- Alfred Döblin, Reise in Polen. München
1987 (dtv 2428, zuerst 1925)
Händler (2) Nichts war je außergewöhnlicher als die Ware, die dieser Fremde vorwies. Die meisten der seltenen Sachen, deren Kunstwert die unerhörte Kostbarkeit des Materials noch übertraf, besaßen zudem besondere Eigenschaften, die auf anbefestigten Pergamentrollen beschrieben waren. Da waren Pantoffeln, die kraft knospender Bluten den Fuß von selbst gehen machten, Messer, die ohne den geringsten Kraftaufwand der Hand schnitten, Säbel, die jedem Gegner, den sie treffen sollten, ohne weiteres den gewünschten Hieb versetzten. Dazu war jedes Stück überreich mit Juwelen besetzt, wie sie niemand noch kannte.
Die Säbel, deren Klingen in wildern Feuer blendeten,
zogen mehr als alles andere die Aufmerksamkeit des Kalifen auf sich. Er nahm
sich vor, die wunderlichen Zeichen, die darauf geritzt waren, mit Muße zu entziffern,
und ohne vorher nach dem Preis zu fragen, ließ er alles gemünzte Gold seines
Schatzes herbeischleppen und befahl dem fremden Kaufmann zu nehmen, wieviel
ihm gefiele. Der gehorchte, nahm wenig und blieb stumm. Vathek nahm bestimmt
an, der Grund für die Schweigsamkeit des Händlers liege in der Hochachtung,
die seine Gegenwart einflöße. Er hieß ihn näher treten und fragte leutselig,
wer er sei, wes Weges er komme und woher er diese erlesenen Kostbarkeiten habe.
Statt aller Antwort fuhr sich der Mensch oder vielmehr das Ungeheuer dreimal
über die Stirn, die wie sein ganzer Leib schwärzer als Ebenholz war, schlug
sich viermal auf den Bauch von ungeschlachtestem Umfang,
riß seine übergroßen Augen, die glimmenden Feuerbränden glichen, weit auf und
lachte ein fürchterliches gelles Lachen, wobei er seine
amberfarbenen, grüngefleckten Langzähne zeigte. - William Beckford, Vathek. Stuttgart
1983. (Die
Bibliothek von Babel, Bd. 3. Hg. J. L. Borges)
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