rtrinken    Die Frau stieß einen lauten Schrei aus und kletterte eiligst aus dem Becken.

»Aber wird er nicht ertrinken?« rief jemand aufgeregt.

»Ich bete zu Gott, daß er ertrinkt«, erklärte die Frau, »dieser Dreckskerl!«

Ein geistesgegenwärtiger Mann rannte mit schlotternden Knien davon und kam mit dem jungen Bademeister zurück. Der Jüngling erkannte, daß in Gegenwart so vieler Augen etwas unternommen werden mußte, sprang ins Wasser und packte Neptun beim Bart. Einen Augenblick lang schienen sich die beiden heftig gestikulierend zu streiten. Dann fand die Unterhaltung abrupt ein Ende, weil der Dreizack in der Magengrube des Bademeisters landete. Der junge Mann schoß an die Wasseroberfläche zurück und rang nach Luft.

»Er will nicht heraufkommen«, japste er völlig außer Atem. »Das ist ziemlich deutlich«, sagte der würdig aussehende Herr. »Aber gibt er einen Grund für sein außergewöhnliches Verhalten an?«

»Er hat versucht, mir irgend etwas zu sagen«, erklärte der Bademeister und kletterte aus dem Becken. »Aber ich konnte ihn nicht verstehen. Das muß ihn wütend gemacht haben, denn er stieß mit seiner Mistgabel nach mir.«

»Aber mein guter Mann«, protestierte der ältere Herr, »Sie können doch nicht annehmen, wir würden hier seelenruhig schwimmen, während ein Mitmensch vor unseren Augen ertrinkt. Der arme Bursche ist vermutlich verrückt oder etwas Ähnliches.«
»Verrückt ist er ganz sicher«, sagte der Bademeister, »aber es besteht keine Gefahr, daß er ertrinkt. Sehen Sie sich ihn doch an.«

Neptun fühlte sich durch das allgemeine Interesse geschmeichelt und tat sein Bestes, um seine Zuschauer zu unterhalten. Das Beste bestand darin, daß er eifrig den abfallenden Beckenboden hinunterrutschte, die Beine gegen die Beckenwand stemmte und zusammengekrümmt liegenblieb. Für einen bärtigen Gott war das eine äußerst kindische Vorstellung, aber der Gott war so betrunken, daß er alles komisch fand. Als Neptun keine Lust zum Rutschen mehr hatte, spielte er Toter Mann. Es wirkte grauenhaft überzeugend. Unter den Zuschauern ertönten Entsetzensschreie. Mehrere Frauen wurden hysterisch schreiend nach draußen geführt. Sie hatten das Weiße in Neptuns Augen gesehen, den wirren Bart und die leblos schaukelnden Arme und Beine. Selbst die standhaftesten Zuschauer wurden leicht nervös. Doch dann tauchte Neptun zum Boden, legte den riesigen Kopf auf die Arme und schlief ein.  - (goetter)

Ertrinken (2)

CLARENCE  O Gott, wie qualvoll schien mirs, zu ertrinken!
Welch grauser Lärm des Wassers mir im Ohr!
Welch scheußlich Todesschauspiel vor den Augen!
Mir deucht', ich sah den Graus von tausend Wracken,
Sah tausend Menschen, angenagt von Fischen,
Goldklumpen, große Anker, Perlenhaufen,
Stein' ohne Preis, unschätzbare Juwelen,
Zerstreuet alles auf dem Grund der See.
In Schädeln lagen einge; in den Höhlen,
Wo Augen sonst gewohnt, war eingenistet,
Als wie zum Spotte, blinkendes Gestein,
Das buhlte mit der Tiefe schlammgem Grund
Und höhnte die Gerippe ringsumher.
BRAKENBURY Ihr hattet Muß' im Augenblick des Todes,
Der Tiefe Heimlichkeiten auszuspähn?
CLARENCE Mir deuchte so, und oft strebt ich, den Geist
Schon aufzugeben: doch die neidsche Flut
Hielt meine Seel und ließ sie nicht heraus,
Die weite, leere, freie Luft zu suchen;
Sie würgte mir sie im beklommnen Leib,
Der fast zerbarst, sie in die See zu spein.

- Shakespeare, König Richard III.

Ertrinken (3)  »Pickard! Wir wollen weiter. Wir gehen jetzt. Kommen Sie mit!«

Der Regen tropfte von Pickards Ohren.

»Können Sie nicht hören, Pickard!«

Es war, als schrie er in einen Brunnenschacht hinab.

»Pickard!«

»Lassen Sie ihn«, sagte Simmons.

»Wir können doch nicht ohne ihn weitergehen.«

»Was sollen wir tun — ihn tragen?« Simmons spuckte aus. »Er ist nur noch eine Last für uns und sich selbst. Wissen Sie, was er tun wird? Einfach hier auf dieser Stelle stehenbleiben und ertrinken.«

»Was?«

»Sie sollten das inzwischen eigentlich wissen. Haben Sie noch nie davon gehört? Er wird einfach hier stehenbleiben, das Gesicht nach oben, und sich den Regen in Nase und Mund fließen lassen. Er wird den Regen einatmen.«

»Nein.«

»Genauso haben sie damals General Mendt gefunden. Er saß auf einem Stein, den Kopf in den Nacken gelegt, und atmete den Regen ein. Seine Lungen waren voll Wasser.«

Der Leutnant ließ den Lichtstrahl wieder auf das unbewegliche Gesicht fallen. Von Pickards Nase ertönte ein schwaches Geräusch.

