ersonoid
Der einsame Personoid kann nicht über das Stadium rudimentären Denkens
hinausgelangen, da er sich nicht im Sprechen üben kann, und ohne dieses muß
ja der diskursive Gedanke unterentwickelt bleiben und verwelken. Optimal sind,
wie Hunderte von Versuchen ergeben haben, Gruppen von vier bis sieben Personoiden,
mindestens für die Entwicklung der Sprache sowie der typischen exploratorischen
Tätigkeiten, aber auch der "Kulturalisation". Dagegen erfordern Erscheinungen,
die den sozialen Prozessen in ihrer größeren Skala entsprechen, anzahlmäßig
starke Gruppen. Man kann heute, grob gesagt, in einem hinreichend aufnahmefähigen
Computer-Universum bis zu 1000 Personoiden "unterbringen"; doch derartige
Forschungen gehören bereits zu einer abgesonderten und selbständigen Disziplin,
der Soziodynamik, sie liegen außerhalb des Hauptinteressengebietes von Dobb,
und deshalb erwähnt sein Buch sie auch nur am Rande. Wie gesagt, die Personoiden
haben keinen Körper, wohl aber eine "Seele". Diese Seele stellt sich -
vom Standpunkt eines auswärtigen Beobachters aus, der Einblick in die Maschinenprozesse
hat (mit Hilfe einer speziellen Anlage, d.h. einer zusätzlichen Einrichtung
vom Typ einer Sonde, die in dem Computer eingebaut ist) - als kohärente "Wolke
von Prozessen" dar, als funktionales Aggregat mit einer Art "Zentrum",
das sich recht genau isolieren, d.h. im Maschinennetz abgrenzen läßt (was notabene
nicht leicht ist und in mancherlei Hinsicht an die Schwierigkeiten bei der Lokalisation
der Zentren vieler Tätigkeiten im menschlichen Gehirn durch die Neurophysiologie
erinnert). Entscheidend für das Verständnis der Kreationschance der Personoiden
ist das Kapitel II von "Non serviam", das recht zugänglich die Grundlagen
der Bewußtseinstheorie darlegt. Das Bewußtsein (jedes, nicht nur das des Personoiden,
also auch das menschliche) ist in physikalischer Hinsicht eine "stillstehende
Informationsquelle", eine dynamische Invariante im Fluß unablässiger Transformationen,
insofern seltsam, als sie einen "Kompromiß" und zugleich eine "Resultante"
bildet, die, soviel wir begreifen, von der natürlichen Evolution nicht "eingeplant"
war. Ganz im Gegenteil, die Evolution hat zunächst
unerhörte Schwierigkeiten und Mühen bei der Harmonisierung der Arbeit von Gehirnen
geschaffen, sobald diese eine bestimmte Größe, d. h. einen bestimmten Komplikationsgrad
überschreiten, wobei sie selbstverständlich unabsichtlich in den Bereich dieser
Dilemmata vordrang, da sie kein persönlicher Schöpfer
ist. - Stanislaw Lem, Non serviam, nach: Einsicht
ins Ich. Fantasien und Reflexionen über Selbst und Seele. Hg. Douglas
R. Hofstadter und Daniel C. Dennett. München 1992