obustheit Es
muß etwas Anormales in der robusten Konstitution von Pelagra Rete geben, jedenfalls
dauern ihre Schwangerschaften höchstens zwei
Wochen, und da sie nicht beabsichtigt, mit modernen Methoden in so uralte Vorgänge
einzugreifen, ist das Ergebnis, daß sie etwa zwanzig Kinder im Jahr in die Welt
setzt; zur Zeit hat sie etwa zweihundert, und es geht weiter wie bei den Kaninchen.
Der Vater des größten Teils dieser Kinder ist ein so unbedeutender Knirps, daß
Pelagra ihn tagsüber gewöhnlich in einem Schrank einschließt;
im großen und ganzen sind die Kinder sehr verschieden, etwa zehn sind schwarz.
Die Kleinsten zu stillen, ist eine Frage der Brüste,
die ständig besetzt sind, doch Pelagra wird irgendwie damit fertig; sie kann
sie nicht alle unterscheiden, aber wenn sie hört, daß eines nach Milch schreit,
dann säugt sie es einfach; unterdessen suchen die schon Entwöhnten sich ihre
Nahrung in den herumliegenden Abfällen. Alle die Kinder, die im Alter nur zwei
Wochen auseinander sind, hängen sehr an der Mutter und folgen ihr überall hin;
Pelagra ist eine schöne, sogar sehr schöne Frau, aufrecht und selbstsicher wie
alle Mütter.
- (
bdm
)
Robustheit
(2) Mein Körper war die Quelle diverser schmerzhafter
Leiden - Migräne, Hautkrankheiten, Zahnschmerzen, Hämor-rhoiden -, die sich
ständig abwechselten und mir kaum Ruhe ließen; dabei war ich erst vierundvierzig,
wie sollte das mit fünfzig, sechzig oder mehr werden? Ich würde nur noch aus
einem Nebeneinander langsam zerfallender Organe bestehen, und mein Leben wäre
eine endlose Qual, trist, freudlos, armselig. Mein Schwanz war im Grunde das
einzige Organ, das sich mir nie durch Schmerzen bemerkbar gemacht hatte, sondern
nur durch rauschhaften Genuss. Bescheiden, aber robust, hatte er mir stets treu
gedient - das heißt, vielleicht war es sogar umgekehrt (der Gedanke ist nicht
abwegig) und ich diente ihm -, doch sein Regiment war ein sanftes: Nie befahl
er mir etwas, gelegentlich ermunterte er mich nur in aller Bescheidenheit, ohne
Groll und Wut, ein geselligeres Leben zu fuhren. Heute Abend, das wusste ich,
würde er sich für My-riam einsetzen, er hatte zu Myriam immer ein gutes Verhältnis
gehabt, Myriam hatte ihn immer mit Zuneigung und Respekt behandelt, was mir
eine große Freude gewesen war. Und Grund zur Freude hatte ich für gewöhnlich
wenig, eigentlich nur noch bei diesen Gelegenheiten. Mein Interesse für das
Geistesleben war sehr abgeflaut. - Michel Houellebecq, Die Unterwerfung. Köln 2015
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