erschlafenheit   Du kommst mir immer vor, als entlüden sich elektrische Wolken über deinem verschlafenen Haupt in die träge Luft, der Blitz fährt dir in die gesunkene Wimper, erhellt deinen eigenen Traum, durchkreuzt ihn mit Begeisterung, die du laut aussprichst, ohne zu wissen, was du sagst, und schläfst weiter. Ja, so ist's. Denn deine Neugierde müßte aufs höchste gespannt sein auf alles, was dir dein Genius sagt, trotzdem daß du ihn oft nicht zu verstehen wagst. Denn du bist feige - seine Eingebungen fordern dich auf zum Denken; das willst du nicht, du willst nicht geweckt sein, du willst schlafen.   - Die Günderode an Bettine von Arnim, nach: Ricarda Huch, Die Romantik. Tübingen 1951 (zuerst 1902)

Verschlafenheit (2)  Als sie nach langer Meerfahrt zu einer Insel gelangten, gingen die Seeleute an Land. Bulukia setzte sich weit entfernt von den anderen unter einen Baum und schlief bald ein. Als er aufwachte, suchte er nach dem Schiff, aber die anderen hatten ohne ihn Segel gesetzt und waren verschwunden; als er sich nun auf der Insel umsah, fand er Schlangen, so groß wie Kamele und Palmen, die unaufhörlich Allah und seinen Propheten Mohammed anriefen und beider Einheit priesen, was ihn über alle Maßen erstaunte. Als sie ihn sahen, umringten sie ihn und eine fragte: ›Wer bist du und woher kommst du, und wohin willst du?‹ Er nannte seinen Namen, auch daß er von den Kindern Israel gekommen war, um, in Liebe zu Mohammed entbrannt, diesen zu suchen. <Wer aber seid ihr, edle Schlangen?› ›Wir bewohnen die Hölle Jahannam und leben zur Strafe der Sünder.› Auf seine Frage, wie sie hierhergekommen seien, gaben die Schlagen ein Bild der Hölle: ›In ihrer unglaublichen Siedeglut atmet sie zweimal im Jahr, im Sommer aus, im Winter ein, daher die Sommerhitze und der kalte Winter. Beim Ausatmen speit ihr gewaltiger Bauch uns aus, wenn sie einatmet, zieht es uns wieder in ihren Höllenschlund.‹ Bulukia wollte schaudernd wissen: ›Gibt es denn noch größere Schlangen als euch in der Hölle?‹ ›Die Wahrheit ist, daß es uns nur wegen unserer Kleinheit beim Ausatmen hinauswirft, denn in der Hölle verblei­ben Schlangen von solch riesigem Ausmaß, daß sie es nicht spüren, wenn die Größte von uns ihnen über die Nase kriecht!‹ Nun fragte Bulukia nach ihren Lobeshymnen auf Allah und Mohammed, und wie sie von dem Propheten wüßten. ›Der Name Mohammed ist ans Tor des Paradieses geschrieben; und nur um seinetwillen schuf Allah die Weltsphären und das Paradies, Himmel, Erde und Hölle, und beider Name ist auf ewig vereint. Nun verstehst du unsere Liebe zu Mohammed, den Allah segne und behüte!‹

Das alles bestärkte Bulukia noch in seiner verzehrenden Sehnsucht nach Mohammed und seinem Anblick; darum verließ er die Schlangen und fand, als er wieder die Küste erreichte, ein Schiff unter Land, verdingte sich wieder als Seemann und segelte lange mit, bis sie eine Insel erreichten. - Erzählung der Schlangenkönigin. Nach: Tausendundeine Nacht nach Burton (Die Bibliothek von Babel 26, Hg. J. L. Borges)  Stuttgart 1984
 

 

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