ngnade  Der König Saul hatte die Wahrsager und Zeichendeuter auszurotten gesucht, wie auch recht, und dem Mosaischen Gesez gemäß war. Indessen waren dergleichen Leute doch noch heimlich übrig geblieben, und da der König bey Gott in Ungnade war, von daher keine Antwort erwarten durfte, und doch in seiner Angst gern den Ausgang des Kriegs wissen wollte, so suchte er Rath bey der Wahrsagerin zu Endor, die wohl berühmt in ihrer Kunst seyn muste. Das Geistercitiren war also schon damals eine bekannte, aber bey Lebensstrafe, und das mit Recht, verbottene Sache.

Die Wahrsagerin bekam Refehl den verstorbenen Propheten Samuel zu citiren; der sich, wie alle Heiligen des alten Bundes, im Hades, in einer seeligen Ruhe befand, bis der Todesüberwinder, sie alle im Triumph, in seine, für sie bereitete Wohnungen einführte.

Das Weib wandte seine Künste an, aber an statt eines ihr dienstbaren Geistes, der die Rolle Samuels spielen sollte, erschien er, auf Gottes Wink und Zulassung selbst. Dies hatte die Wahrsagerin nicht erwartet, darum schrie sie für Angst, und sagte, sie sehe Elohim, etwas göttliches. Und nun kündigte Samuel dem Saul an, daß er nächster Tagen bey ihm im Toden- oder Geisterreich seyn werde.   - (still)

Ungnade (2)   Seit fünfzehn Jahren lebt seine Frau nun schon in einer psychiatrischen Klinik, dreißig Kilometer von Paris entfernt. Er besucht sie jeden Sonntag, und meistens empfängt sie ihn alles andere als gnädig, denn sie ist überzeugt, er habe sie einsperren lassen, damit er mit einer anderen zusammenleben könne. Ich kenne seine etwas altmodische, aber behagliche Wohnung. Er hat die bäuerliche Vorliebe für schwere, dunkle und massive Möbel behalten. Ein Mädchen, das fast so alt ist wie er, führt ihm den Haushalt.

Für seine Praxis hat er eine Schwester, die zugleich seine Sekretärin ist. Wenn ich eine Spritze gegen irgendein Wehwehchen brauche, macht sie sie mir.

Sie heißt Odile, eine große rötliche Stute mit vorstehenden Zähnen und schönen lachenden Augen.

Hat Candille mit ihr intime Beziehungen? Ich vermute es und wünsche es. Für ihn ebenso wie für sie. - Georges Simenon, Der Haselnußstrauch. Köln 1970 (zuerst 1969)

 

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