Im Laufe dieses Kapitels werden wir ein paar seltsame Konsequenzen aus diesem "Springen" des Quantenzustands untersuchen — zum Beispiel, wie eine "Messung" an einem Ort anscheinend einen "Sprung" in einem weit entfernten Gebiet verursachen kann! Zuvor werden wir auf ein anderes eigenartiges Phänomen stoßen: Manchmal löschen zwei alternative Bahnen, die ein Objekt ohne weiteres einschlagen kann, wenn jede separat durchlaufen wird, einander völlig aus, sobald beide Bahnen zusammen erlaubt sind — so daß auf einmal keine von beiden durchlaufen werden kann! Wir werden auch genauer untersuchen, wie Quantenzustände tatsächlich beschrieben werden. Wir werden sehen, wie sehr diese Beschreibungen sich von den entsprechenden klassischen unterscheiden.
Zum Beispiel können Teilchen anscheinend an zwei Orten zugleich auftreten!
- Aus: Roger Penrose, Computerdenken. Des Kaisers neue Kleider oder Die
Debatte um Künstliche Intelligenz, Bewußtsein und die Gesetze der Physik. Heidelberg
1991, zuerst 1989
Diese Abkürzungen haben seltsame Wirkungen gezeigt: Mehrere Städte am Fluß
fanden sich in ländliche Bezirke versetzt, und Sandbarren und Wälder lagen plötzlich
zwischen ihnen und dem Fluß. Die Stadt Delta befand sich drei Meilen unterhalb
von Vicksburg. Ein Durchbruch in letzter Zeit änderte ihre Lage vollkommen,
und Delta liegt jetzt zwei Meilen oberhalb von Vicksburg. Beide Flußstädte wurden
durch diese Abkürzung »aufs Land« versetzt. Ein neuer Stromlauf richtet ein
Durcheinander in bezug auf Grenzen und Gerichtsbarkeit an: da lebt z. B. ein
Mann heute im Staate Mississippi, abends fällt es dem Fluß ein, sich zu verkürzen
und am nächsten Morgen findet sich der Mann mit seinem Landbesitz auf der anderen
Flußseite innerhalb der Grenzen des Staates Louisiana und dessen Gesetzen unterworfen!
Passierte so etwas früher am oberen Lauf des Flusses, so konnte ein Sklave von
Missouri nach Illinois versetzt und dadurch ein freier Mann werden. -
Mark Twain, Leben auf dem Mississippi. Frankfurt am Main 1985 (it 836, zuerst
1883)
Springen (3)
Springen (über die Klinge)
Das erste Schiff, dem sie begegneten, war holländischer Herkunft, vom
Schipper Mitchel befehligt. Kid hißte die französische
Flagge und begann die Jagd. Das Schiff zeigte sogleich die französischen Farben, worauf
der Freibeuter französisch anrief. Schipper Mitchel hatte einen Franzosen an
Bord, der darauf antwortete. Kid fragte ihn, ob er einen Geleitbrief habe. Der
Franzose bejahte. »Bei Gott,« versetzte Kid, »kraft Euers Geleitbriefs sollt
ihr die oberste Stelle auf unserm Schiff einnehmen.« Und er ließ ihn unverzüglich
an der Rahe aufknüpfen. Dann ließ er die Holländer kommen, einen nach dem andern.
Er fragte sie aus, stellte sich, als hatte er keine Ahnung vom Flämischen, und
befahl bei jedem Gefangenen: »Ein Franzose — das Brett!« Man befestigte am Vorderteil
des Schiffes ein hinausragendes Brett. Alle Holländer liefen darüber, nackt,
dem Hochbootsmann und seiner Messerspitze ausgesetzt, und mußten ins Meer springen.
- Marcel Schwob, Der Roman der zweiundzwanzig Lebensläufe. Nördlingen
1986 (Krater Bibliothek, zuerst 1896)
Springen (5)
Springen (6) Seine Frau hatte ihm
einen weißen Pyjama angezogen, und das Bett war wieder ordentlich; es duftete
nach Kölnischwasser, und der Bebe warf Manuelita einen bewundernden Blick zu,
denn sicher war sie es, die daran gedacht hatte. Severo machte den ersten Sprung
und landete auf der Bettkante; er sah seine Schwester an, die ihn mit einem
leicht blöden, gekünstelten Lächeln aufmunterte. Was sollte das, dachte ich,
der ich für Ehrlichkeit bin; und was konnte Severo schon daran liegen, daß seine
Schwester ihn aufmunterte oder nicht. Die Sprünge erfolgten in regelmäßigen
Abständen: auf der Bettkante sitzend, am Kopfende hockend, auf dem gegenüberliegenden
Bettrand kniend, mitten im Bett stehend, aufrecht auf dem Boden zwischen Ignacio
und dem Bebe, in der Hocke zwischen seiner Frau und seinem Bruder, in der Ecke
neben der Tür kauernd, mitten im Zimmer stehend, immer genau in die Lücke zwischen
zwei Freunde oder Verwandte springend, wobei niemand sich bewegte, nur die Blicke
ihn verfolgten; auf dem Bettrand sitzend, am Kopfende stehend, mitten auf dem
Bett kauernd, auf der Bettkante kniend, aufrecht zwischen Ignacio und Manuelita,
auf den Knien zwischen seinem jüngsten Sohn und mir, am Fußende des Bettes hockend.
Als Severos Frau das Ende der Phase verkündete, begannen alle gleichzeitig zu
reden und beglückwünschten Severo, der wie abwesend war; ich weiß nicht mehr,
wer ihn zum Bete zurückführte. - Julio Cortázar, Die Phasen von
Severo. In: J. C. , Beleuchtungswechsel. Ertählungen Bd. 3 Frankfurt am
Main 1998
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