alte Junggesellen, die tauschten einen Blick,
|
- (
lea
)
Rezept
(5) Man nehme die Ranküne der Nockerln gegen den
Schmarrn, das Blättern des Teiges gegen die Kalbsbrust! Und was haben wir
da? Eine Zusammenrottung von Stockfischlein gegen Mias Pilzsauce, Lungenspitz
gegen Lungenspitz - still, Opernfreunde, es werden Aufläufe geprobt, Wasen schlägt
sich ab, soweit die Schönheit reicht, Mensch, Gänseklein! Ha, man schmiere,
streiche, schlage, Preßsack gegen Amphibienrolle gegen Dampfnudel gegen Capri-
und Paprikaprizen. Mohrenbeutel. Das alles finden wir beschrieben (»Leckermäulchens
Unbehagen oder Die neckische Liebe zum Widerspruch«), nein, es ist keine Phantasie.
Phantasie wäre das Gegenbein, ein Teil Schnee und ein Teil Schnee, Freunde.
Ein Rezept gegen Rezepte, ha, ein Kompott gegen die Sülze, das Schmoren des
Bratens gegen den Saft, man probiere das Süpplein. Räsoniert wer gegen die Vernunft?
Ein hohes Cis gegen ein Wasserbad. Das Passieren gegen ein Sieb. Man nehme einen
gut gemachten falschen Zungenschlag, ein Zwiebeln gegen die Angst, das Spicken
der Hasen gegen den Strich, ein Schmecken gegen den Wind, einen Kopf gegen die
Wand. -
(
pas
)
Rezept
(6) Cagliostro sprach einmal vom Schmelzen des Bernsteins,
wie von einem Dinge, das so leicht als das Schmelzen des Zinnes sei. Einige
Mitglieder unserer Gesellschaft baten ihn dringend um dieses Geheimnis. Er setzte
sich mit großer Emphase an einen Tisch, und diktierte nun das Rezept, und siehe
da! — es war ein Rezept zu einem Räucherpulver. — Alle, die sich auf den Bernsteinhandel
gefreut hatten, waren äußerst mißvergnügt. Cagliostro hatte nicht darauf gedacht,
daß er auch Leute vor sich hatte, welche das Rezept lesen, und diesen groben
Betrug sogleich entdecken konnten; aber er faßte sich sogleich, und wand sich
dergestalt aus der Sache, daß er vorgab: er hätte durch diese Geschichte die
Charaktere seiner Schüler genau wollen kennen lernen, und sei äußerst betrübt,
daß so viele unter ihnen mehr kaufmännischen Geist hätten, als Hang für das
allgemeine Gute zu wirken. Der größte Teil von uns war damals noch zu blindem
Glauben an ihn gestimmt, und war mit dieser Entschuldigung zufrieden. - Elise von der Recke, nach: Cagliostro. Dokumente zu Aufklärung
und Okkultismus. Hg. Klaus H. Kiefer. München, Leipzig und Weimar 1991 (Bibliothek
des 18.Jahrhunderts)
Rezept
(6)
Man mische 7 Pfund Palmin Mit gleichviel Milch und Terpentin. Dann füge man ein Hühnerei Und etwas Öl nebst Essig bei. Dies nun zu festem Brei gerührt, Wird dann in einen Strumpf geschnürt. Das Ganze läßt man 13 Wochen In lauem Seifenwasser kochen. Dann wird es mit Gelee garniert Und im verdeckten Topf serviert. (Doch halte man zu rechter Zeit Ein offnes Töpfchen sich bereit.)
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- Ringelnatz, Die Schnupftabaksdose
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