erspätung   Wenn man alle Träume der Menschen zusammenfügte, bekäme man einen riesigen Menschen, ein menschliches Wesen von der Größe eines Kontinents. Und das wäre nicht irgendein Mensch, sondern Adam Ruhani, der himmlische Adam, der engelgleiche Vorfahre des Menschen, von dem die Imame sprechen. Dieser Adam vor Adam war im Anfang die dritte Vernunft der Welt, doch war er so berauscht von sich selbst, daß er in die Irre ging; und als er aus diesem Taumel erwachte, warf er seine Gefährten im Irrtum, Iblis und Ahriman, in die Hölle und kehrte in den Himmel zurück, wo er von nun an zur zehnten anstatt zur dritten Vernunft wurde, denn unterdessen hatten sich die sieben himmlischen Cherubim über ihm auf der Himmelsleiter eingefunden. So begann Adam der Vorläufer zurückzubleiben: sieben Leiterstufen, das ist das Maß seiner Verspätung zu sich selbst, und so ward die Zeit geboren. Denn die Zeit ist nur jener Teil der Ewigkeit, der sich verspätet.  - (pav)

Verspätung (2)  Der Fall der Rosa Menichelli (1901-1939)  ist unter den vielen tausend Botschaften, die von Medien aufgefangen werden, der unerklärlichste. In der italienischen Kleinstadt Camerino fand im Sommer 1950 eine Sitzung mit dem örtlichen Medium Maria Bocca statt. Die Sitzung verlief recht eintönig, bis der Kontakt mit einer gewissen Rosa Menichelli hergestellt werden konnte. Sie stammte nicht aus Camerino, war aber hier begraben worden. Und zwar - so lautete ihre schreckliche Botschaft - lebendig begraben. Rosa Menichelli bat um Exhumierung, damit anderen diese schreckliche Erfahrung durch mehr Sorgfalt erspart bliebe. Unter den Anwesenden der Sitzung war Dr. Giuseppe Stoppoloni, Professor für Anatomie an der Universität von Camerino, ein Arzt von internationalem Ruf. Die Behörden gaben dem Ersuchen des bedeutenden Arztes auf Exhumierung von Rosa Menichelli sofort statt. Die Spitalakten zeigten, dass die Frau im Alter von 38 Jahren am 4. September 1939 an Kindbettfieber gestorben und zwei Tage später auf dem Ostfriedhof, Reihe 47, Grab 10, beerdigt worden war. Vertreter der Ärzteschaft, der Behörden und ein Fotograf nahmen an der Exhumierung teil. Die Haltung der Leiche ließ auf einen schrecklichen Todeskampf schließen. Die italienischen Behörden erfüllten den Wunsch von Rosa Menichelli und änderten die Bestattungspraxis, wie die Tote gebeten hatte. Der komplette Fall kann in offiziellen Akten nachgelesen werden. Nur eines nicht: Rosa Menichelli war schon 1939 gestorben. Die Frage, die niemand beantworten kann, lautet: Warum kam ihr Hilferuf erst 1950 beim Medium an? - (hoe)

Verspätung (3)   Als er schließlich doch seinen Schlaf fand, erhoben sich die Steine vom Boden und sprachen mit einer Gruppe toter Igel und einer einzelnen Elster. »Die Zeit ist gekommen«, sagte ein großes Stück Granit, »daß die Situation zu einem logischen Abschluß geschleift wird.«

»Geschleift, gepeitscht oder geprügelt«, fügte ein Igel trocken hinzu, »je nachdem.«

»Hier kommt das Dienstpersonal«, sagte die Elster. »Ich stehe für Kummer. Haltet meinen Hut fest, Jungs, wir müssen weg.« Eine lange Reihe blauer Dienstmädchen stieg in militärischer Formation aus dem Fluß empor.

»Wenn nur Pfoebe dabeisein könnte«, sagte ein kleines Stück Marmor. »Was zum Teufel treibt sie bloß ?« »Sie kümmert sich um ihre Pamphlete«, sagte der Igel. »Arbeitet unermüdlich an ihren verdammten Pamphleten. Sie ist -wirklich ziemlich fad.«

»Ich stehe für Kummer«, wiederholte der Igel aggressiv, »und die Theorie von alldem ist die Logik. Die reine, unerträgliche mathematische Logik, obwohl sie auch Vorzüge hat- Die Zeit kommt, da wir fordern werden, was uns zusteht. (Das habe ich per Quadratwurzel errechnet.)« »Wir beginnen mit dem Vaterunser«, sagte der Granitblock. »Und nehmt die Seligen Hemisphären, wie sie kommen.« Alle lachten. »Wo ist denn der Bischof?« Francis sah sich selbst zu der Versammlung eilen, mit der einen Hand sein langes purpurrotes Gewand hochhaltend und in der anderen ein riesiges Brevier. Seine Mitra saß schief, und er runzelte sorgenvoll die Stirn. »Verzeiht mir, Brüder«, sagte er, rückte atemlos seine Mitra zurecht und wischte sich über die Stirn. »Ich bin durch eine Letzte Ölung aufgehalten worden.« Man begrüßte ihn mit einem Gemurmel, und ein Stück Kalkfels kicherte kurz. »Jetzt«, sagte Francis streng und zwängte sich einen Kneifer auf seine Nasenspitze, »laßt uns den Eingangschoral hören: >Glaube unsrer Väter, heiliger Glaube< und so weiter.«

Er putzte sich die Zähne, während die anderen sangen, und trat mit einem Fuß den Takt dazu.   - (fran)

Verspätung (4)  

 Zeitpunkt Ankommen Spät Warten

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