ugäpfel  Da Andacht in einem gewissen Grade mit Zuneigung verwandt, obschon sie, hauptsächlich aus Ehrfurcht bestehend, häufig mit Furcht verbunden ist, so mag der Ausdruck dieses Seelenzustandes hier kurz erwähnt werden. Bei einigen sowohl früher als jetzt noch existierenden Sekten sind Religion und Liebe in befremdender Weise kombiniert worden, und es ist selbst behauptet worden, so traurig die Tatsache an sich sein mag, daß der heilige Kuß der Liebe nur wenig von dem verschieden sei, welchen ein Mann der Frau oder eine Frau dem Manne gibt.

Andacht wird hauptsächlich dadurch ausgedrückt, daß das Gesicht nach dem Himmel gekehrt ist mit nach oben gerollten Augäpfeln. Sir Ch. Bell bemerkt, daß bei dem Herannahen des Schlafes oder eines Ohnmachtsanfalles oder des Todes die Pupille nach oben und innen gezogen wird; er glaubt nun, daß »wenn wir uns in Andachtsempfindungen ergehen und äußere Eindrücke nicht beachtet werden, die Augen dann durch eine weder gelehrte noch erworbene Tätigkeit nach oben gewandt werden« und daß dies Folge ein und derselben Ursache ist, wie in den eben erwähnten Fällen.

Daß die Augen während des Schlafes nach oben gerollt werden, ist, wie ich von Prof. Donders höre, gewiß. Bei neugebornen Kindern gibt diese Bewegung der Augäpfel, während sie an der Brust ihre Mutter saugen, ihnen häufig einen absurden Ausdruck ekstatischen Entzückens, und hier läßt sich deutlich wahrnehmen, daß gegen die naturgemäße während des Schlafes angenommene Stellung angekämpft wird. Aber Sir Ch. Bells Erklärung der Tatsache, welche auf der Annahme beruht, daß gewisse Muskeln mehr unter der Kontrolle des Willens stehen als andre, ist, wie ich von Prof. Donders höre, inkorrekt. Da die Augen häufig im Gebete nach oben gewendet werden, ohne daß der Geist so sehr in Gedanken absorbiert wäre, daß er der Bewußtlosigkeit des Schlafes sich annähert, so ist die Bewegung wahrscheinlich eine konventionelle — das Resultat des gewöhnlichen Glaubens, daß der Himmel, die Quelle der göttlichen Gewalt, zu der wir beten, über uns gelegen ist. - (dar)

Augäpfel (2)  Das eigentliche Lebenselement der Balinesen ist der Tanz. Ganz Bali tanzt. Ich sah sieben- bis achtjährige Kinder und siebzig- bis achtzigjährige Greise sich mit gleicher Meisterschaft in rhythmischem Muskelspiel nach den Klängen des Ga-malan bewegen. Sogar die Augäpfel tanzen ausdrucksvoll mit. - Magnus Hirschfeld, Weltreise eines Sexualforschers im Jahre 1931/32. Frankfurt 2006 (zuerst 1933)
 
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