pät   Giovannino kam einen Tag später als vorgesehen zur Welt. Vierundzwanzig Stunden lang warfen die Verwandten auf den Schoß der Mutter Blicke, wie man sie auf ein frühes Grab senkt. Die Gebärende war eben sechzehn Jahre alt geworden und hatte nachts eine solche Angst vor Einbrechern, daß ihr Gatte stundenlang ihr Händchen halten mußte, obschon er manchmal zu ihr sagte: »Aber zum Teufel, du hast doch einen Mann, einen Kürassier im Leib!« Das Kind, der Kürassier, der nicht zum Vorschein kam, wurde bereits als tot betrachtet, und der Vatersvater beweinte ihn trockenen Auges und mit seltsamen Kehllauten, die sich wie Hustenanfälle anhörten.

Aber Giovanni war nicht tot, sondern betrat unversehens, fast mit einem einzigen Ruck, die Bühne der Welt. »Spät ist er gekommen, aber er ist schön!« sagte die junge Frau, als man ihr ihn in die Hände legte. Dieses Wort spät, mit dem ihn das erste weibliche Wesen, das ihn sah, begrüßte, lastete unheilschwanger auf seinem Leben, wenn auch in einer seiner eigentlichen Bedeutung genau entgegengesetzten Weise. Giovanni wurde ein frühreifes Kind, das die einzelnen Entwicklungsstadien im Eiltempo hinter sich brachte, und die Natur mußte sich beeilen, ihm ihre Geheimnisse anzuvertrauen. Wenige Jahre nach seiner Geburt hörte er bereits - unter einem Wagen, dessen Deichseln gen Himmel ragten - vom WEIBE raunen.  - Vitaliano Brancati, Don Giovanni in Sizilien. Zürich 1987 (zuerst 1942)

 

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