»Soll ich Ihnen einen Witz erzählen? Sie dürfen aber daann nicht sagen, er sei zu arg.«
»Ach nein ... Bitte schön, Herr Knöller«, sagte Eugen und hörte sich etwas
an, das sogar für einen Soldaten das Äußerste oder der Gipfel gewesen wäre.
Trotzdem lachte er. - Hermann Lenz, Ein Fremdling. Frankfurt am
Main 1988 (st 1491, zuerst 1983)
Verkäufer (2) Es giept ein Brauch aus
den Zeythen des Groszvatters meynes Groszvatters, aus Zeythen mithin, allwo
die Ehmänner noch Achtung fordreten von ihren Ehweipern, sey es im Hause, sey
es herauszen. Sotan war der Brauch, dasz ein Ehmann, so er mit dem Ehweipe nit
mehr zusammen wollt leben, die ihm gefordrete Achtung verwehrte, seys, weyl
sie ihn hörnte, seys aus Übelwollen öd andrem Grundte, dasz ein Ehmann, so sagt
ich, das Recht besessen, sie auf den Markte zu führen alswie eine Kuh und sie
feylzubiethen. Der Meistbiethendte könnt sie alsodann erwerpen. Itzit hapt ihr
vor euren Augen das Ehweip meyn. Ich hap mich entschlossen, mit ihrer eignen
rechtmäszichten Einwilligung, sie zu verkauften. Dasz der Herrunsergott mir
beysteh und mich erlöse von diesem Unheyl, das ich mir eygenhändticht ins Haus
hap geschaffen! Den Freundten meyn kann ich ein ähnlich Unheyl nit wünschen
allwie Cesira es war für den hie anwesendten Unterzeychner in diesen zween Jahr
unsres Ehstands. Doch alsogleych will ich auch sagen, dasz das Unheyl meyn das
gröszte Glück eines andren könnt erschaffen. Gewisse Weiper, die sich alswie
ein reiszendt Thier wider den einen verhalten, können für einen andren alswie
ein Schutzengel werdten. So hat auch Cesira ein paar guthe Eygenschafften und
keineswegs nur Nachtheyle. Vorzüglich ist sie eine Lustgurkenfresserin von einmalichtem
Können, und das soll wohl den interessieren, der einen tüchticht arbeitendten
Balken hat, wo nit, sollt er sich garnit erst vorwagen. Sehet mich an, wie sie
mich in zween Jahr unsres Ehstands zum Krüppel gemacht! Ich sag euch die allerheilichste
Wahrheyth, ich bins nit mehr fähicht, mich mir ihr einzulassen, ich bins nit
mehr fähicht dazu! Sehet mich an, kaum auf den Beynen halt ich mich noch! - (
ma3
)
Verkäufer (3)
- (
tomk
)
Verkäufer (4) Mein Vater war sicherlich
ein ausgezeichneter Verkäufer. Er hat mir keinen einzigen Zug seines Charakters
oder seines Temperaments vermacht. Er war ein Sanguiniker mit rotgeäderten Wangen
(L., der einige Tage bei uns zu Hause verbracht hatte und ihn im Alter sah,
war überrascht, wie sehr er wie ein »Oberst der Indienarmee« aussah), ständig
in Bewegung, fröhlich, herzlich, unglaublich umgänglich, lebhaft, ungeduldig,
»leicht aus der Haut fahrend«, eine Stimmungskanone, schelmisch ohne Boshaftigkeit
(er imitierte seine Kunden glänzend) und ein unerschöpflicher Anekdotenerzähler;
eine wahre wandelnde Chronik von fünf Kantonen. Ich glaube, er war in allen
Dörfern der Gegend von Mauges beliebt, wo er lange Jahre in Erinnerung geblieben
war: seine einige Tage im voraus durch eine Bekanntmachung gemeldete Ankunft
war ein kleines Ereignis, und das Schellengeläute von Volante scharte vor dem
Gasthof, in dem er abstieg, in wenigen Minuten die fünf, sechs ständig über
ihre Zeit verfügenden, ständig herumspazierenden Rentner, Bummler, Bastler,
Muscadettrinker, Sänger, Angler, Boule- oder Kartenspieler zusammen, die damals
jedes Dorf beherbergte: die Beschäftigungen waren unglaublich elastischer und
unbestimmter als heute: man lebte dort von nichts, man ging mit fünfzig in den
Ruhestand. Der Hufschmied trat aus seiner Werkstatt, die Hände auf
den Hüften, vom Hufschlag Volantes alarmiert, deren Trott angeblich unvergleichlich
war. jvtan verabredete sich für den Abend, nach beendeter Arbeit, für die einfachen
Zerstreuungen jener Zeit, die Kartenpartie zum Aperitif, das nächtliche Krebsfischen
mit den Körben oder in aller Frühe, im Morgengrauen, um Pilze suchen zu gehen.
Auf bestimmte Tourneen nahm mein Vater, der gefällig Geige spielte, seine Fiedel
in ihrem hölzernen Kasten mit, und nach dem Abendessen wurde rund um einige
Gläser Muscadet eine anspruchslose Tanzerei veranstaltet.
-
(
grac2
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