»Pickard!« Der Leutnant schlug ihm ins Gesicht.

»Das fühlt er nicht einmal mehr«, sagte Simmons. »Ein paar Tage in diesem Regen, und man hat kein Gesicht, keine Beine und keine Hände mehr.« - Ray Bradbury, Der illustrierte Mann. München 1972 (Heyne 3057)

Ertrinken (4) Lauter und mächtiger erklang seine rücksichtslose Stimme, tosend wie der Sturm, der von den Bergen herabbraust und mit seiner Wucht die Wälder niedermäht, als ob sie Gras wären. Der Wojwode konnte sich nicht mehr beherrschen, und ein neuer Fluch brach aus ihm heraus:

»Du bist meine Tochter nicht mehr und diese Kinder sind nicht meine Enkel! In deinen Tränen mögest du mit ihnen ertrinken!«

Diesen grauenhaften Fluch stieß der alte Herr aus, und sofort verwandelte sich alles ringsherum und wurde zu Stein. So entstanden all die Berge hier: die Froschspitze, die Meeraugspitze, die Mengsdorfer Spitze, die Cubryna, das Tor das Miedziane und alle anderen Gipfel, wie ihr sie hier seht. Auch dieser Gipfel dort, der Mönch heißt, hat damals diese Form angenommen. Das kam so: um dem Fluche zu entgehen, hatte sich der fremde Fürst wie einst, als er das Mädchen aus dem Kloster entführte, als Mönch verkleidet und sich rasch auf die Flucht gemacht. Der Fluch seines Schwiegervaters aber war schneller als seine Schritte und schnitt ihm den Weg zur Rettung ab. Seine verzweifelte Frau bat die Feen um Hilfe. Diese konnten aber keine andere Möglichkeit zur Rettung finden, außer daß jede von ihnen ein Kind in ihre Arme nahm und mit ihm zu fliehen versuchte.

Die Felsen rundherum aber wurden immer höher und höher und ließen sie nicht mehr durch. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich niederzusetzen und den sicheren Tod zu erwarten.

Von allen Seiten hörte man nur Stöhnen, Weinen und Jammern, daß man vor Mitleid hätte sterben wollen. Die Kinder riefen nach der Mutter, diese eilte herbei, doch konnte sie nichts anderes mehr tun, als mit ihnen zusammen weinen. Sie weinte ununterbrochen und ihre Tränen flossen wie die Wasserfälle der Siklawica, die rauschend dem Roztokatal zufließt.

Aus diesen Tränen, wisset, bildeten sich sieben Seen, diese wurden immer größer und tiefer, so daß alle sieben unschuldigen Kinder darin umkamen. Auf dem Grunde eines jeden dieser Seen liegt ein Kind.

Um sich vor dem steigenden Wasser zu retten, stieg die Fürstin auf die hohe Meeraugspitze; hier weinte sie ihre beiden Augen aus. Eines davon floß in einer Bergrinne, dort wo heute ewiger Schnee liegt, herab, und dort entstand der dunkle See, der seither ›Morskie Oko‹ genannt wird, da er dem Auge der Tochter des Herrn Morski seinen Ursprung verdankt.

In ihrem unbeschreiblichen Schmerz warf die Fürstin alle ihre Schätze und Juwelen, die für sie sinn- und wertlos geworden waren, in den See. Es wird erzählt, daß diese Schätze inzwischen gehoben worden sind - doch keinem brachten sie Glück und Segen.

Als nichts mehr da war als Berge und Wasser, stürzte sich die Fürstin in einen dieser Seen, die ihr hier seht, und löste sich in ihm auf.  - Polnische Volksmärchen. Hg. Ewa Bukowska-Grosse und Erwin Koschmieder. Düsseldorf u.Köln 1982 (Diederichs, Märchen der Weltliteratur)

Ertrinken (6)   »Dieser Wind hat ein Seufzen«, sprach der König, »wie der Sturm einer Winternacht.«

»Das bin ich«, sprach das schöne Mädchen, »Winternacht ist mein Name. Seufzen, Sturm und Winternacht. Weißt du auch, daß du nun verloren bist?«

»Nur zu recht hast du, Mädchen«, erwiderte er, »ich weiß, daß du die Wahrheit sprichst.«

Seinen Großvater hatte er in dessen eigenem Haus verbrannt, und es war ihm geweissagt worden, daß er auf dieselbe Art umkommen werde.

Schreckliche Träume von Feuer und Wasserfluten sah der König in dem verzauberten Schlaf, in den er nun versank. Und der Sturm erregte das Feuer, und mit dem Sturm ritten die Feinde des Königs heran, um Rache zu nehmen. Die Königshalle hatte Feuer gefangen. So wehrte niemand den Rächern. Erst als sie schon im Palast waren, erfuhr der König davon. Hoch fuhr er voller Angst aus seinem Zauberschlaf und versteckte sich vor seinen Feinden in einer Kiste mit Weinschläuchen. Ein brennender Deckenbalken stürzte herab und traf seinen Schädel. Ohnmächtig sank er zwischen den Schläuchen nieder. Das Leder riß von den Pfeilschüssen der Feinde. Ströme von rotem Wein spieen die Schläuche aus. Im Wein ertrank König Muirchertach.  - (anders)

Ersticken Todesart

 

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Verwandte Begriffe
SchluckenWasser

Verdursten

Synonyme
Ersaufen

Antonym