esicht, hippokratisches  Der alte Mann ist ganz in Weiß gekleidet, weil es heiß ist; aber seine Kleider sind abgetragen und ziemlich schmutzig. Im übrigen würden sie ihm, auch wenn sie neu und gebügelt wären, von den Knochen hängen, so wie ihm die graue und gelbe Haut an Wangen und Hals herunterhängt; sogar die Nase ist spitz geworden, Zeichen des Todes, und die gläsernen Augen haben keinen Ausdruck mehr. Tatsächlich sind es ja die Züge darum herum und deren Bewegung, die den Augen ihren Ausdruck verleihen, und der alte Mann kann die Teile des Gesichts nicht mehr bewegen, ausgenommen die Kinnlade, die er manchmal herunterfallen läßt und dann wieder hochzuheben vergißt.

Das kleine Mädchen, das neben ihm sitzt, lutscht an einem Lutscher; es ist ein dralles, pausbäckiges Mädchen mit zutiefst ausdruckslosen Augen, in diesem Fall, weil die Züge darum herum zu fett sind. Der Wind ist angenehm, trotz der Sonnenhitze; über ihren Köpfen ziehen die Wolken, weiß wie der Seifenschaum auf dem Fluß. Der Alte hat dem Mädchen seinen dürren Arm um die Schultern gelegt, und mit der Hand streichelt er die beginnenden Brüste; das Mädchen lutscht an seinem Lutscher, grün wie das Augenglas eines Imperators. - J. Rodolfo Wilcock, Das Stereoskop der Einzelgänger. Freiburg  1995 (zuerst 1972)

 

Gesicht Hippokrates Sterben

 

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