2. Er nimmt alle seine Verwandten, die er in der Gegend hat, auf die Freite mit. Alle versorgen sich mit Essen, der Bräutigam auch, er geht als letzter in der Reihe.
3. Kommen sie an, treten sie ein. Manchmal, wenn ein anderes Zelt in der Nähe ist, läuft die Braut dorthin, damit sie nichts hört. Zwei bis drei sind immer die Wortführer, deren vornehmster, er wird sugno oivi genannt, sich setzt. Gießt nun der Vater des Bräutigams den Branntwein ein (der Bräutigam selbst ist draußen bei den Rentieren oder in einem anderen Zelt, wenn eines da ist), fragt der Vater der Braut, in welcher Absicht der Vater des Bräutigams mit Branntwein aufwarte?
Bräutigamsvater: „Ich bin mit guter Absicht hergekommen. Gott gebe Erfolg, das hoffen wir."
Zögert der andre, will er nicht recht, trinkt er nicht, dankt aber dennoch für das Angebot, so sucht ein jeder mit einem guten Wort nachzuhelfen. Lenkt er ein, so gehen alle hinaus, um ihre Gefäße, Silber etc. zu holen. Sie legen alles in der Hütte vor dem Vater und der Mutter des Mädchens auf ein Renfell. Entweder verteilt nun der Vater oder die Mutter des Bräutigams die Brautgabe, etwas für den Brautvater, etwas für die Brautmutter, soundsoviel für die Tochter. Scheint dies der Brautmutter zu wenig, dann begehrt sie mehr. Auf diese Weise feilscht man so lange hin und her, bis man endlich eins wird. Manchmal, falls sie nicht so viel erhalten, wie sie möchten, geben sie alles zurück. Wenn die Werbung angenommen ist, gehen sie mit zweien aus der Verwandtschaft, die Tochter zu holen. Hat die Braut nun eine Freundin oder Schwester, die ihr besonders zugetan ist, so hält diese sie fest umschlungen, und die Mutter des Bräutigams muß \hr, weil sie so jammert, einige Messingplättchen oder Messingringe zum Troste schenken.
4. Ist nun alles abgemacht, so kommt die Braut herein, und der Vater fragt sie pro forma, ob sein Entschluß gut sei. Sie stellt sich in die Obhut des Vaters und sagt, er wisse sicherlich am besten, was für sie das Rechte sei.
Dann legt ihr die Mutter des Bräutigams die ihr zugedachten Gaben auf den Schoß. Scheinen ihr diese zu wenig, ziert sie sich, dreht sich hin und her und tut, als wolle sie sie nicht annehmen. Vielleicht bekommt sie dann noch etwas, oder man-verspricht ihr mehr für später. Alle Gaben verbirgt sie.
Dann geben Vater und Mutter des Bräutigams dem Paar Branntwein zu trinken, den sie gemeinsam aus einem Gefäß - trinken. Alle fassen.einander an den Händen und bilden einen Ring ums Haus, nehmen die Mützen ab, danken Gott, weil dieser doch jedem eine Frau gibt etc.
Dann packt die gesamte Verwandtschaft des Bräutigams ihr mitgebrachtes Essen aus, meistens hat jeder einige Käse mit und ein Stück Pökelfleisch. Das Fleisch wird am Feuer gebraten, trockne Milch etc. dazu. Man verteilt und ißt gemeinsam, jedoch wird Braut und Bräutigam gesondert aufgetragen.
5. Jetzt ernennt man zwei Wirte: einen von des Bräutigams, einen von
der Braut Seite. Die Leute des Bräutigams bringen rohes Fleisch, ein oder
anderthalb Pfund. Mann und Frau kochen, die Wirte auch, sie kochen in mehreren
Kesseln, zwei in jeder Hütte, falls Nachbarn da sind, denn ein Lappe hat
nie mehr als. ein Zelt, oder sie kochen in wiederholten Umgängen. Dann
seiht man das Schmalz ab. Es wird in Schalen gegossen. Wollkittel oder
Decken werden ausgebreitet, darauf stellt man das Essen. Die Angesehensten,
soviel ihrer eben Platz haben, essen im Zelt der Gastgeber, Kinder und
andere in denen der Nachbarn, sprechen ein Tischgebet, Bräutigam und Braut
sitzen nebeneinander beim Eingang, ihnen wird das Beste vorgelegt. Das
Fleisch wird an die Messerspitze gesteckt, ins Schmalz getaucht und gegessen.
Sie trinken die Fleischsuppe. Manchmal kommen Leute aus andren Dörfern
und glotzen durch die Tür herein. Da bleibt den Gastgebern nichts übrig,
als diesem Bettelvolk auch was abzugeben; alsdann gibt man ihnen zwei bis
drei Stücklein, soviel man sich eben grade leisten will. Zum Schluß werden
die Essensreste von den Gastgebern zusammengetragen, auf eine Decke gehäuft,
eingepackt. Die Reste von der Speise der Brautleute jedoch . werden gesondert
gelegt, davon darf kein andrer essen. Man spricht ein Tischgebet, gibt
sich die Hand und dankt, indem man kusslan sagt. Nachdem sie ein
wenig Branntwein getrunken haben, legen sie sich hin (die Rentiere hat
man, als man mit dem Kochen anfing, freigelassen); Bräutigam und Braut
liegen zusammen, jedoch in Kleidern und allem. - (
lin
)
Als Beatrietsche aus dem Büro kam, saß ich am Glastisch und notierte, wie
immer um diese Zeit. Sie sah die beiden Koffer und erblaßte. »Versuche nicht,
mir einzureden, du hättest das nicht kommen sehen«, sagte ich. - (
kap
)
Als er das tat, kam sie dicht an ihn heran, durch den Zaun von ihm getrennt,
und schlang ihre Arme um seinen Hals. Sie preßte ihren jungen Leib an seinen
und küßte ihn zärtlich. Er fühlte ihr Gesicht, kühl wie das Mondlicht, an seinem,
und als sie ihn losließ, war ihm schwindlig, und er wußte nicht, ob der Kuß
eine Sekunde oder eine Stunde gedauert hatte. Nora richtete sich auf, stand
mit weit offenen Augen da. »Nun«, sagte sie langsam und stolz, »verspreche ich
dir, daß ich niemals einen anderen heiraten werde, solange ich lebe.« - Tania Blixen, Wintergeschichten, Reinbek bei Hamburg 1989
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