Habgier Die Gibbelin sind, wie männiglich weiß, überaus wählerisch und mögen nichts andres goutieren denn Menschenfleisch. Ihr unheiliger Turm ist mit der Terra Cognita, mit dem uns bekannten Erdkreis, durch eine Brücke verbunden, und die in dem Turme gehorteten Schätze sind von so unermeßlichem Wert, daß sie sogar der menschlichen Habgier zu groß sind. Es gibt dort ein eignes Kellergewölbe nur für Saphire, und eine Grube, die ist bis zum Rande mit Gold angefüllt, und die Gibbelin graben es aus, wenn sie seiner bedürfen. Doch der einzige Zweck dieses lächerlich großen Reichtums ist das Herbeilocken von Vorrat für ihre Speisekammer. Und es ist berichtet von Zeiten des Hungers, da haben sie gar die Rubine verstreut, haben gepflastert mit ihnen den Pfad zu den Städten der Menschen — und alsbald war's wieder aufs beste bestellt um ihre Speisekammer.   - Lord Dunsany, Der Gibbelin-Hort.  In: Phantastische Träume. Hg. Franz Rottensteiner. Frankfurt am Main 1983 (Phantastische Bibliothek 100)

Habgier (2)  Die Gestalt hatte das Aussehen eines Menschen, doch waren auf ihrem Haupte keine Haare. Sie hatte einen Bocksbart, kleine Pupillen, und das Weiß ihrer Augen war groß. Mit ihrer Nase zog sie den Wind heftig ein und stieß ihn ebenso aus. Sie hatte Eisenhände, blutige Schenkel und Löwenfüße. Sie war in ein weißliches, mit Schwarz durchschossenes Gewand gehüllt, das oben zusammengezogen schien, während es unten um die Schenkel weit ausgebreitet war. Auf ihrer Brust erschien ein Antlitz von schwarzer Farbe, das seine Füße in die Brust der Gestalt einbohrte, während es seinen Rücken und Schweif der Gestalt zuwandte. Und vor der Gestalt stand ein Baum, der in der Hölle wurzelte und dessen Früchte pechig und schwefelig waren. Diesen Baum betrachtete die Gestalt gar gierig, riß mit ihrem Munde Früchte davon herunter und verschlang sie gierig. Sie wurde von vielem entsetzlichen Gewürm umgeben, das mit seinen Schwänzen ein gewaltiges Getöse und starke Bewegung in der Finsternis hervorrief; es war, als wenn Fische mit ihren Schwänzen das Wasser schlügen und bewegten.

Worte der Habgier. Und diese Gestalt sprach: »Töricht bin ich nicht; ich bin vielmehr klüger als jene, die ihre Blicke auf die Winde hinrichten, und die von der Luft alles, was sie bedürfen, fordern. Ich reiße alles an mich, sammle alles in meinem Brustbausch, und je mehr ich zusammenraffe, desto mehr habe ich. Es ist nämlich für mich weit besser das Nötige zu besitzen, als es von anderen zu erbetteln. Ich sehe auch gar keine Schuld darin, dem, der mehr hat als er braucht, wegzunehmen, was er sich angesammelt hat. Wenn ich nämlich habe, was ich will, so quält mich keine Sorge, von einem anderen etwas erhäschen zu müssen. Und sehe ich an meiner Brust alles, was ich will, dann fülle ich mich glückselig mit allem an, was mich erfreut. Dann brauche ich mich vor niemand zu fürchten, lebe in Seligkeit und brauche niemand um sein Mitleid anzubetteln. In meiner Hartherzigkeit besitze ich Schlauheit und Weisheit, ziehe alles an mich, und niemand kann mich täuschen.«   - (bin)

 

Gier Haben

 

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