eiten  Der Esel galt seit alters her als dumm, niedrig und unedel, also als Tier der Schande. Das Reiten auf einem Esel zählte somit zu den Ehrenstrafen. Das Sitzen auf einem hölzernen Schandesel ist im vorangegangenen Abschnitt über den Pranger bereits erwähnt worden. Eine andere Strafe war der Ritt auf einem lebenden Esel. Die Ehefrau welche ihren Mann geschlagen hatte, wurde auf einen Esel gesetzt und durch die Gassen der Stadt geführt. Hatte sie ihren Mann in offenem Streit geschlagen und er sich nicht gewehrt, dann mußte er den Esel führen. War das Schlagen dagegen hinterrücks geschehen, so daß der Mann sich nicht wehren konnte, wurde der Esel von einem Gerichtsdiener geführt. Der Eselritt fand auch noch Anwendung bei Ehebrechern, die zum Tod durch den Galgen verurteilt worden waren. Sie wurden rückwärts, also mit dem Gesicht zum Hinterteil auf den Esel gesetzt und durch die Stadt zum Galgen zur Hinrichtung geführt. - Gustav Radbruch, Heinrich Gwinner: Geschichte des Verbrechens. Frankfurt am Main 1990 (Die Andere Bibliothek 62, zuerst 1951)

Reiten (2) Es gibt bei den Skythen besonders viele Eunuchen, die Frauenarbeit verrichten und ähnlich wie Frauen sprechen. Diese Menschen werden Anarieis genannt. Die Einheimischen schreiben die Schuld an ihrem Zustand einer Gottheit zu und verehren diese Menschen und werfen sich vor ihnen nieder, da jeder für sich selbst das gleiche fürchtet. Mir für meine Person scheinen diese Leiden ebenso göttlich zu sein wie alle anderen und keins göttlicher oder menschlicher als ein anderes, sondern alle gleich und alle göttlich. Ein jedes von diesen hat Natur, und keins entsteht ohne Natur.

Nun will ich sagen, wie dieses Leiden meiner Ansicht nach entsteht. Infolge des Reitens werden sie von rheumatischen Beschwerden befallen, da sie mit ihren Beinen immer über den Pferden hängen. Dann werden sie lahm und bekommen Geschwüre an den Hüften, soweit sie ernstlich krank werden. Sie heilen sich auf folgende Weise: Wenn die Krankheit anfängt, schneiden sie hinter beiden Ohren eine Ader auf. Wenn das Blut abgeflossen ist, überfällt sie infolge ihrer Schwäche der Schlaf, und sie schlafen ein; dann wachen sie wieder auf, und manche von ihnen sind gesund, andere nicht. Mir scheint es nun, daß durch diese Heilmethode die Zeugungskraft zerstört wird; denn an den Ohren laufen Adern entlang, und wenn man sie zerschneidet, werden die, die dort geschnitten sind, unfähig zum Verkehr. Diese Adern, so scheint mir, schneiden sie auf. Und später, wenn sie zu Frauen gekommen sind und nicht mit ihnen verkehren können, kümmern sie sich zunächst nicht darum, sondern halten sich still. Wenn es ihnen aber bei zwei- oder dreimaligem oder noch öfterem Versuch nicht anders geht, so meinen sie, sie hätten der Gottheit gegenüber, der sie die Schuld beilegen, gefehlt, sprechen sich selbst die Mannheit ab und legen Weiberkleidung an, reden wie die Weiber und arbeiten mit den Frauen dasselbe wie jene.

Das erleiden unter den Skythen nicht die Schlechtesten, sondern die Edelsten und Mächtigsten infolge des Reitens, die Armen aber weniger, denn diese reiten nicht. Und doch müßte diese Krankheit, wenn sie göttlicher ist als die übrigen, nicht den edelsten und reichsten Skythen allein zustoßen, sondern allen in gleicher Weise und sogar noch mehr denen, die wenig besitzen, wenn nämlich die Götter sich wirklich darüber freuen, daß sie von den Menschen geehrt und bewundert werden, und ihnen dafür ihren Dank abstatten. Denn es ist doch natürlich, daß die Reichen den Göttern viele Opfer bringen und Weihgaben aufstellen, weil sie ja Geld haben, und sie dadurch ehren; die Armen aber ehren sie weniger, weil sie nichts haben, und machen ihnen außerdem noch Vorwürfe, weil sie ihnen kein Geld geben, so daß die wenig Besitzenden mehr Strafe für derartige Verfehlungen erhalten müßten als die Reichen.

Aber wie ich schon vorhin sagte, göttlich ist dieser Vorgang in der gleichen Weise wie alles übrige, und es geschieht alles gemäß der Natur. Und so befällt diese Krankheit die Skythen aus einer Ursache von der Art, wie ich sie angegeben habe, und bei den übrigen Menschen verhält es sich ebenso. Denn wo sie am meisten und häufigsten reiten, da werden sehr viele von Gliederreißen, Hüftweh und Podagra befallen, und sie sind am wenigsten fähig zum Geschlechtsverkehr. Diese Gründe gelten auch für die Skythen, und sie neigen am meisten unter den Menschen zur Eunuchie aus den oben erwähnten Ursachen, außerdem auch deshalb, weil sie immer Hosen tragen und die meiste Zeit zu Pferde sind, so daß sie mit der Hand nicht das Glied berühren und infolge der Kälte und des Schüttelns das Begehren nach Geschlechtsverkehr vergessen und nicht in Erregung geraten, bis sie ihre Mannheit verlieren. So verhält es sich also mit der Rasse der Skythen.  - (hi)

Reiten (3)

LENORE

Bürger hörte dieses Lied nachts in einem Nebenzimmer

Es stehn die Stern am Himmel,
Es scheint der Mond so hell,
Die Toten reiten schnell:

„Mach auf, mein Schatz, dein Fenster,
Laß mich zu dir hinein,
Kann nicht lang bei dir sein;

Der Hahn, der tat schon krähen,
Er singt uns an den Tag,
Nicht lang mehr bleiben mag.

Weit bin ich her geritten,
Zweihundert Meilen weit
Muß ich noch reiten heut;

Herzallerliebste meine!
Komm, setz dich auf mein Pferd,
Der Weg ist Reitens wert.

Dort drin im Ungerlande
Hab ich ein kleines Haus,
Da geht mein Weg hinaus.

Auf einer grünen Heide,
Da ist mein Haus gebaut
Für mich und meine Braut.

Laß mich nicht lang mehr warten,
Komm, Schatz, zu mir herauf,
Weit fort geht unser Lauf.

Die Sternlein tun uns leuchten,
Es scheint der Mond so hell,
Die Toten reiten schnell."

„Wo willst mich dann hinführen?
Ach Gott! was hast gedacht.
Wohl in der finstern Nacht?

Mit dir kann ich nicht reiten,
Dein Bettlein ist nicht breit,
Der Weg ist auch zu weit.

Allein leg du dich nieder,
Herzallerliebster, schlaf
Bis an den Jüngsten Tag!"

- Achim von Arnim, Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. München 1957 (zuerst 1805)

Reiten (4)  Auf einem fremden Pferd zu reiten bedeutet, man werde an einer fremden Frau Gefallen finden. - (byz)

Bewegung

 

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