pitzel        Francisque Tapon-Fougas, Dramatiker und Staatsdichter, hat Verfolger beschuldigt, mittels eines ›kleinen Mundinstruments‹ eine Substanz auf ihn zu sprühen, die er als Extrakt langer Pfefferschoten identifiziert und die ›im Kreuz die gleiche Wirkung hervorruft, als würden tausend spitze Mückenfüße einem gleichzeitig das Rückenmark kitzeln. Wahrscheinlich‹, fügt er hinzu, ›hat man deshalb all denen, die sich dieses ruhmreichen Folterapparats bedienen, den Namen  Spitzel gegeben‹.  - (lim)

Spitzel (2)

Spitzel

- A. Paul Weber

Spitzel (3)  Mein Abgang aus Amerika wurde der Polizei gemeldet. Sie weiß aber weder, wo ich an Land gegangen bin, noch, wo ich mich aufhalte. Sie nimmt nun ganz richtig an, daß mich allerlei Dinge nach Paris ziehen. Und du weißt ja, daß sämtliche Bahnhöfe dort streng überwacht sind — die reinsten Mausefallen. Übrigens hat das absurde französische Bahnnetz, das einen zwingt, von Lyon nach Bordeaux und von Nancy nach Cette jedesmal über Paris zu fahren, nur den Sinn, daß man besser bespitzelt werden kann. Da ich nun mal bei der Polizei bis zum letzten Hanswurst hinunter bekannt bin wie ein bunter Hund, mußte ich mich darauf gefaßt machen, daß man gleich bei der Ankunft meine Spur aufgenommen und mich zwei Stunden danach eingelocht hätte, wenn ich mit dem normalen Zug gefahren wäre. Also habe ich mein Gepäck an einen Bekannten nach Paris geschickt und wartete, wie gesagt, in R. ruhig auf eine Gelegenheit, ihm zu folgen. Diese Gelegenheit lieferte mir Courbassols Reise. Heute morgen bestieg ich in R. den Zug, mit dem ihr auch hierher gekommen seid, und heute abend reise ich mit den Vertretern des Volkes und ihrer Gefolgschaft wieder ab. Wenn man mich in dieser illustren Gesellschaft ertappte, müßte das mit dem Teufel zugehen. Ich habe mir da eine erstklassige Spitzelvisage zugelegt. Wenn sie mich bemerken, halten sie mich für einen Kollegen von der Kriminalpolizei. - Georges Darien, Der Dieb. Frankfurt am Main 1889 (zuerst 1897)

Spitzel (4)  

- Daumier

Spitzel (5)

Spitzel (6)   Sie warteten auf den Säufer. Er ließ sie nicht warten. Er kam auf ihren Wagen zu, als ob es ihm gleichgültig wäre, wer ihn sah, öffnete selbst die hintere Tür, ohne Coffin Ed dazu Zeit zu lassen, und hockte sich auf den Sitz. Sein Alkoholatem erfüllte den Wagen, daß ihnen beinahe übel wurde.

«Spuck aus, was du weißt und verschwinde», herrschte Coffin ihn brutal an. «Du erstickst uns mit deinem Gestank.»

«Wollt ihr wissen, wer den Zigarrenladen der United ausgeräumt hat?» fragte der Angetrunkene.

«Wer?» knurrte Coffin Ed.

«Ich!» jubilierte der Mann und begann wie ein Irrer zu lachen.

Coffin Ed war aus dem Wagen heraus, seine großen Sohlen klatschten laut auf das Pflaster. Er hatte seinen Revolver wie eine Keule in der Hand und riß die hintere Tür auf. Er griff zu, packte den ehemaligen Boxer am Kragen und riß ihn durch die offene Tür hinaus, ehe Grave Digger klar begriffen hatte, was vor sich ging.

«Tu ihm nichts, Ed!» schrie Grave Digger. «Verletze ihn nicht - er ist nur ein Schwachkopf.»

Coffin Eds zernarbtes Gesicht war in seiner Wut diabolisch. Aber er hielt in seinem Schlag mit dem Revolvergriff inne, ehe er den Schädel des Säufers traf. Er stieß ihn aber gegen den Wagen und schlug ihm mit dem Handrücken über den Mund.

«Ich finde das nicht komisch», sagte er mit einer so gefährlich klingenden Stimme, daß Grave Digger ein kalter Schauder über das Rückgrat lief.

Der ehemalige Boxer verlor vor Angst die Besinnung.

Coffin Ed stieß ihn mit dem Fuß beiseite.

«Wo bleibt dein Sinn für Humor, Ed?» fragte Grave Digger besorgt.

«Ich habe keinen», gab Coffin Ed zu.  - Chester Himes, Der Traum vom großen Geld. Reinbek bei Hamburg 1969

Spitzel (7)  Azef war Mitglied der Partei seit ihrer Gründung. Er wußte vom Attentat auf den Gouverneur von Char'kov, Fürst Obolenskij (1902), und nahm an den Vorbereitungen, zur Ermordung des Gouverneurs Bogdanovic von Ufa (1903) teil. Er leitete seit dem Herbst 1903 die Kampf-Organisation und nahm an den folgenden terroristischen Aktionen teil: an der Ermordung des Innenministers Plehwe, an der Ermordung des Großfürsten Sergej Aleksandrovic, am Attentat auf den Petersburger Generalgouverneur General Trepov, am Attentat auf den Kiever Generalgouverneur General Kleigels, am Attentat auf den Gouverneur von Niznij Novgorod General Baron Unterberger, am Attentat auf den Moskauer Generalgouverneur Admiral Dubasov, am Attentat auf die Offiziere des Semenov-Regiments General Min und Oberst Rimann, am Attentat auf den Leiter der politischen Spitzelabteilung Rackovskij, an der Ermordung von Georgij Gapon, am Attentat auf den Befehlshaber der Schwarzmeer-Flotte Admiral Cuchnin, am Attentat auf den Ministerpräsidenten Stolypin und an drei Attentaten auf den Zaren. Außerdem wußte er rechtzeitig von der Ermordung des Gouverneurs von Saratov General Sacharov, von der Ermordung des Petersburger Stadthauptmanns General von der Launitz, von der Ermordung des Militärgeneralstaatsanwalts General Pavlov, vom Attentat auf den Großfürsten Nikolaj Nikolaevic, vom Attentat auf den Moskauer Generalgouverneur Gersel'man usw.

Angesichts solcher Tatsachen in der Biographie Azefs schenkte das Zentralkomitee den genannten Berichten und zitierten Briefen keine Aufmerksamkeit: es war geneigt, in ihnen eine Intrige der Polizei zu erblicken. Für die Polizei war es natürlich vorteilhaft, einen Schatten auf einen der Führer der Revolution zu werfen und diesem damit die Möglichkeit zu nehmen, seine Tätigkeit fortzusetzen.  - Boris Savinkov, Erinnerungen eines Terroristen. Nördlingen 1985 (Die Andere Bibliothek 4, 1985, zuerst 1917)

 

Bespitzelung Polizei

  

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