unstwerk Ich
war hier . . . seit einer Ewigkeit fast, und beinahe war ich schon ein Geist.
. . ein Ungeheuer, geformt aus dem Stoff der Ewigkeit,
eine Skulptur aus Asche,
gehüllt in uralte geisterhafte Konfektion . . . und die Müllarbeiter,
die an Fabelwesen glaubten, hatten mich längst angenommen als ihren Geist,
und sie umschlichen mich atemlos und auf den Zehenspitzen; und sie hatten die
Bürger aus den Schaufenstern dem Müll überantwortet,
denn ich war das wahre Kunstwerk ihrer Zeit, ich war das Standbild, das allein
den ästhetischen Anforderungen ihrer Zeit entsprach, ihrer Zeit, die keine Zeit
war. . . - Wolfgang Hilbig, Die Kunde von den Bäumen. Frankfurt am Main 1994
Kunstwerk
(2) Es gibt kein wahrhaftes Kunstwerk ohne die Mitarbeit
des Teufels. - André Gide, nach: Giovanni Papini, Der Teufel.
Anmerkung für eine zukünftige Teufelslehre. Stuttgart 1955
Kunstwerk
(3) Alle Gerichte Battistas
waren gleichsam erlesenste Kunstwerke aus tierischen und pflanzlichen Stoffen:
Blumenkohlköpfe mit Hasenohren, die auf eine Halskrause aus Hasenfell gesetzt
waren; oder ein Schweinskopf, aus dessen Maul, als wollte sie die Zunge herausjagen,
eine rote Languste hervorkam, und die Languste hielt die Schweinszunge zwischen
ihren Zangen, als hätte sie sie ausgerissen. Dann die Schnecken: Es war ihr
gelungen, einer großen Zahl von Schnecken den Kopf
abzutrennen, und die Köpfe, diese so weichen Heupferdköpfchen hatte sie, ich
glaube mit einem Zahnstocher, jeweils auf einem kleinen Krapfen befestigt; wenn
sie auf dem Tisch erschienen, glichen sie daher einem Schwärm winziger Schwäne.
Und mehr noch als der Anblick dieser Leckerbissen beeindruckte der Gedanke an
die fanatische Verbissenheit, die Battista bei der Vorbereitung bekundet haben
mußte. Wir stellten uns ihre zarten Hände vor, während sie diese Tierkörperchen
zerlegten. - Italo Calvino, Der Baron auf den Bäumen.
München 1984 (zuerst 1957)
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