Einsicht  Ein Mann, der an seinem Essen, an der Gesellschaft seiner Kinder und besonders an den Wechselbädern von Liebkosungen und Schmähreden seiner Frau Gefallen fand, fühlte seine Stellung in der Stadt wegen eines erfolgreichen Geschäftskonkurrenten unsicher werden. So bis ins Mark getroffen, ruft er sich hochherzig die eigenen Methoden, mit seinen Kunden umzugehen, ins Gedächtnis und vergleicht seinen Konkurrenten mit einem Hund, der sein Fleisch mit Käfern und Maden verschlingt, das heißt wie immer er es bekommt.

Derart aufgerüttelt, versucht der Mann nicht, seinen Rivalen auszustechen, sondern wird unendlich traurig und denkt an den Tod und seine verlorenen Freuden und zeigt auf diese Weise, daß er ein Mann der Einsicht ist. Denn sein Verhalten legt Zeugnis ab von einer Mischform der Erkenntnis dieser Verschiedenheit des Kontexts in Dingen und Situationen, auf die die großen Meister der Antike für die Inspiration und die Klarheit ihrer Werke zurückgriffen.  - (kore)

Einsicht (2)  Wichtigstes Gut ist die vernünftige Einsicht, daher steht die Einsicht an Wert auch noch über der Philosophie. Aus ihr entspringen alle Tugenden. Sie lehrt, daß ein lustvolles Leben nicht möglich ist ohne ein einsichtsvolles und sittliches und gerechtes Leben, und ein einsichtsvolles, sittliches und gerechtes Leben nicht ohne ein lustvolles. Denn die Tugenden sind mit dem lustvollen Leben auf das engste verwachsen, und das lustvolle Leben ist von ihnen untrennbar. Denn wer wäre deiner Meinung nach höher zu achten als der, der einem frommen Götterglauben huldigt und dem Tode jederzeit furchtlos ins Auge schaut? Der dem Endziel der Natur nachgedacht hat und sich klar darüber ist, daß im Reiche des Guten das Ziel sehr wohl zu erreichen und in unsere Gewalt zu bringen ist und daß die schlimmsten Übel nur kurzdauernden Schmerz mit sich führen ? Der über das von gewissen Philosophen1 als Herrin über alles eingeführte allmächtige Verhängnis lacht und vielmehr behauptet, daß einiges zwar infolge der Notwendigkeit entstehe, anderes dagegen infolge des Zufalls und noch anderes durch uns selbst; denn die Notwendigkeit herrscht unumschränkt, während der Zufall unstet und unser Wille frei (herrenlos, d. i. nicht vom Schicksal abhängig) ist, da ihm sowohl Tadel wie Lob folgen kann. (Denn es wäre besser, sich dem Mythos von den Göttern anzuschließen als sich zum Sklaven der unbedingten Notwendigkeit der Physiker zu machen; denn jener Mythos läßt doch der Hoffnung Raum auf Erhöhung durch die Götter als Belohnung für die ihnen erwiesene Ehre, diese Notwendigkeit dagegen ist unerbittlich.) Den Zufall aber hält der Weise weder für eine Gottheit, wie es der großen Menge gefällt (denn Ordnungslosigkeit verträgt sich nicht mit der Handlungsweise der Gottheit) noch auch für eine unstete Ursache (denn er glaubt zwar, daß aus seiner Hand Gutes oder Schlimmes zu dem glücklichen Leben der Menschen beigetragen werde, daß aber von ihm nicht der Grund gelegt werde zu einer erheblichen Fülle des Guten oder des Schlimmen), denn er hält es für besser, bei hellem Verstande von Unglück verfolgt als bei Unverstand vom Glücke begünstigt zu sein. Das Beste freilich ist es, wenn bei den Handlungen richtiges Urteil und glückliche Umstände sich zu gutem Erfolge vereinigen.  - Epikur, nach (diol)
 
 

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