ausch
Sobald der Geist unter Außerachtlassung unmittelbar praktischer Ziele sich intensiv
dem Studium der Physischen Welt widmet, wird er durch ihre Vielfalt derart
verwirrt, daß sich zu ihrer Erklärung nur noch die Prinzipien der Relativität
oder der Statistik anbieten, da diese Vielfalt sich in einem früheren Stadium
sowohl auf den forschenden Geist als auch auf die zu erforschende Physik anwenden
ließ. Die Klassifizierung in Lebendes und Nichtlebendes
ist die Grundlage sowohl der Physik als auch der Chemie, denn der freie Fall
der Körper, für dessen Gesetze die Feder oder das Blei als Vorbild dienten,
nimmt sich weder das Meerschwein noch die Schnecke zum Beispiel. Weshalb sind
die Experimente zur Aufstellung der Gesetze der Schwerkraft
nie mit lebenden Wesen durchgeführt worden: einer Taube zum Beispiel oder einem
Adler? Hierin liegt ein Mangel an Redlichkeit beim Physiker. Da zum andern eine
Vielzahl von Gegenständen nicht fällt (der Staub, der in der Atmosphäre hängt,
die Vögel, die Wolken, die Ballons, die Flugmaschinen, die Planeten, die Sterne,
die Archäopteriden zu ihrer Zeit und so weiter), ist also kein Grund vorhanden,
daß die anderen fallen. In Wahrheit nimmt ein Ding nur dann seinen Weg
zum Mittelpunkt (?) der Erde (??), wenn es einem BAUSCH begegnet. Ein Bausch
ist ein unsichtbares, imaginäres und trügerisches Wesen, das den Objekten ohne
materielle Stütze auflauert und sich an ihnen festklammert. Dann fliegt er zur
Erde und setzt sie dort ab; dann kehrt er zurück. Man hat so die Illusion eines
freien Falles, aber es ist nichts damit: es
ist lediglich eine Art Transport, ich behaupte sogar eine Weise der Ortsveränderung.
- Raymond Queneau, nach
(jar)