Augen zudrücken  Ein Vorhang fällt oder ein Wandbehang wird zugezogen. Augenlider werden mit einer einzigen Handbewegung über die Augäpfel geklappt, wie um die Augen mit dem Schweigen des Mundes zu versöhnen. Muß man nicht bereits vor der Beerdigung eines Toten jede Kommunikation zwischen uns und jener Schreckenswelt abbrechen, in der er sich aufhält, aber - selbst seine weitaufgerissenen Augen enthüllen uns ihr ganzes Grauen - von der er uns nichts erzählen kann? Muß man nicht auch diese skandalöse, wortlose Rede unterbinden, die nicht nur von seinem glasigen Blick, sondern auch (wenn nicht der Kinnhalter wäre) von seinem herabfallenden Unterkiefer und (falls man zu lange gesäumt hätte, den Toten wegzuschaffen) von den schier unerträglichen, von der Liquefaktion seiner Züge geschaffenen Metaphern gehalten würde? Ein Schweigsamer wirkt leicht tiefsinnig, und ebenso bestärkt das Schweigen der Leiche den Glauben, daß sie viel zu erzählen hat.  - Michel Leiris, Die Spielregel 2. Krempel. München 1985 (zuerst 1955)
 
 

Augenlid

 

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