lan,
gespenstischer
Sein Plan war folgender: Er wollte leise m Washington Otis' Schlafzimmer schleichen,
ihm dann tolles Zeug vom Fußende des Bettes her vorkrächzen und sich selbst
zum Klang leiser Musik dreimal den Dolch in die Kehle stoßen. Auf Washington
war er besonders böse, weil er genau wußte, daß er es war, der mit Pinkertons
Fleckenreiniger den Fußboden vom berühmten Canterville-Blutfleck säuberte. Hatte
er dann den rücksichtslosen und tollkühnen jungen Mann in äußersten Schrecken
versetzt, wollte er ins Schlafzimmer schleichen, in dem der Gesandte der Vereinigten
Staaten und dessen Frau schliefen. Mrs. Otis wollte er seine feuchtkalte Hand
auf die Stirne legen und ins Ohr ihres zitternden Herrn Gemahls die schauerlichen
Geheimnisse des Beinhauses zischen. Aber was er der kleinen Virginia antun sollte,
das wußte er noch nicht. Sie hatte ihn nie und auf keinerlei Weise beleidigt
und war außerdem hübsch und gut. Ein paar dumpfe Seufzer aus dem Kleiderschrank,
so dachte er, würden sie mehr als genug erschrecken; und sollte sie davon nicht
erwachen, so konnte er immer noch mit gelähmt-zittrigen Fingern an ihrer Steppdecke
zerren. Den Zwillingen dagegen, so war er fest entschlossen, wollte er eine
gesalzne Lektion erteilen. Als erstes war selbstverständlich, daß er sich
auf ihre Brust setzte, um sie das beklemmende Gefühl des Albdrückens
spüren zu lassen. Dann, weil ja ihre Betten so eng beieinanderstanden, wollte
er sich zwischen die beiden stellen in der Gestalt eines grünen, eisigkalten
Leichnams, und zwar so lange, bis sie die Angst lähmte, um schließlich das Leichentuch
von sich zu schleudern und im Schlafzimmer herumzuspringen mit weiß gebleichten
Knochen und einem rollenden Augapfel als «Stummer Daniel oder das Skelett des
Selbstmörders». -
Oscar Wilde, Das Gespenst von Canterville, in: O. W., Lord Arthur Saviles Verbrechen. Stuttgart
1984 (Bibliothek von Babel 30, Hg. Jorge Luis Borges)
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