erkäuferblick Zu meiner Überraschung war der Dichter
noch nicht alt. Groß, krumm, nicht ausgesprochen fett, aber unglaublich
teigig. Was es an Haut zu sehen gab, war rosig, und dieses Rosa hing in
weichgefüllten Falten. Er gab mir eine kleine, heiße Hand und roch nach
süßlicher Kosmetik. Ich hatte gleich den Eindruck, daß er gut zu führen
sein würde. Was ich im Auge behalten mußte, auch wenn mir im
Verkaufskampf nur ein Augenwinkel dafür blieb, war seine Sekretärin. Der
dümmste Staubsaugervertreter weiß, daß unsere wunderbare
Zweigeschlechtlichkeit der Königsweg der Übertölpelung ist, daß man
jedoch in tolle Bocksprünge, in Quer- und Rückschläge katastrophaler Art
geraten kann, wenn man ein Dreieck spannt. Die Sekretärin sah so aus,
wie angeblich die reinrassigen Polenweiber aussehen: die Becken- und die
Backenknochen hoch und breit. Der Dichter siezte sie, nannte sie aber
dauernd Mar-got und schaffte es, den drögen Namen seltsam flötend
auszusprechen. Aus krummer Höhe schielte er so zwiespältig intim auf sie
herab, daß mir die Bettgenossenschaft der beiden auf der Hand zu liegen
schien. Hochmütig und devot zugleich blieb ihm die Miene stehen, und in
berufsbedingter Menschenkenntnis schwante mir schnell, auf welche
exquisite Weise es der schiefe Turm wohl mit der Angestellten treiben
mochte. - Georg Klein, Anrufung des blinden Fisches. Berlin 2000
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