Verbrechen, perfektes  Anfangs - übrigens schon vor langer Zeit - beschäftigte ihn unter anderem die Frage: Warum werden Verbrechen fast immer so leicht aufgespürt und entdeckt und warum sind die Spuren fast aller Verbrecher so leicht zu finden? Allmählich gelangte er zu dem vieldeutigen, interessanten Schluß, daß die Hauptursache nicht so sehr in der praktischen Unmöglichkeit liege, ein Verbrechen zu verbergen, wie vielmehr in dem Verbrecher selbst; der Verbrecher, fast jeder Verbrecher, erliegt im Augenblick seiner Tat irgendeinem Versagen des Willens und der Vernunft, an deren Stelle ein phänomenaler kindlicher Leichtsinn tritt, und zwar gerade dann, wenn Vernunft und Vorsicht am allernötigsten wären. Nach seiner Überzeugung lag die Sache so, daß diese Verdunklung des Verstandes und dieses Versagen des Willens den Menschen wie eine Krankheit befielen, sich allmählich entwickelten und kurze Zeit, ehe das Verbrechen begangen wurde, auf ihren Höhepunkt gelangten; im Augenblick des eigentlichen Verbrechens oder noch etwas länger blieben sie auf diesem Höhepunkt, je nach der einzelnen Persönlichkeit, dann vergingen sie, wie irgendeine andere Krankheit vergeht. Die Frage war: Erzeugt die Krankheit das Verbrechen, oder ist das Verbrechen selbst irgendwie seiner besonderen Natur nach immer von einer Art Krankheit begleitet? Diese Frage zu entscheiden, fühlte er sich noch nicht imstande.   - Fjodor M. Dostojewskij, Schuld und Sühne. München 1987

Verbrechen, perfektes (2)
 

Verbrechen Vollkommenheit Perfektionismus

 

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