chlafengehen
Wenn man im Herbst die kleine Welt der Insekten betrachtet und nun
sieht, wie das eine sich sein Bett bereitet, um zu schlafen, den langen, erstarrenden
Winterschlaf; das andere sich einspinnt, um als Puppe zu überwintern und einst,
im Frühling, verjüngt und vervollkommnet zu erwachen; endlich die meisten, als
welche ihre Ruhe in den Armen des Todes zu halten gedenken, bloß ihrem Ei sorgfältig
die geeignete Lagerstätte anpassen, um einst aus diesem erneuet hervorzugehn;
- so ist dies die große Unsterblichkeltslehre der
Natur, welche uns beibringen mochte, daß zwischen Schlaf und Tod kein radikaler
Unterschied ist, sondern der Eine so wenig wie der Andere das Daseyn gefährdet.
Die Sorgfalt, mit der das Insekt eine Zelle, oder Grube, oder Nest bereitet,
sein Ei hineinlegt, nebst Futter für die im kommenden Frühling daraus hervorgehende
Larve, und dann ruhig stirbt,
- gleicht ganz der Sorgfalt, mit der ein Mensch am Abend sein Kleid und sein
Frühstück für den kommenden Morgen bereit legt und dann ruhig schlafen geht,
- und konnte im Grunde gar nicht Statt haben, wenn nicht, an sich und seinem
wahren Wesen nach, das im- Herbste sterbende Insekt mit dem im Frühling auskriechenden
eben so wohl identisch wäre, wie der sich schlafen legende Mensch mit dem aufstehenden.
- (
wv
)
Schlafengehen (2)
- Edgar Degas (zugeschrieben)
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