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wilde Die russischen Bauern wissen von den »Wilden Frauen«
der Wälder, die in Berghöhlen hausen, wo sie wie Menschen
ihren Haushalt führen. Es sind stattliche Weiber mit wohlgebildeten eckigen
Köpfen, reichen Locken und haarigen Körpern, die ihre Brüste
über die Schulter werfen, wenn sie laufen und wenn sie ihre Kinder stillen.
Sie gehen in Gruppen zusammen, und mit einer Salbe eingerieben, die sie aus
Waldwurzeln bereiten, können sie sich unsichtbar
machen. Oft werden Menschen, die allein durch den Wald gehen, von ihnen zu Tode
getanzt oder gehetzt, und wer zufällig auf eine ihrer unsichtbaren Tanzorgien
trifft, muß sterben. Für Menschen dagegen, die ihnen Nahrung herausstellen,
mähen sie das Getreide, spinnen, sorgen für die Kinder und halten das Haus rein,
und wenn ein Mädchen für sie Hanf auskämmt zum Spinnen, geben sie ihm Blätter,
die sich in Gold verwandeln. Sie erfreuen sich an menschlichen Liebhabern,
und oft heiraten sie junge Bauern, denen sie gute Gemahlinnen sein sollen. Wie
alle übernatürlichen Bräute aber verschwinden
sie spurlos, sobald ihr Mann auch nur die geringste ihrer verzwickten Vorstellungen
von ehelicher Aufführung verletzt. - Joseph Campbell, Der Heros in tausend Gestalten.
Frankfurt am Main 1978 (st 424, zuerst 1949)
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